Der Ausgang der Lüneburger Oberbürgermeisterwahl war spannend, ganz überraschend kommt er nicht, kommentiert LZ-Chefredakteur Marc Rath den Ausgang des Wahlsonntags. Die Grünen sind jetzt endgültig stärkste Kraft in der Stadt.
Die Hansestadt Lüneburg steht nach dem gestrigen Tag vor einer historischen Zäsur. Seit 64 Jahren amtierten vier Sozial- und drei Christdemokraten an der Spitze der Stadt. Das wird zum 1. November für die nächsten fünf Jahre Geschichte sein. Am Tag der Bundestagswahl entscheidet sich nunmehr, ob Claudia Kalisch (Grüne) oder der parteilose Heiko Meyer den OB-Sessel erklimmen wird.
Den Ausgang vorhersagen wollte praktisch niemand. Nur eines schien seit Bekanntgabe der Kandidaturen gewiss: Alles läuft auf eine Stichwahl hinaus. Dass hier nun Kalisch und Meyer das Rennen machten, ist nach den vergangenen Wochen aber keine Sensation.
Die Grünen sind seit zwei Jahren de facto die politisch stärkste Kraft in der Stadt. Das bestätigten nicht nur die Wahlergebnisse bei der Europawahl, wo die Grünen in Lüneburg so viele Stimmen wie SPD und CDU zusammen hatten. Dies ist auch ein Teil der politischen Realität in der Stadt, wenn man die Aktivitäten der drei großen Parteien nüchtern betrachtet. Die meisten Anträge im Rat kamen von den Grünen, Sozial- und Christdemokraten verharrten lange Zeit in einer seltsamen Starre und wirkten ausgebrannt.
Heiko Meyer legte als Einzelbewerber einen Wahlkampf mit einem großen (finanziellen) Aufwand hin, der seinen Konkurrentinnen großen Respekt einflößte. Sein Ergebnis ist beachtlich, auch wenn er jetzt noch eine Rakete zünden muss, um seinen Traum zu verwirklichen. Monika Scherf hat mehr als ein Achtungszeichen gesetzt. Die Landesbeauftragte ist nicht nur ein Verwaltungs-, sondern auch ein Kommunikationsprofi. Ihre wunden Punkte waren Lüneburgs CDU, die nicht kampagnenfähig ist.
Dass Pia Steinrücke auch den dritten Platz verfehlte, ist auch nur auf den ersten Blick eine Sensation. Zu ausgezehrt waren die Sozialdemokraten unter den letzten Mädge-Jahren. Das Ergebnis ist ein dunkler Punkt für den Langzeit-Oberbürgermeister, der mit vielen Verdiensten in die Geschichte der Stadt eingehen wird, aber eines nicht vermocht hat – anderen auch Raum zuzugestehen. Die krachende Niederlage beim Bürgerentscheid zum Flugplatz war ein eindeutiger Vorbote des Ergebnisses am Sonntag.
In zwei Wochen wird manches anders sein. Jetzt sind es nur noch zwei im Rennen. Welche Allianzen sich jetzt in der Stadtpolitik bilden, ist eine spannende Frage. Zudem werden am Tag der Bundestagswahl mehr Lüneburgerinnen und Lüneburger wählen gehen als an diesem Sonntag. Wie werden sie sich entscheiden?
Klar ist, es wird anders als bisher. Denn diese Wahl hat bewiesen: Demokratie kennt keine Erbhöfe und lebt vom Wechsel.
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