Steven Shade muss sich als DJ behaupten: zwischen einem Wandel der Partykultur und schweren Zeiten für die Clubs auch nach der Pandemie. (Foto: Dorothea Schirm)
Garage zu, Vamos dicht: Wenn die Pandemie jemals zu Ende sein sollte, fehlt es in Lüneburg und wohl nicht nur hier an großen Orten zum Tanzen und Feiern. Im Interview mit der Landeszeitung spricht DJ Steven Shade über das Ende der zugkräftigen Partys, die Clubszene und seine Musik in der digitalen Welt.
Lüneburg. Steven Shade arbeitet als DJ im Bereich elektronischer Musik von Techno-Spielarten bis Electro Swing. Er ist als Booker tätig und betreibt eine Künstleragentur mit Techno- und House-Produzenten, seine Kunden seien weitestgehend Klubs zwischen Kairo, Neu Delhi und Johannesburg. Shade lebt in Lüneburg und Berlin. Shade ist 34 Jahre alt, legte zum ersten Mal als 18-Jähriger bei einer Drum’n’Bass-Party in Celle auf.
„Ich kenne die Szene noch aus der Zeit vor social media“, sagt der DJ, der „seit gut drei Jahren frei von Alkohol, Zigaretten und allen anderen Drogen und Genussmitteln“ lebt. Als Highlights seiner Laufbahn nennt er seinen Auftritt beim Fusion-Festival und in dem für exzessive Partys angesagten Berliner Kitkatclub. Außerdem stand ein mit Claas Herrmann produzierter Track ein Jahr lang in den Top Ten in den Techno-DJ-Charts. Shade nimmt Stellung zur aktuellen Situation der Szene und zu seinem neuen Titel „Respect The Rave“.
Wir erleben in Lünebur das Ende der über Jahrzehnte laufenden Clubkultur. Keine Garage, kein Vamos, keine großen Clubs mehr für bis in den Morgen laufende Partys. Wo gibt es hier jenseits von Corona noch Arbeitsmöglichkeiten für DJs?
Die gab es auch vor Corona kaum noch. Das liegt nicht nur am Wegfall von den großen Läden, andere wie der Salon Hansen änderten auch ihr Programm, weg von den Partys. Ein Grund mag sein, dass ringsum ein Wohngebiet ist. Das Ausgehverhalten von Studenten hat sich aber auch generell geändert, hin zu Hauspartys mit JBL- oder anderen kleinen Soundboxen. Die Wertschätzung für gute Musik und guten Sound ist nicht mehr so da.
Ist das Clubsterben ein generelles Phänomen?
Nicht überall, aber in Deutschland wohl schon. In Berlin gibt es das Problem durch Gentrifizierung, Mieten werden drastisch erhöht, das Umfeld wandelt sich hin zu teuren Wohnungen mit Mietern, die ein ruhiges Umfeld wollen Dazu kommt, dass die großen Berliner Clubs zur Hälfte von Touristen leben. Jetzt geht nichts, ist die Stadt nachts tot.
Wie kann man da als DJ überleben?
Gut ist es, wenn man Kontakt zu Unternehmen hat. Freunde von mir haben gerade einen Track für die Markt-Einführung eines neuen BMW produziert. Aber das gelingt nur wenigen. Sonst muss man natürlich auf Urheberrechte bauen; immer, wenn ein Stück von dir gespielt wird, fallen ja Gema-Gebühren an.
Bleibt also das digitale Netz als eine Art Sicherungsnetz. Was hat es mit dem neuen Shade-Titel „Respect The Rave“ auf sich?
Da ich seit meiner Jugend mit der Rave-Community aufwuchs und viele Berufsfelder in der Branche durchlebt habe, wollte ich einen Track machen, der viele Elemente hat, zum Beispiel Synthies aus den 90ern nutzt, aber zeitgemäß produziert ist. Es soll auch auch ein wenig politisch sein.
Was heißt das?
Man soll den Rave akzeptieren, die Szene ist sehr kommerziell geworden, die Rave-Community grenzt sich immer ab vom Mainstream.
Was bedeutet das?
Rave steht aus meiner Perspektive immer für Respekt, Frieden, Miteinander, Humanität und dafür, Menschen nicht nach ihrem Äußeren zu beurteilen.
Auf wieviel digitalen Plattformen läuft der neue Titel?
Das sind mehr als dreißig weltweite Anbieter von Amazon Music bis Napster.
Und welche Plattformen lohnen sich am ehesten, was Resonanz und Einkünfte verspricht?
Das sind iTunes, Beatport und Spotify – alles weltweit.
Ist die Resonanz verortbar?
Moment. Ich habe den Rechner an, schau mal bei Spotify rein. Also; vor allem in Deutschland, dann in den Niederlanden, dann in den USA. Nach Städten lässt es sich auch ordnen: Berlin, dann Hamburg und Amsterdam.
Mal in die Kugel geschaut: Wird es nach Corona wieder eine Partyszene aus Rausch und Beats und Menschenmassen wie zuvor geben?
Natürlich hoffen wir alle darauf. Aber: Das Feiern wie seit zwanzig, dreißig Jahren ist erst einmal eigentlich vorbei. Vielleicht wird es wieder so sein, das ist schwer zu sagen. Für die Clubs kommt die größte Herausforderung erst noch, wenn sie nämlich öffnen dürfen und alle Kosten hochfahren. Bis zu einem Routinebetrieb werden es viele nicht schaffen.
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