Neuer Trend für Handwerker und Freiberufler

Mit Cargobike statt Auto zum Kunden – geht das?

Mit Fahrradschläuchen befestigt Eckardt Winterseel die Materialkoffer auf seinem Lastenrad, bevor er zu seinen Kunden fährt.

Mit Fahrradschläuchen befestigt Eckardt Winterseel die Materialkoffer auf seinem Lastenrad, bevor er zu seinen Kunden fährt.

Auf die Idee, sich ein Auto zu kaufen, um das Material für ihre Workshops zu ihren Kundinnen und Kunden zu transportieren, ist Nele Jamin erst gar nicht gekommen. „Ich bin Radfahrerin. Mir wäre ein Auto in der Stadt völlig absurd vorgekommen“, sagt die Kunstpädagogin, die im Zentrum von Osnabrück ein mobiles Atelier betreibt.

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Bedeutet: Sie fährt mit Staffelei, Hunderten von Stiften, Bergen von Papier und Kartons, Kleberollen und anderen Utensilien für die Kreativität zu ihren Kunden nach Hause. Dort gibt sie Workshops zur Gestaltung von Bullet-Journals – einer Mischung aus Tagebuch und Terminkalender, Handlettering-Kurse, Kreativangebote in Jugendherbergen, Fortbildungen für Kreativität und weitere Tages- oder Stundenkurse.

Ein „Lasti“ als Dienstfahrzeug

Ihr Gefährt ist 2,34 Meter lang, hat zwei Räder, einen Motor und vorne eine große Kiste. Die meisten Utensilien, die sie für ihre Workshops braucht, legt sie hinein. Größere Gegenstände, wie ihre Staffelei, befestigt sie daran. Jamin nutzt ein Babboe City-e, die große Version für 3000 Euro. „Mein Dienstfahrzeug“ nennt sie das Rad oder auch kurz „Lasti“.

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Als sie es 2017 erwarb, gab es noch keine Lastenradförderung für den Kauf. Allerdings können Besitzerinnen und Besitzer, die ihr (Lasten-)Rad beruflich nutzen, wie beim Auto alles steuerlich absetzen: den Kauf, die Reparaturen, Ersatzteile, Inspektionen. „Und so klappt die Finanzierung dann auch“, sagt Nele Jamin.

Inzwischen gibt es diverse Förderungsprogramme auf Bundes-, Länder- und auch kommunaler Ebene. Bundesweit fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) „über die Richtlinie zur Förderung von E-Lastenfahrrädern (…) die Anschaffung von E-Lastenfahrrädern und E-Lastenanhängern für den fahrradgebundenen Lastenverkehr“, wie es etwas umständlich auf der Website heißt. Pro Lastenrad ist nach Antragstellung eine Förderung von 25 Prozent der Anschaffungskosten möglich, maximal 2500 Euro pro E-Lastenfahrrad. Wichtig ist, sich vor der Anschaffung das Merkblatt zur E-Lastenrad-Richtlinie durchzulesen. Da ist genau formuliert, welche Produkte gefördert werden.

Höheres Lastenvolumen als beim regulären Rad ist Pflicht für die Förderung

Dazu gehören serienmäßig produzierte, fabrikneue Lastenräder mit einer Nutzlast von mindestens 120 Kilogramm. Zudem müssen sie über unlösbar mit dem Fahrrad verbundene Transportmöglichkeiten verfügen – wie Boxen oder besonders tragfähige Gepäckträger – die mehr Volumen aufnehmen können als ein herkömmliches Fahrrad.

Auf Länderebene fördert beispielsweise das Klimaschutzministerium Nordrhein-Westfalens die Anschaffung eines Lastenrades – mit und ohne elektrische Unterstützung – bei einer Nutzlast ab 70 Kilogramm und ab 120 Kilogramm. Anträge können verschiedene Personengruppen stellen, wie Freiberuflerinnen oder Einzelunternehmer. Sie erhalten eine maximale Förderung von 2100 Euro bzw. von 30 Prozent. Lastenfahrräder ohne elektrischen Antrieb werden pauschal mit 500 Euro gefördert.

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Auch in weiteren Bundesländern gibt es Förderprogramme, wie in Niedersachsen oder in Hessen. Hier gibt es für Fahrräder mit elektrischem Antrieb pauschal 1000 Euro, ohne Antrieb 500 Euro. Auch hier lohnt sich vor dem Kauf ein Blick in die Förderleitlinien, zumal die Unterstützung zumeist vor dem Kauf beantragt werden muss.

Mit dem E-Lastenrad fährt die Kunstpädagogin Nele Jamin mit ihrem mobilen Atelier zu ihrer Kundschaft.

Mit dem E-Lastenrad fährt die Kunstpädagogin Nele Jamin mit ihrem mobilen Atelier zu ihrer Kundschaft.

Auch einzelne Städte bieten Förderprogramme an

Zudem bieten einige Städte eine Unterstützung beim Kauf von Lastenrädern an. Dazu zählen Köln, Osnabrück und Oldenburg. Wobei in manchen Städten – beispielsweise in Köln – die Förderung für das laufende Jahr bereits abgeschlossen ist.

In jedem Fall sollten sich Interessierte vor dem Kauf informieren, welche Fördermaßnahme aktuell gilt und welche jeweils die lukrativste ist.

„Den jungen Leuten von heute ist ein Führerschein ja nicht mehr so wichtig“, sagt Eckardt Winterseel und zuckt mit den Schultern. Als sich sein jetziger Lehrling um die Ausbildung bei ihm bewarb, schaffte der Tischlermeister aus Lüneburg kurzerhand ein Lastenrad an. Denn einen Führerschein konnte der angehende Azubi nicht vorlegen. „Ich wollte aber, dass er unabhängig von anderen zum Kunden fahren kann“, sagt Winterseel, auf dessen Hof nun zwei Lastenräder unterschiedlichen Typs stehen.

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Tischlermeister Winterseel verzichtet auf den Motor

Er verfügte bereits über ein gebraucht gekauftes Babboe City. Wegen seines Lehrlings schaffte er auch noch ein Bike von Omnium an. Beide haben keinen elektrischen Antrieb. Aus Umweltgründen, und: „Es geht auch so. Man kommt auch mit beladenem Rad prima voran“, betont Eckardt Winterseel. Er selbst nutzt das Lastenrad gern, wenn er zu Kundinnen und Kunden fährt, um Aufträge abzusprechen. Er lade dann einfach Musterkoffer und Aufmaßkoffer aufs Lastenrad. Auf einem normalen Fahrrad hätten die beiden Getüme keinen Platz. Und mit dem Auto möchte er nicht los. „Ich freue mich über die Bewegung.“ Als Leiter des Unternehmens sitzt er zumeist im Büro und erledigt Papierkram, während seine Angestellten in der Werkstatt und auf Baustellen arbeiten. Die meisten Kunden haben sie in einem Umkreis von sechs Kilometern.

Kisten und Material befestigt Winterseel vorne auf der Ablage an seinem Lastenrad. Der Hersteller hat dafür Fahrradschläuche angebracht. „Das ist genial einfach und hält die Sachen wirklich fest“, erläutert Winterseel, während er fürs Foto zwei Kisten auf seinem Rad angurtet. Für schweres und sperriges Material verfügt das Unternehmen über drei automobile Transporter.

„Ich werde oft an Ampeln angesprochen“

Das Wildeste, das Nele Jamin bisher in ihrem Lastenrad transportiert hat, war ein lebensgroßer Tiger aus Pappmaché. Vielleicht war es aber auch ihre Enkelin, mit der sie hin und wieder Touren mit dem Lastenrad unternimmt. Doch auch mit weniger spektakulärem Inhalt sorgt das Rad für Aufsehen. „Ich werde oft an Ampeln angesprochen, wie der Transport funktioniert und wie es sich fährt“, erzählt Jamin. Wie bei Winterseel auch, wird es von den Kunden positiv wahrgenommen, dass sie mit dem Fahrrad kommt. Nachhaltigkeit von Unternehmen gewönne für viele Kundinnen und Kunden an Bedeutung. Da gehöre das entsprechende Transportmittel dazu.

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