Das Konzept für die künftige Entwicklung des Landkreises wird derzeit neu geschrieben. Bürgermeister im Ostkreis fürchten, dass ihre Gemeinden dabei auf der Strecke bleiben. Denn Hilfe für den strukturschwachen Osten ist oft angekündigt worden, aber nie richtig angekommen.
Am Reißbrett ist schon mancher Plan entstanden, dessen Blätter in der rauen Realität vom Winde verweht wurden. Umgekehrt haben verwaltungstechnische Schaltzentralen auch schon Richtlinien geboren, die Betroffene in Ketten gelegt haben. Vor diesem Hintergrund absolvieren Kreisverwaltung und -politik seit Juni 2017 eine Gratwanderung. Damals beschloss der Kreistag, das Regionale Raumordnungsprogramm neu aufzustellen.
Der sperrige Begriff steht für eine Blaupause der Entwicklung im Kreisgebiet. Diese regelt, wo was erlaubt ist. Rechnung tragen soll das Programm am Ende auch einem lang gehegten Wunsch der Kreispolitik: den strukturschwachen Osten des Landkreises zu stärken. Gebetsmühlenartig wird dieser Grundsatz zu Beginn jeder Wahlperiode wiederholt – und nach fünf Jahren sehen sich alle Beteiligten tief in die Augen und müssen sich eingestehen, wieder nur wenig erreicht zu haben.
Dabei ist es nicht so, dass sie es nicht versucht hätten. Doch blieben die Instrumente, die Politik und Verwaltung ersannen, weitgehend stumpf. Etwa die Strukturentwicklungfonds. Erdacht für die Finanzschwachen, werden die Hilfen nur allzu oft auch von den Finanzstarken genutzt. Denn so hoch die Finanzspritze des Kreises auch ist, immer bleibt ein Eigenanteil, den Gemeinden mit klammen Kassen oft nicht stemmen können. Deshalb haben die Grünen im Kreistag zuletzt wiederholt moniert, dass Senkungen der Kreisumlage nach dem Gießkannen-Prinzip erfolgen und nicht gezielt zur Stärkung der finanziell Schwachen eingesetzt werden.
Unter dem Strich bleibt eine Erkenntnis, die viele Kreistagsabgeordnete wohl als unzutreffend zurückweisen würden, die der US-Schriftsteller Mark Twain einst schön zugespitzt hatte: „Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“
Wenn jetzt Bleckedes Bürgermeister Dennis Neumann bei der Neuaufstellung des Raumordnungsprogramms beklagt, dass die Strukturen von Flächengemeinden zu wenig berücksichtigt würden (siehe Seite 10), dann folgt diese Kritik einem ähnlichen Muster: Das Gefälle zwischen dem strukturstarken West- und dem stukturschwachen Ostkreis wird zwar wahrgenommen, am Ende aber dieselbe Schablone über das gesamte Kreisgebiet gelegt. So spielt etwa die Einwohnerzahl eine zentrale Rolle. Doch kann ein 800-Seelen-Ort im Osten ganz andere, darunter auch wichtige, Funktionen haben als ein Ort mit der gleichen Einwohnerzahl im Westen. Wird bei beiden nun derselbe Maßstab angelegt, wird im Ergebnis womöglich der Starke gestärkt und der Schwache geschwächt, das Gegenteil dessen erreicht, was Ziel war.
Neumann will nun verhindern, dass der Stadt Bleckede der Strukturkübel der Kreispolitik übergestülpt wird. Vielmehr will er den Entstehungsprozess des Raumordnungsprogramms umkehren, ein Aufwachsen von unten nach oben ermöglichen. Mit eigenen Entwicklungskonzepten könnten die Kommunen dann an der Blaupause für die Entwicklung im Kreis mitwirken. Ob sich Neumann mit diesem Ansatz durchsetzen kann, ist offen. Aber auch für ihn hat Mark Twain einen Rat in seinem Sprüchefundus hinterlassen: „Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.“
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