Christoph Vetter (links) und Niklas Schmidt spielen zwei Brüder in einem von der Welt abgehängten Dorf. (Foto: t&w)
Das Buch wird als Roman zur deutsch-deutschen Wende gefeiert. Sabine Bahnsen hat „Mit der Faust in die Welt schlagen“ fürs Theater bearbeitet und erzählt die Geschichte zweier Brüder, die ins Milieu der Neonazis schliddern. Das Stück führt in eine Ecke, in der nicht nur die Kohle braun ist.
Lüneburg. Der kleine Grill qualmt gewaltig, Tobias und Philipp qualmen auch eine. Es ist eine abgewrackte Werkhalle, in der sie mit Kippen und Flaschenbier hocken, irgendwo in ausgeweidetem Braunkohleland. Paletten stehen rum, ein paar Eisenschienen, eine Plastiktonne, zwei Leitern, eine Eisentür, ein Pissoir, eine traurige Girlande erloschener bunter Birnen.
Tobias und Philipp sind Jungs aus Sachsens Provinz, gelangweilt, mutlos, perspektivlos; Jungs, denen das Elternhaus zerbricht und die ein Ventil für Frust brauchen. Sie gehen nicht kicken, sondern Ausländer klatschen in Lukas Rietzschels Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“. Sabine Bahnsen hat aus den 316 Seiten einen 70-Minuten-Theaterextrakt destilliert, und der entwickelt in der Regie von Anna Werner im T.3 des Theaters Lüneburg jede Menge Intensität.
Es ist nicht die erste Theatervariante des 2018 erschienenen, oft gepriesenen Wenderomans. Sabine Bahnsen macht die Jungs zu Erzählern und Akteuren. Christoph Vetter und Niklas Schmidt wechseln nahtlos von direkter Publikumsansprache ins Szenische, steigen in andere Rollen ein. Etwa in Uwe, der für die Stasi spitzelte, säuft und sich ertränkt. Oder in Ramon oder in Menzel, zwei aus der Neonazi-Szene, die mit ihrer explosiven Art und ihrer Radikalität einen Sog ausüben, von dem sich die eigentlich komplett unpolitischen Brüder mitreißen lassen. Sie übernehmen Sprüche, Denkmuster, Handlungen, erleben ein trügerisches Gefühl von Gemeinschaft.
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