Reparieren statt entsorgen
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Ingeborg Henning gehört zum festen Stamm des Teams beim Repair Café Adendorf – sie ist topfit an der Nähmaschine und geschickt mit Nadel und Faden. Foto: t&w
Adendorf. Es sieht nicht gut aus für den Akkuschrauber, den Nigel Isle und Werner Freer vor sich liegen haben, auseinander genommen, weil er nicht mehr funktion iert. Und es ist nicht der einzige Tisch im Saal der Emmauskirchengemeinde in Adendorf, an dem geschraubt, gelötet, gebohrt oder genäht wird. Es ist der erste Mittwoch im Monat – Zeit für das Repair Café Adendorf, das diesmal ein ganz Besonderes ist: „Wir feiern dritten Geburtstag“, erklärt Manfred Nitschke, einer der Initiatoren.
„Reparieren macht glücklich“, hat der Münchner Physikprofessor Wolfgang M. Heckl in seinem Buch „Die Kultur der Reparatur“ geschrieben – und das finden mittlerweile auch die Tüftler und Bastler, die in rund 700 Reparaturcafés bundesweit dafür sorgen, Geräte wieder in Gang zu bringen, die sonst womöglich auf dem Schrott gelandet wären. Aus den Niederlanden schwappte der Trend nach Deutschland, neben Adendorf gibt es im Landkreis auch in Lüneburg, Scharnebeck und Reppenstedt Reparaturcafés (Termine siehe unten).
Koffer voller Werkzeug, Ersatzteilen, Schrauben und Batterien
Alles, was elektrisch ist, nehmen sich Nigel Isle und Werner Freer vor, wenn Repair-Café-Zeit ist in Adendorf. Mit Koffern voller Werkzeug, Ersatzteilen, Schrauben und Batterien reisen die beiden ehemaligen Techniklehrer an, bereiten ihre Tische vor, bauen Lötstation und Spannungsmesser auf.
Sie erinnern sich an eine besondere Situation im Repair Café: „Eine Dame brachte ein altes Kofferradio vorbei, seit langem außer Betrieb, und die Batterien waren ausgelaufen.“ Eineinhalb Stunden lang werkelten sie an dem Gerät – und brachten es wieder zum Laufen. „Die Dame konnte es dann, wie geplant, ihrem Mann zum 60. Geburtstag schenken.“ Übrigens: Auch den defekten Akkuschrauber bekommen sie wieder hin.
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(Repair Café Adendorf)" parallax="off" direction="left" revealfx="fromleft"]
Eine Besonderheit im Reparatur Café Adendorf: Einmal pro Schuljahr kommen die vierten Klassen der Grundschule Adendorf für einen Vormittag ins Gemeindehaus. Die Kinder müssen sich dann vorher zu Hause umschauen, was in ihrem Haushalt reparaturbedürftig ist, bringen Kaputtes mit. Oft sind es ferngesteuerte Fahrzeuge oder „Puppen mit Elektronik im Bauch“, die wieder funktionsfähig gemacht werden.
Auch stopfen und flicken zählen zum Programm
Das Steckenpferd von Peter von Felten ist eigentlich das Drechseln – an diesem Tag hat er sich aber die Nähmaschine von Julia Roden vorgenommen. „Sie hat einfach nicht mehr genäht“, erklärt sie, die gern selbst Kleidung für ihr Baby anfertigt. Auch ihr wird in Adendorf geholfen – kostenlos.
An ihren Nähmaschinen reparieren und flicken Ingeborg Henning und Frauke Nitschke. „Meine Mutter hat viel Handarbeiten gemacht, da habe ich mir das abgeschaut und beigebracht“, erzählt Ingeborg Henning, während sie eine saubere Naht setzt. Auch stopfen und flicken zählen zum Programm. Und auch auch ein Kuscheltier, dem das Ohr angenäht werden muss, wird verarztet. „Natürlich unter Narkose“, erzählt Frauke Nitschke.
Repariert werden auch Fahrräder
Zwölf „Reparateure“, erzählt Manfred Nitschke, gehören zum Team – repariert werden auch Fahrräder, sogar eine Goldschmiedin gehört zum Team. „Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen, natürlich auch Müllvermeidung“, sagt Nitschke. Zum Repair Café dazu gehören aber noch mehr Helfer, etwa fünf Frauen, die für Kaffee und Kuchen sorgen und etwa Werner Zeletzki, der die Kunden am Eingang registriert.
„Denn das Repair Café ist weit mehr als das Reparieren von Gegenständen“, erklärt Nitschke. Während nebenan gearbeitet wird, bleibt immer auch Zeit für eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. „Auch das gehört dazu, manche kommen auch, ohne dass sie etwas zu reparieren haben. Auch Geselligkeit ist wichtig für uns.“
Drei Stunden lang kümmern sich die „Reparateure“ von Adendorf an „normalen“ Tagen um Kaputtes. In dieser Woche, beim ersten Termin im Mai, waren es nur zwei Stunden: Danach war Feiern angesagt, mit Kaffee, Kuchen, Gegrilltem und Musik.
Ehrenamtliche machen Besitzer glücklich
Jeden ersten Mittwoch im Monat, 15 bis 18 Uhr, im Saal der Emmauskirchengemeinde Adendorf, Bültenweg 18.
Jeden zweiten Sonnabend im Monat, 13.30 bis 17 Uhr, in der Scheune beim Rathaus der Gemeinde Scharnebeck, Bardowicker Straße 2.
An jedem dritten Sonnabend im Monat, 14 bis 18 Uhr, im Keller der evang.-luth. Auferstehungskirche in Reppenstedt, Posener Straße 7.
Jeden ersten Sonntag im Monat, 15 bis 19 Uhr, in der Blaenk Bar (ehemals Mondbasis), Lünertorstraße 20.