Zukunftsserie: "Klimabauern" wollen Vorreiter sein
Mit dem Projekt „Klimabauern“ will Claas Steinhauer (rechts) vom Bauernverband Nordostniedersachsen mit zwölf Betrieben aus der Region den Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz ausbauen. (Foto: t&w)
Extremwetterereignisse wie Starkregen, Dürren und Hitze haben viele Bauern in den vergangenen Jahren an ihre Grenzen gebracht. Immer wieder wird ihre Branche für die Klimaveränderungen zur Verantwortung gezogen, gleichzeitig ist sie aber auch unmittelbar betroffen vom Wandel. Mit dem Projekt „Klimabauern“ will der Bauernverband Nordostniedersachsen mit zwölf Betrieben aus der Region den Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz ausbauen. Die LZ hat Projektleiter Claas Steinhauer gefragt, was bisher passiert ist – und wie es weitergehen soll.
Herr Steinhauer, im Sommer 2019 haben die „Klimabauern“ ihre Arbeit aufgenommen. Gab es einen konkreten Anlass?
Claas Steinhauer: Die Idee war schon geboren, lange bevor Greta Thunberg in der Presse war. Nur bis zur Umsetzung hat es etwas gedauert. Das Thema CO₂ ist bei uns schon lange präsent, auch Teil des landwirtschaftlichen Studiums – nicht nur, weil es jetzt politisch wichtig ist. Man arbeitet als Landwirt schließlich immer mit dem Wetter, und es ist kein Geheimnis, das dabei mitunter auch Gase produziert werden, die besonders klimarelevant sind.
Welches Ziel verfolgt der Bauernverband mit dem Projekt?
Wir wollen Vorreiter sein. Wenn wir jetzt aussagekräftige Zahlen und Daten erheben, können wir diese womöglich für zukünftige Diskussionen nutzen – und stehen dabei nicht mit dem Rücken zur Wand. Man sieht ja, die Politik bewegt sich. Darauf müssen wir uns rechtzeitig vorbereiten und selbst nach Lösungen suchen.
In welchem Konflikt befinden sich die Landwirte dabei?
Je nachdem, welche Statistik man sich anschaut, hat die Landwirtschaft zwischen acht und elf Prozent der klimaschädlichen Emissionen zu verantworten. Gleichzeitig sind die Bauern von den Wetterextremen schwer betroffen: Ein leichter Temperaturanstieg wäre rein wirtschaftlich betrachtet nicht das riesige Problem, aber diese stehenden Wetterlagen – extrem trockene und nasse Sommer zum Beispiel. Dabei begreifen wir uns auch als Teil der Lösung, weil es nun mal nicht so viele natürliche negative CO₂-Bindungsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft gibt.
Wo stehen denn die Landwirte der Lüneburger Heide momentan? Und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Luft nach oben ist immer. Wir orientieren uns aktuell an Vergleichsdaten der Landwirtschaftskammer zum CO₂-Fußabdruck, um uns nicht ganz im luftleeren Raum zu bewegen. Da habe ich den Eindruck, dass wir ungefähr auf dem Niveau der niedersächsischen Vergleichsgruppe sind – obwohl wir nicht die besten Böden haben und Beregnung zum Beispiel auch Strom kostet. Viele Projektpartner haben ihren CO₂-Fußabdruck verbessern können. Nur: Die Klimaeffizienz ist trotzdem noch ausbaufähig, weil der Ertrag der Teiler ist. Wenn der Ertrag massiv einbricht, können Sie als Landwirt nicht sparen.
Stellt Sie das zufrieden?
Nun, das Bessere ist der Feind des Guten. Unser Ziel ist schon, die Emissionen weiter zu senken. Das hat in der Regel auch ökonomische Vorteile: Wenn wir Landwirte unsere CO₂-Bilanz verbessern, bedeutet das häufig, dass Betriebsmittel sparsamer eingesetzt werden – und das wiederum senkt die Betriebskosten.
Wozu raten Sie Landwirten, die klimafreundlicher Wirtschaften wollen?
Düngen ist zum Beispiel immer ein großes Thema: Einer unser Projektteilnehmer plant gerade ein neues Düngemittellager, um im Sinne der Kreislaufwirtschaft mehr Gärreste verwenden zu können, wo es möglich ist. Wir haben zudem Zwischenfrüchte untersucht, um herauszufinden, welchen Düngewert sie jeweils haben. Einer unserer Betriebspartner hat direkt im Folgejahr Leguminosen mit ins Programm genommen, um die Humusbildung im Boden zu fördern. Zudem bieten wir Seminare an, zum Beispiel eine Mähdrescherschulung. Grund ist, dass beim Getreide etwa ein Fünftel des Dieselverbrauchs bei der Ernte und in manchen Jahren bei der Trocknung weitere Energie aufgewandt werden muss. Eine effektive Verbesserungsmaßnahme kann auch sein, Fotovoltaik-Anlagen auf dem Scheunendach zu installieren, auf regionales Futter zu setzen und die Nutzungsdauer der Kühe zu erhöhen. Denn wenn man den Bestand länger erhält, braucht man weniger Jungtiere, die CO₂ produzieren, aber noch keine Milch liefern. Wir wollen einfach für das Thema sensibilisieren. Ich beobachte schon jetzt, dass Landwirte einmal öfter auf den Stromzähler oder den Dieselverbrauch schauen oder beim Landhandel auch mal kritisch nachfragen: Wo kommt der Dünger eigentlich her? Das sind schöne Erfolge.
Haben Sie eine Vision für die Landwirtschaft der Zukunft?
Ich glaube, dass sich da technisch eine Menge tun wird, sodass wir gezielter und genauer wirtschaften können, etwa bei der Düngung. Vielleicht arbeiten wir eines Tages mit Robotern, die das Unkraut mit Lichtimpulsen zerstören können, die Maschinen werden kleiner und funktionieren autonom, was auch ein kleinteiligeres Arbeiten ermöglichen könnte. Ich hoffe, dass die Familienbetriebe im größeren Maße erhalten bleiben und sich das Höfesterben nicht weiter fortsetzt wie bisher.
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