Andreas Kirschenmann, Präsident der IHK. (Foto: A/t&w)
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat Auswirkungen auch auf die heimische Wirtschaft: Das bestätigt Andreas Kirschenmann, Präsident der Industrie- und Handelskammer, im Gespräch mit der LZ.
Welche Auswirkungen hat der Krieg in der Ukraine auf die Handelsbeziehungen mit heimischen Unternehmen?
Andreas Kirschenmann: Zurzeit sind die wirtschaftlichen Folgen dieser Invasion noch nicht abschätzbar, sie sind aber ganz sicherlich schwerwiegend. Russland 2021 belegt Rang 13 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands, und die Auswirkungen werden besonders diejenigen Branchen zu spüren bekommen, die intensive Wirtschaftsbeziehungen zu Russland pflegen. Das sind vor allem Exporteure von Maschinen, Autos und Kfz-Teilen sowie von Chemikalien und Pharmaprodukten. Im Importgeschäft werden vor allem die Erdöl- und Erdgasbranche, die Metallindustrie und Unternehmen, die Mineralölerzeugnisse aus Russland beziehen, betroffen sein.
Die EU droht Russland mit Sanktionen. Umgekehrt kann aber auch Russland der EU den Gashahn zudrehen. Welche Folgen hätte das für die heimische Wirtschaft?
Russland ist weltgrößter Erdgasexporteur und die drittgrößte erdölexportorientierte Nation weltweit. Deutschland bezieht aktuell rund 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Wenn Russland diese Lieferungen einsetzt, um den Westen zu erpressen, wird das deutliche Auswirkungen auf den ohnehin angespannten Energiemarkt haben. Sobald Unternehmen auf einer Sanktionsliste stehen, wird der Handel mit ihnen nicht mehr möglich sein. Aktuell sieht es danach aus, dass die EU den Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten verwehren wird. Das würde einen massiven Einschnitt in die Handelsbeziehungen bedeuten, Investitionen und Markterschließung wären schwer oder gar nicht mehr möglich.
Wie sollte sich jetzt die deutsche Wirtschaft gegenüber dem Agressor Russland verhalten?
Deutschland braucht schnellstens ein klares Bild, wie wir auch ohne Gaslieferungen aus Russland die Versorgung der Unternehmen und der privaten Haushalte sicherstellen können. Sehr hohe Energiepreise wären absolut wachstumshemmend und würden die Erholung der Wirtschaft nach Corona bremsen. Eine langfristige Schlussfolgerung aus der jetzigen Krise wäre, in Zukunft unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden – beispielsweise durch die Diversifizierung der Lieferketten oder LNG-Flüssiggaslieferungen. Kurzfristig wichtig ist, dass die Europäische Union weitreichende Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegen Russland anordnen wird. Betroffene Unternehmen sollten sich deshalb gut informieren, wie sie ihr Russland- und Ukraine-Geschäft absichern können. Es geht bei dieser Frage auch um unsere Werte und wofür wir als Demokraten und Europäer stehen. Die Ukraine-Krise wird einen wirtschaftlichen Preis fordern, der jedoch für Russland vermutlich deutlich höher ausfallen dürfte als für den Westen.
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