„Wir sind anders, und das ist so gewollt“

Jannes Buntenkötter ist schon sehr früh „Extrawach“. Seine ZuSa-Sendung beginnt, wenn viele Lüneburger noch schlafen. Foto: t&w

Jannes Buntenkötter ist schon sehr früh „Extrawach“. Seine ZuSa-Sendung beginnt, wenn viele Lüneburger noch schlafen. Foto: t&w

Lüneburg. Wenn Jannes Buntenkötter morgens um 5.45 Uhr die Tür von Gebäude 10 aufschließt, ist der Campus der Leuphana noch menschenleer. Hier, im Lüneburger Studio des Radio ZuSa, beginnt jetzt sein Arbeitstag. Denn Buntenkötter moderiert seit September 2019 „Extrawach“, die Morgensendung des Bürgerradios. ZuSa ist eines von 12 nicht-kommerziellen und werbefreien Radios in Niedersachsen. Fast eine halbe Million Menschen aus den Landkreisen Lüneburg, Uelzen, Harburg und Lüchow-Dannenberg können den Sender empfangen. Am Donnerstag, 13. Februar, war Welttag des Radios. Zeit, dem lokalen Sender einen Besuch abzustatten.

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Hellwach ab der ersten Sekunde

Dass hinter Jannes Buntenkötter eine Nacht mit nur drei Stunden Schlaf liegt, ist dem Moderator nicht anzumerken. Sobald die Rechner hochgefahren sind, die erste CD eingelegt ist und das blaue Lämpchen leuchtet, ist Buntenkötter hellwach. Gut gelaunt begrüßt er um Punkt 6 Uhr seine Zuhörer.

Was die Hörer nicht sehen können: Buntenkötter ist erst 20 Jahre alt. Vor nicht mal zwei Jahren hat der Lüneburger sein Abitur am Gymnasium Oedeme gemacht. „Es kamen schon Mütter von Kumpels aus der Schule auf mich zu, die gar nicht glauben konnten, dass ich das war, den sie da morgens im Radio gehört haben.“

Denn Buntenkötter war nicht immer so selbstsicher, gehörte eher zu den ruhigeren Schülern. Erst beim Radio blühte er so richtig auf. Nach einem FSJ Kultur bei ZuSa, wurde ihm schließlich ein Volontariat angeboten. Er sagte sofort zu: „So eine Chance bekommt man nur einmal. Studieren kann ich auch im Anschluss noch.“

„Talentschmiede des Nordens“

Als Volontär zur Hauptsendezeit eine eigene Sendung zu moderieren, das wäre bei einem größeren Sender nicht möglich. Dafür steckt er gerne in anderen Bereichen zurück: „Ich gehe am Wochenende nicht mehr so viel feiern, damit ich genug Schlaf bekomme.“ Schließlich klingelt montagmorgens wieder um 5 Uhr sein Wecker.

In ein paar Jahren würde er gerne bei einem namhaften Sender moderieren. Gute Chancen habe er, sagt Wolfgang Laudan, Geschäftsführer und Chefredakteur von ZuSa. Er bezeichnet seinen Sender gerne als „Talentschmiede des Nordens“. Viele ehemalige Volontäre moderieren heute bei größeren Sendern.

Laudan hat schon viel Nachwuchs ausgebildet, seit mehr als 20 Jahren ist er bei Radio ZuSa. Er erzählt, wie alles begann: „Um mehr lokale Themen ins Radio zu bringen und dabei allen Bürgern freien, gleichen und diskriminierungsfreien Zugang zum Hörfunk zu ermöglichen, wurde 1995 der Nichtkommerzielle Lokalfunk in Niedersachsen eingeführt.“

Zwei Radiosender hatten Interesse an den Frequenzen für Lüneburg und Uelzen. „Das waren zum einen der Radioverein Grundrauschen aus Lüneburg und zum anderen der Radioverein Uelzen“, erinnert sich Laudan. Da nur eine Lizenz zu vergeben war, einigte man sich auf einen Zusammenschluss – zu Radio Zucker/Salz, kurz ZuSa. Am 7. Mai 1997 ging ZuSa dann das erste Mal auf Sendung.

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Am Anfang waren Zucker und Salz

Heute beschäftigt der Radiosender, der sich aus öffentlichen Geldern und Spenden finanziert, neun festangestellte und 17 freie Mitarbeiter. Dazu kommen knapp 75 Ehrenamtliche im Alter von 18 bis 80, die im Rahmen des Bürgerrundfunks für gut 60 Sendungen verschiedener Art verantwortlich sind. Sie machen den Großteil des Programms aus: 70 Prozent der Sendungen werden von Vereinen, Institutionen und Einzelpersonen gestaltet. „Einerseits gibt das Menschen aus der Region die Möglichkeit, mit ihren eigenen Themen ein Publikum zu erreichen, andererseits erlernen sie dadurch praktische Medienkompetenz“, so Laudan. Die Themen reichen dabei von Gesundheit über Plattdeutsch, Literatur, Feuerwehr, Politik bis zu Geschichtlichem.

Zwei, deren Bürgerfunksendung sich nicht so richtig einer bestimmten Kategorie zuordnen lässt, sind Timo Elliger und Michael Tietz. Seit September 2018 moderieren die beiden Mittdreißiger alle zwei Wochen mittwochabends die Sendung „Neue Sülze“. „Die Sendung ist eigentlich wie ein Gespräch unter Freunden, die sich lange nicht mehr gesehen haben“, erklären die beiden ihr Konzept. „Da staut sich einiges an Gesprächsstoff an.“ Am Anschluss an die Sendung laden sie diese zum Nachhören als Podcast auf gängige Plattformen hoch. Damit folgen sie einem Trend, der seit 2015 die Welt der Podcasts beherrscht: Sendungen wie etwa „Fest und Flauschig“ von Jan Böhmermann und Olli Schulz, in denen zwei Personen über alles reden, was sie gerade beschäftigt, sind von Jahr zu Jahr populärer geworden. Elliger und Tietz reden am liebsten über Fernsehsendungen, Internettrends, Filme und Musik. Spiele und feste Kategorien lockern die Sendung auf: Bei „Text verhext“ erraten sie die Titel von englischen Songtexten – vom Google Übersetzer auf Deutsch vorgelesen. Beim „Literarischen Baguette“ präsentieren sie jedes Mal eine besonders unterhaltsame Literaturkritik von Marcel Reich-Ranicki.

Kennengelernt haben sich die beiden Familienväter aus Lüneburg über einen gemeinsamen Freund, sofort waren sie auf einer Wellenlänge. Als dann Elliger, der schon in Hamburg Radioerfahrung gesammelt hatte, vorschlug, eine gemeinsame Sendung zu machen, musste Tietz nicht lange überlegen.

Einige Promis waren schon zu Gast

Mittlerweile ist die „Neue Sülze“ recht erfolgreich: Prominente wie Gregor Gysi, Oliver Kalkofe und Yared Dibaba waren schon zu Gast. Im Mai 2019 ein weiteres Highlight: Sie wagten den Schritt aus dem Studio und nahmen im Brauhaus Nolte das erste Mal eine Sendung live vor Publikum auf. Über die Resonanz sind sie heute noch überrascht.

Was in keiner ZuSa-Sendung fehlen darf: Die Lieblingsmusik der Moderatoren. Und die ist so bunt wie der Sender selbst: „Unsere Musik liegt fernab des Mainstreams, das ist natürlich nicht jedermanns Geschmack“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Laudan. Von Reggae über Oldies und Metal bis Hip-Hop sei alles dabei – „außer die aktuellen Charts“, betont Laudan. Kein Lied wird bei ZuSa mehr als einmal am Tag gespielt, kein Spagat ist ihnen zu weit: „Wir sind anders. Und das ist auch so gewollt.“

Zur Sache

Radio ZuSa ist auf folgenden Frequenzen zu finden:
88,0 MHz im Kreis Uelzen, 95,5 MHz im Kreis Lüneburg, 89,7 MHz im Wendland. Auf der Website neu.zusa.de wird zusätzlich ein Livestream angeboten, über den der Sender dann weltweit zu empfangen ist.

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