Geldstrafe für 66-Jährigen: Kinderpornos kamen „ungewollt“
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Vor dem Amtsgericht Winsen musste sich ein 66-Jähriger verantworten, weil er in in Besitz von kinder- und jugendpornografischem Bildmaterial war. (Foto: A/stb)
Winsen. Ein 66 Jahre alter Mann musste sich jetzt vor dem Winsener Amtsgericht wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischem Bildmaterial verantworten. Im März vergangenen Jahres hatten Ermittler auf Initiative der Staatsanwaltschaft Hannover sein Haus durchsucht. Sie sicherten dabei mehr als 100 Dateien auf zwei Computern sowie auf dem Handy des Angeklagten. Es handelte sich um Bilder, die den sexuellen Missbrauch von Mädchen und Jungen unter 14 Jahren zeigten sowie um Nacktaufnahmen von 14- bis 17-Jährigen in „unnatürlich geschlechtsbetonter Haltung“, wie es in der Anklage hieß. Der Mann hatte direkt nach der Durchsuchung umfassend bei der Polizei ausgesagt und dabei Tatvorwurf eingeräumt.
Vor dem Amtsgericht startete das Verfahren mit einem Antrag des Verteidigers: Die Öffentlichkeit solle ausgeschlossen werden. Daraus wurde ein Teilerfolg: Als der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen und sexuellen Neigungen aussagte, musste die Zeitung vor die Tür. Es blieb allerdings beim Geständnis, der Anwalt verlas für seinen Mandanten eine Erklärung: Der räume den Tatvorwurf weiterhin ein, bestreite aber pädophile Tendenzen bei sich.
Kein einziges Bild gelöscht
Sein Mandant habe sich im Internet in einer Sex-Chat-Gruppe bewegt. Dort seien ihm die Bilder – die Dateien stammen aus dem Jahr 2014 – „ungewollt“ zugeschickt worden. Der Verteidiger sprach von einem Missverständnis, denn sein Mandant habe sich lediglich Kontakt zu einer jüngeren Frau gewünscht, etwa im Alter von 20 bis 40 Jahren. Er sei einem Chat-Teilnehmer in einen weiteren Chat-Room gefolgt, mit dem Hinweis, dass man sich dort in Ruhe austauschen könne. Dieser habe sich im Darknet befunden, was der Angeklagte aber erst später erfahren haben will.
Nach dem Erhalt der Bilder habe der 66-Jährige den Chat abgebrochen, später aber wieder aufgenommen. Wieder habe er Bilder erhalten und einfach weitergemacht, wie der Angeklagte nun vor Gericht schilderte. Zwei bis drei Monate sei er in dem Chat geblieben, allerdings nach eigener Aussage eher sporadisch als regelmäßig. „Meine grenzenlose Dummheit besteht darin, dass ich die Bilder nicht gelöscht habe“, sagte der Angeklagte aus der Gemeinde Stelle.
Gesetzesverschärfung trat erst später in Kraft
Der 66-Jährige hat auf die Rückgabe der drei Datenträger verzichtet, vorbestraft ist er auch nicht. Seine Kooperation würdigten Staatsanwaltschaft und die Richterin. So habe sich das Gericht eine langwierige Beweisaufnahme und vor allem die Sichtung des kinderpornografischen Materials ersparen können.
Die Staatsanwältin wies den Angeklagten daraufhin, dass zwei Wochen nach der Durchsuchung eine Gesetzverschärfung in Kraft getreten sei. Seither wird der Besitz solchen Materials als Verbrechen eingestuft und mit mindestens einem Jahr Freiheitsentzug bestraft. Die Tat lag davor, so blieb es bei der Forderung nach einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro. Der Verteidiger hielt eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro für angemessen.
Das Gericht folgte allerdings dem Antrag der Staatsanwaltschaft, der Angeklagte muss eine Geldstrafe von 3600 Euro begleichen. Er habe "irgendwie Glück gehabt", sprach die Richterin den 66-Jährigen an, denn sie halte für solche Fälle mindestens eine Bewährungsstrafe für angemessen. Geständnis und Kooperation sprächen allerdings für den Mann, auch dass die Beschaffung der Dateien bereits mehr als acht Jahre her sei. Zur Anzahl der Dateien fand die Richterin eine klare Haltung: „Hundert Bilder sind auch Hundert Kinder-Schicksale.“
Von Björn Hansen