Die Zerstörung Bardowicks

Nach der „Gesäßhuldigung“ der Bardowicker soll Heinrich der Löwe 1189 zu den Waffen gegriffen haben. Foto: A/t&w

Nach der „Gesäßhuldigung“ der Bardowicker soll Heinrich der Löwe 1189 zu den Waffen gegriffen haben. Foto: A/t&w

Bardowick. Es war indirekt ein vorweihnachtliches Geschenk für die aufstrebende Stadt Lüneburg, als 1189, vor 830 Jahren, der große Nachbar Bardowick von Herzog Heinrich dem Löwen in weiten Teilen niedergebrannt wurde. Mit der Zerstörung Bardowicks als bedeutender Handelsplatz war der Weg frei für den Aufstieg der Salzstadt.

Um den Auslöser der Strafaktion gegen Bardowick ranken sich auch heute noch verschiedene Anekdoten und Sagen. Die bekannteste ist die vom Bardowicker Bullen. Das grasende Tier soll die feindlichen Krieger durch die Ilmenau und damit hinter den Bardowicker Stadtwall geführt haben. Die Sage um den Bullen hatte sogar Nachwirkungen bis in die moderne Zeit.

Noch in den 1950er-Jahren, so wird es von älteren Einwohnern mit einem Augenzwinkern erzählt, habe es zwei todsichere Möglichkeiten gegeben, einen Bardowicker zu verärgern. Entweder: Ein Nicht-Bardowicker forderte eine Bardowickerin zum Tanz auf. Oder: Man sagte den Neckspruch „Wat mokt de Bewicker Bull?“ und musste damit rechnen, von Bauern mit Mist beworfen zu werden. Aber wahrscheinlich ist das mittlerweile selbst schon Teil einer neuen Legendenbildung.

Aber es passt zu den früher überlieferten Eigenheiten der Bardowicker, wonach Heinrich der Löwe besonders aufgebracht gewesen sein soll, als die Bardowicker ihm ihre Gefolgschaft versagten und stattdessen eine „Gesäßhuldigung“ zelebrierten. Mit anderen Worten: Sie reckten dem Herzog vom Stadtwall aus ihre nackten Hintern entgegen.

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Rivalität zwischen Heinrich dem Löwen und Friedrich Barbarossa

Den Ausdruck „Gesäßhuldigung“ benutzte auch der Geschichtsschreiber Caspar Sagittarius im Jahr 1674. Die Niederschrift des damaligen Professors für Landesgeschichte an der Uni Helmstedt war die erste Dokumentation der Bullen-Sage. „All diese Dinge, auch die Gesäßhuldigung, stammen aus einer Zeit, in der sich die Überlieferungen bereits verselbstständigt hatten“, sagt im LZ-Gespräch Lüneburgs Kreisarchäologe Dietmar Gehrke. „Wenn man diese Ereignisse beurteilen möchte, muss man jedoch die politische Großwetterlage der damaligen Zeit im Blick haben.“ Die war geprägt von der Rivalität zwischen Herzog Heinrich dem Löwen und Kaiser Friedrich Barbarossa. Gehrke: „Dem Kaiser war das Machtstreben des Herzogs hier im Nordosten zunehmend ein Dorn im Auge.“

Barbarossa hatte den Welfen Heinrich zuvor verbannt. Bardowick wurde der Herrschaft Bernhards, aus der Adelsfamilie der Askanier, unterstellt. Bernhard war Gefolgsmann des Kaisers. Als Heinrich der Löwe 1189 aus der Verbannung zurückkehrte, dürfte weniger die Gesäßhuldigung der Bardowicker Ausschlag für die Zerstörung durch Heinrichs Truppen gewesen sein, sondern vielmehr der Versuch, Bernhard zu schaden.

Funktion als bedeutender Handelsplatz verloren

Gehrke: „Kein Zweifel besteht daran, dass mit der Zerstörung Bardowicks eine erhebliche Zäsur für die lokalgeschichtliche Entwicklung in Gang gesetzt wurde. Bardowick hatte seine Funktion als bedeutender Handelsplatz verloren, gleichzeitig übernahm Lüneburg die Rolle als lokales Zentrum. Erst diese Entwicklung begünstigte die Herausbildung des städtischen Bürgertums.“ Und: „Im größeren Maßstab profitierte die Stadt Lübeck, die unter der Förderung Heinrich des Löwens als Handelsplatz ausgebaut wurde und zur Ostseemetropole aufstieg.“

Nur die Bardowicker Kirchen wurden von Heinrich dem Löwen verschont. Gehrke: „Keine der Kriegsparteien wollte sich auf die Fahne schreiben, geweihte Orte zu zerstören.“ Allerdings wird Heinrich zugeschrieben, den Bardowickern bis heute eine Mahnung hinterlassen zu haben. Am Südtor des Bardowicker Doms ist ein goldfarbener Löwe eingelassen mit dem Schriftzug „Leonis Vestigium“, des Löwen Spur.

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Sagenhafter Landkreis Lüneburg

„Der Löwe auf der Spur des Bullen“ ist nur eine von vielen Sagen der Lüneburger Region, die im Buch „Sagenhafter Landkreis Lüneburg“ teilweise neu erzählt und auf ihren historischen Wahrheitsgehalt hin beleuchtet werden.

Das 2009 im Verlag der Landeszeitung erschienene Buch ist heute noch so aktuell wie am ersten Tag. Es ist für 9,90 Euro erhältlich im LZ-Service-Center, Am Sande 19, in Lüneburg (Öffnungszeiten: montags bis freitags, 9 bis 17 Uhr, und sonnabends, 9 bis 13 Uhr).

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