Lyrik-Experte Michael Braun navigierte Autorin Marion Poschmann geschickt von Neuerscheinungen zu älteren Werken. (Foto: t&w)
Für Lyrik-Fans sind ihre Werke ein Muss: Marion Poschmann. Die Autorin verfasst sowohl Prosa als auch Gedichte und beschäftigt sich intensiv mit Sprache und Ausdrucksmöglichkeiten. Im Heine-Haus gab sie Einblick in ihren Essay "Laubwerk" und sinnierte über die Farben der Natur.
Lüneburg. Viele ihrer Buchtitel legen ungewöhnliche Fährten aus. Sie assoziieren Bilder, wecken Impressionen. „Verschlossene Kammern“, „Baden bei Gewitter“ zum Beispiel oder „Mondbetrachtung in mondloser Nacht“. Das klingt sehr lyrisch. Genau dort ist Marion Poschmann künstlerisch auch zu Hause. Sie schreibt Gedichte, aber ebenso Prosa und Essays.
Ihre Werke stoßen auf beachtliche Resonanz, ernten Preise. Unter anderem in Düsseldorf, Bremen und Berlin erhielt sie einschlägige Auszeichnungen. Nun kam die Schriftstellerin auf Einladung von Literaturbüro und Literarischer Gesellschaft als Ehrengast in das gut frequentierte Lüneburger Heinrich-Heine-Haus, las und stellte sich den Fragen von Moderator Michael Braun.
„Die Welt muss romantisiert werden“: ihr klares Credo, ein Plädoyer als finaler Satz. So formulierte ihn Marion Poschmann in ihrem aktuellen Buch „Laubwerk“. Das kann zu Missverständnissen führen. Geht da jemand sentimental ins 19. Jahrhundert zurück, liebäugelt mit Verklärung, Reminiszenz? Die Autorin möchte stattdessen Aufklärung befördern.
Kein leichtes Ansinnen mit einem Blick retour. „Eigentlich kann niemand über Bäume schreiben, es gibt dafür keine Worte, die Sprache scheitert“, sagt die studierte Germanistin und traut sich trotzdem an das komplexe Metier, beharrlich und lange schon. Sie analysiert, reflektiert, ordnet ein, beobachtet, sieht das Fragile, Gefährdete. Verbale Mahnmale entstehen, die Flora droht aus dem Gefüge zu geraten. Insofern sind die Texte von Marion Poschmann zugleich Echolote aus dem Imperfekt und Warnsignale aus der Zukunft.
Es bleibt schwierig, sie konkreter in ein Genre zu pressen. Sie definiert Naturlyrik quasi neu, dringt tief in Stimmungen ein, verdichtet seismografische Schwankungen, adaptiert Motive japanischer Lyrik, folgt streng ästhetischen Kategorien, liebt klassische Formen wie Ode oder Sonett und antizipiert auch die verheerenden Konsequenzen massiver Umweltzerstörung. Sie wird dabei jedoch nie zur Kassandra des Klimawandels, die sich auf politisch instrumentalisierte Wege begibt. Das wäre ihr zu trivial. „Laubwerk“ dokumentiert diesen Anspruch eindringlich und ausdrucksintensiv. Da öffnen sich jenseits des Realen fast mystische Räume, entstehen Metaphern in Gestalt eines subtil gestalteten Essays.
Die 1969 in der Ruhrpottstadt Essen geborene Wahl-Berlinerin war mehrfach zu Besuch in Lüneburg, 2006 längere Zeit als Heine-Stipendiatin und jetzt als Ehrengast – eine Würdigung ihres Gesamtwerks. Lyrik-Experte Michael Braun navigierte die Autorin von Neuerscheinungen zu älteren Literaturbeiträgen: kluge Überleitungen, Kommentare und Impulse, Hinweise, die Marion Poschmann gern aufnahm und persönliche Statements mit Lesungen verknüpfte. Gedichte aus „Nimbus“ gehörten in diese Reihung oder aus „Kieferninseln“. Immer wieder spielen Bäume eine besondere Rolle. Poschmann denkt in Farben, das wurde hier sehr deutlich. Es leuchtet und schimmert, verblasst und welkt, stets üppig koloriert.
Heinz Kattner hat in Marion Poschmann einst die Begeisterung für Poesie geweckt. Der Lüneburger Schriftsteller hörte an diesem kurzweiligen Abend im Heine-Haus interessiert zu. Mittlerweile ist sie eine herausragende Größe in der deutschen Literaturszene geworden. Ihr Auftritt gab davon eindrucksvoll Zeugnis.
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