Zecken fallen nicht von Bäumen, sondern werden im hohen Gras oder Gebüsch abgestreift. (Foto: AdobeStock)
Ernst Fischer erkrankte durch einen Zeckenbiss schwer. Seitdem engagiert sich der heute 68-Jährige, der noch in Hannover lebt, aber demnächst nach Reppenstedt zieht, ehrenamtlich in der Aufklärungsarbeit zum Thema Zecken.
Hannover/Reppenstedt. Es war ein unbeschwerter Ausflug, aber dann wurde das ganze Leben auf den Kopf gestellt: Ernst Fischer, Sozialtherapeut und Psychologischer Berater, zog sich 1984 beim Brombeerpflücken im Schwäbischen Wald einen Zeckenbiss zu. Es folgten drei Jahre mit schweren Beschwerden und einer Odyssee zu verschiedenen Ärzten, bis die Diagnose feststand: schwere Neuro-Borreliose. Wegen der verschleppten Behandlung blieben dauerhafte Gesundheitsschäden, Fischer musste seinen Beruf aufgeben.
Seither engagiert sich der heute 68-Jährige, der noch in Hannover lebt, aber demnächst nach Reppenstedt zieht, ehrenamtlich in der Aufklärungsarbeit zum Thema Zecken. Seine „Zeckenfibel“ stellt er kostenlos zum Download auf seiner Internetseite zur Verfügung: www.zeckenbiss-borreliose.com
Der Titel Ihrer Website lautet: „Zecken – die verkannte Gefahr“. Dabei lernen Kinder doch heute schon im Kindergarten, dass Zecken gefährlich sind. Was wird denn da verkannt?
Ernst Fischer: Leider ist die Aufklärungsarbeit immer noch nicht ausreichend. Dabei kursieren auch Informationen, die einfach falsch sind. Zecken fallen zum Beispiel nicht von Bäumen, sondern werden im hohen Gras oder vom Gebüsch abgestreift. Dazu gehört übrigens auch das Dünengras an Nord- und Ostsee. Und verkannt wird auch, dass Zecken nicht nur in bestimmten Regionen gefährlich sind, sondern überall, wo Menschen sich in der Natur aufhalten.
Welche sind die häufigsten Krankheiten, die durch Zecken übertragen werden?
Die FSME (Frühsommer-Encephalitis) ist eine durch Zecken übertragbare Virusinfektion. Dagegen ist eine Impfung möglich, die das Robert-Koch-Institut (RKI) für die sogenannten Risikogebiete, vorwiegend in Süddeutschland, empfiehlt. Im Gegensatz dazu kann die Borreliose weltweit überall durch Zecken übertragen werden. Borrelien sind Bakterien und in Deutschland die am häufigsten durch Zecken übertragenen Krankheitserreger.
Viele Menschen merken aber gar nicht, wenn sie von einer Zecke gebissen wurden.
Ja, das ist häufig so. Die Blutsauger sind tatsächlich nur zwei bis drei Millimeter groß. Die sogenannte kreisförmige Hautrötung, die als Anzeichen für eine Borreliose gilt, tritt oft erst Wochen nach dem Ereignis auf. Und im Labor lassen sich Borrelienantikörper erst nach etwa acht Wochen nachweisen. Ein Problem ist auch das vielfältige Beschwerdebild: Meist sind es grippeähnliche Symptome wie Abgeschlagenheit, Fieber, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, aber auch Gelenkerkrankungen. Wenn solche Beschwerden auftreten, sollte immer die Möglichkeit einer Borreliose in Betracht gezogen werden. Im späteren Stadium kann dann das zentrale Nervensystem befallen werden. Ich bekam eine Herzmuskelentzündung und hatte Lähmungserscheinungen.
Worauf kann man denn selbst achten?
Ganz wichtig ist, den Körper nach einem Aufenthalt in der Natur nach Zecken abzusuchen. Die Parasiten sitzen gern an den wärmeren Stellen wie Kniekehlen, Armbeuge, im Genitalbereich oder zwischen den Zehen, bei Kindern auch häufig im Nacken.
Sollte man nach einem Zeckenbiss immer zum Arzt gehen?
Das Datum des Ereignisses sollte auf jeden Fall dokumentiert und die Einstichstelle desinfiziert werden. Nicht jede Zecke ist durchseucht. Wenn die Zecke nur wenige Stunden am Körper war, ist die Gefahr einer Erkrankung zwar gering, aber nicht auszuschließen. Ich halte es für sinnvoll, jeden Zeckenstich einem Arzt zu zeigen.
Die Zahl der Borrelioseerkrankungen schätzen Sie auf rund 80.000 pro Jahr. Könnte der Klimawandel die Zahl steigen lassen?
Es gibt leider immer noch keine bundesweite Meldepflicht, deshalb kennen wir keine genauen Zahlen. Aber klar ist, dass die Klimaerwärmung die Lebensbedingungen für Zecken begünstigt, sie sich bei tropischen Sommern und eher milden Wintern weiter ausbreiten können. Und neue Zeckenarten wie die Hyalommazecke oder die Auwaldzecke sind hinzugekommen. Durch die Klimaerwärmung lässt sich auch vermuten, dass sich die FSME weiter nach Norden ausbreitet. So ist in Niedersachsen inzwischen das Emsland als Risikogebiet hinzugekommen.
Nach Ihrer Vorgeschichte: Können Sie eigentlich noch unbekümmert die Natur genießen oder geht die Angst vor Zecken immer mit?
Zum Glück ist es so, dass ich mich immer noch sehr gern in der Natur aufhalte. Aber ich achte darauf, hohes Gras und Unterholz zu meiden und bleibe auf den Waldwegen. Allerdings macht es mich ehrlich gesagt immer noch sprachlos, wenn ich Menschen im hohen Gras sitzen sehe.
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