1991 nutzte Dirk Bielefeldt die Straße als Bühne für seine Figur des schrulligen Polizisten Herr Holm. Bühne, TV und Kino folgten, Herr Holm wurde Kult. Allein im St. Pauli Theater spielte Bielefeldt mehr als 250 mal. Jetzt hat er "Das Beste zum Schluss" versammelt und kommt damit auch ins Kulturforum.
Lüneburg. Er guckt aus seiner Hornbrille mürrisch und misstrauisch auf die Welt, wittert allberall Unrecht und Unordnung und bewegt sich ungelenk in seiner Uniform. „Mein Name ist Holm. Herr Holm für Sie“, so begrüßt der gestrenge Hamburger Polizist sein Publikum seit gut 30 Jahren. Hinter der Figur, die zu einem Markenzeichen und Unikat in der Szene zwischen Comedy, Kabarett und Slapstick wurde, steckt Dirk Bielefeldt. Der 1957 in Hamburg geborene Schauspieler hatte Soziologie und Philosophie studiert, bevor er in Paris 1982/83 eine Ausbildung zum Schauspieler absolvierte. Die Figur des linkischen Polizisten, der privat gern über die großen Fragen der Welt sinniert, kam auf der Straße zu Welt. Vom Straßentheater wechselte Bielefeldt auf die Bühne, ins TV und Kino, allein im St. Pauli Theater spielte er 250-mal vor ausverkauftem Haus. Nun geht Bielefeldt wieder auf Tour: „Herr Holm – Das Beste zum Schluss“ heißt es am Sonntag, 13. März, um 19 Uhr im Kulturforum.
Wenn Ihr Programm „Das Beste zum Schluss“ heißt, was war eigentlich das Beste am Anfang?
Dirk Bielefeldt: Das war ganz sicher die Antwort eines Polizeibeamten der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Hamburger Polizei auf meine Frage, ob ich wohl mit einer Polizeiuniform auf der Straße auftreten dürfe. Der Kollege antwortete: “Wer sollte Sie daran hindern?“ Eine Uniform hat er mir dann auch noch zur Verfügung gestellt. Und schon ging es los mit dem Straßentheater des Polizeiobermeisters Holm. Das heißt, es ging auch ganz schnell wieder zu Ende, denn nun wurde Herr Holm von der Straße weg und vor den Augen des Publikums von seinen „richtigen“ Kollegen festgenommen und musste lernen, dass für ihn das Tragen von Uniformen in der Öffentlichkeit verboten und das Regeln des Straßenverkehrs eine Amtsanmaßung ist. Ich weiß nicht, was den Hamburger Kollegen vor über 30 Jahren dazu gebracht hatte, mich nicht auf diese rechtlichen Hindernisse aufmerksam zu machen. Klar ist aber auch, hätte er es getan, hätte es wohl nie einen Polizisten Holm gegeben. Dem netten Beamten von der Öffentlichkeitsarbeit selbst übrigens drohte eine Anzeige wegen „Anstiftung zu Straftaten“. Gar nicht lustig.
„Das Beste zum Schluss“, das klingt auch ein wenig nach Abschied von der Bühne. Ihr Kalender ist bis Jahresende aber gut gefüllt.
Ja, dieses Programm soll das letzte sein, mit dem Herr Holm auf der Bühne steht. In Hamburg wird ein Polizeibeamter mit 60 pensioniert. Diesen Zeitpunkt habe ich bereits überschritten. Ich hatte mit Herrn Holm eine sehr lange, schöne und erfolgreiche Zeit. Ein großes Glück. Dafür bin ich sehr dankbar. Dass der Abschied von der Bühne Corona bedingt nun oft unter schwierigen Bedingungen stattfindet (Abstand, begrenzte Auslastung, Maskenpflicht etc.) und jetzt auch noch der Krieg, den ein russischer Warlord über die Ukraine gebracht hat, den Menschen die Lust nehmen könnte, ins Theater zu gehen, ist natürlich sehr schade.
Sie stehen seit mehr als 30 Jahren als Herr Holm auf der Bühne, allein mehr als 1000 mal im St. Pauli Theater. Wie hat sich denn Herr Holm in dieser Zeit verändert?
Vielleicht hat sich der Herr Holm gar nicht so sehr geändert, aber das, was so einen Typen ausmacht, das habe ich immer weiter aufgeblättert. Es ist ja eine große Gefahr, dass so eine Polizei-Figur zur Karikatur und damit dann schnell langweilig wird. Das wollte ich unbedingt vermeiden und habe deshalb versucht, einen Menschen zu zeigen, zugespitzt sicher, aber doch auch mit all seinen Widersprüchen, Sehnsüchten, seinem Scheitern. Was sich vor allem immer wieder geändert hat, ist die Form, wie er auf der Bühne präsentiert wird. Ich arbeite ja viel mit Bühnenbild und Requisiten und da habe ich mir über die Jahre doch eine ganze Menge einfallen lassen, um das Publikum immer wieder zu überraschen und in den Bann zu ziehen. Auch diesmal.
Fällt es schwer, angesichts des Kriegs in der Ukraine aufzutreten?
Ja, dieser furchtbare Krieg lastet doch auf uns allen. Er ist überall, man kann ihm einfach nicht entgehen. Immer ist er Thema. Überall zwängt er sich rein. Vollkommen verständlich. Wie könnte es anders sein angesichts dieses Dramas. Aber heißt das, dass wir deshalb auf alles, was uns das Leben lebenswert macht, verzichten sollen? Uns mit Freunden treffen, spazieren gehen, Musik hören, tanzen und eben auch ins Theater gehen? Selbst wenn es nur Ablenkung wäre. Vielleicht brauchen wir die jetzt einmal mehr.
„Highlights überraschend neu“ lautet Ihr aktuelles Programm weiter. Mögen Sie etwas verraten, auf welche Highlights sich Ihr Publikum denn freuen darf?
Das Publikum darf sich natürlich auf alles in dem Programm freuen, denn es gibt nur Highlights. Manche gewinnen durch die aktuellen Umstände plötzlich wieder besondere Brisanz, andere werden in neuer Form präsentiert. Und dann gibt es auch noch einiges, was ganz neu ist und bei den wenigen Auftritten, die ich bisher mit diesem Programm hatte, super angekommen ist. Da geht es um die Verknüpfung von realer und virtueller Welt und das alles am Yukon in Kanada, ein Abenteuer, ziemlich verrückt...
Von Hans-Martin Koch