Hamburgs Durst in der Nordheide

Mit dem Trinkwasser, das im Werk in der Nordheide aufbereitet wird, werden nach Unternehmensangaben „ausschließlich Gebiete in den Bezirken Altona und Harburg versorgt“. (Foto: Archiv)

Mit dem Trinkwasser, das im Werk in der Nordheide aufbereitet wird, werden nach Unternehmensangaben „ausschließlich Gebiete in den Bezirken Altona und Harburg versorgt“. (Foto: Archiv)

Lüneburg. Eines der größten wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren der Bundesrepublik hat ein juristisches Nachspiel, und zwar vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg. Es geht um die Versorgung der Hansestadt Hamburg mit Grundwasser aus der Nordheide. 18,4 Millionen Kubikmeter Wasserentnahme pro Jahr für insgesamt 30 Jahre hatten die Hamburger Wasserwerke noch bei der Bezirksregierung beantragt. Nach deren Auflösung erbte der Kreis Harburg das umstrittene Genehmigungsverfahren, schlug sich 15 Jahre damit herum und erteilte im April 2019 eine Erlaubnis über 16,4 Millionen Kubik. Insgesamt sechs Klagen gingen deswegen ein, eine von „Hamburg Wasser“ selbst. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest.

Wegen der Klagen hat der Bescheid noch keine Rechtskraft, bestätigt der LZ Katja Bendig, Sprecherin des Landkreises Harburg. Jedoch: „Die Erlaubnis wurde zum sofortigen Vollzug erteilt, das heißt, Hamburg Wasser handelt aktuell danach.“

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Kläger mit breitem Spektrum an Befürchtungen

Zur Klage von Hamburg Wasser beim Verwaltungsgericht sagt Unternehmenssprecherin Sabrina Schmalz: „Kritisch sehen wir unter anderem die gewählte Zulassungsart: Gemäß dem neuen Bescheid darf Hamburg Wasser nur auf Basis einer gehobenen Erlaubnis Grundwasser fördern, beantragt war eine Bewilligung. Letztere bietet eine wesentlich größere Rechts- und damit auch Versorgungs- und Investitionssicherheit.“ Harburg hingegen hatte sich seinerzeit gerade für die Form der Erlaubnis entschieden, um gegebenenfalls die Fördermenge nachregulieren zu können, sollten sich die Rahmenbedingungen etwa durch den Klimawandel wesentlich ändern oder es neue Erkenntnisse beispielsweise aus dem Beweissicherungsverfahren geben.



Laut Verwaltungsgerichts-Sprecherin Ines Meyer-Albrecht wendet sich das Unternehmen aber auch gegen die Nebenbestimmungen der Erlaubnis. Konkret geht es um die vorgeschriebene Leistungsbegrenzung von insgesamt 38 Brunnen in unterschiedlichen Gemarkungen unter anderem von Handeloh, Schierhorn bis Garlstorf: Demnach dürfe die Gesamtentnahmemenge gemittelt auf den Genehmigungszeitraum von 30 Jahren jeweils 16,1 Millionen Kubikmeter Grundwasser pro Jahr nicht überschreiten. Zudem gilt eine maximale Beschränkung auf 18,4 Millionen Kubikmeter Gesamtentnahme pro Jahr.

Außerdem wendet sich Hamburg Wasser gegen die Kompensationsmaßnahmen und die Beweissicherung zu Vegetation und Grundwasserständen, beispielsweise im Bereich der Teichfischerei. Die Vorgaben sollen nach dem Willen der Klägerin teilweise aufgehoben werden, teilt die Gerichtssprecherin mit.



Auf der anderen Seite stehen Klagen der Klosterkammer Hannover, dreier Grundeigentümer sowie des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz. Sie befürchten Trockenschäden an land- und forstwirtschaftlichen Flächen und damit Ertragseinbußen. Außerdem führen sie formelle Fehler an: Angeblich seien nach wiederholter Aktualisierung der Antragsunterlagen von Hamburg Wasser die Öffentlichkeitsbeteiligungen unzureichend durchgeführt worden. Zudem liegen mehrere gegensätzliche Gutachten vor, die klären sollen, welches die richtige Methode sei, um eine zutreffende Prognose für die Auswirkungen der Grundwasserentnahme zu erstellen.

13 Prozent des Hamburger Bedarfs aus Niedersachsen

Eine andere Prognose treibt die Wasserwerke um. Sprecherin Schmalz sagt: „Der Trend ist klar: Wir werden bis 2030 zwischen drei bis vier Millionen Kubikmeter mehr Trinkwasser an unsere Kunden abgeben, als das heute der Fall ist.“ 2019 waren es 117,1 Millionen Kubikmeter Wasser, im Dürrejahr 2018 bereits 119,8 Millionen, 2017 dagegen noch 114,1 Millionen Kubikmeter.

Die Grundwasserressourcen im Hamburger Stadtgebiet reichten aus, um zirka 63 Prozent des Trinkwasserbedarfs der 1,85 Millionen Einwohner zu decken, heißt es. Rund 13 Prozent des Hamburger Bedarfs werden durch Brunnen in Niedersachsen gedeckt, weitere rund 24 Prozent aus Schleswig-Holstein.

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Jahrzehntelanger Streit

für die Wasserversorgung der Hansestadt. Mindestens ebenso lange dauert der Streit um trockengefallene Auenwälder oder Heidebäche wie die Este, die von Kritikern mit der Grundwasserförderung in Verbindung gebracht werden.

Die ursprüngliche wasserrechtliche Bewilligung über eine jährliche Fördermenge von 27 Millionen Kubikmetern war schließlich Ende 2004 ausgelaufen. Seitdem hatten die Hamburger Wasserwerke auf Basis eines Zwischenbescheids, den die damalige Bezirksregierung für die Dauer des Verwaltungsverfahrens erteilt hatte, Grundwasser aus der Nordheide gefördert. Der neue Antrag beläuft sich über 30 Jahre auf eine maximale Jahresmenge von 18,4 Millionen Kubikmetern. Aber nur 16,1 Millionen Kubik will der Kreis Harburg künftig erlauben.

16,1

Millionen Kubikmeter Wasser darf Hamburg Wasser vorläufig in der Nordheide fördern. Der Bescheid ist aber noch nicht rechtskräftig.

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