Berlin. Die ersten Personalentscheidungen des designierten US-Präsidenten Joe Biden stoßen im politischen Berlin auf großen Zuspruch. „Das Regierungsteam von Biden ist das Beste, was wir uns wünschen konnten”, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Ich kenne Antony Blinken, Jake Sullivan und John Kerry persönlich und bin seit Jahren mit ihnen im Gespräch. Ihre Sicht auf die Welt ist unserer sehr ähnlich“, betonte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Mit diesem außenpolitischen Personal kann es uns gelingen, neuen Schwung in die transatlantischen Beziehungen zu bringen“, sagte Röttgen.
Der Bewerber um den CDU-Bundesvorsitz hob die Ernennung von John Kerry besonders hervor. „Bemerkenswert ist, dass Biden mit John Kerry ein wirkliches Schwergewicht zum Klimabeauftragten ernannt hat. Das zeigt, wie wichtig ihm das Thema ist“, sagte Röttgen.
„Wir sollten das als Appell verstehen, darauf ebenbürtig zu antworten. Wir brauchen auch in Europa und Deutschland starke Persönlichkeiten, die sich als Klimaaußenbeauftragte des globalen Klimaschutzes annehmen“, forderte er. „Als transatlantisches Gespann haben wir eine echte Chance, auf den globalen Trend steigender Treibhausgasemissionen positiv einzuwirken“, sagte der frühere Bundesumweltminister.
Auch der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff zeigte sich erfreut über die ersten Personalentscheidungen Bidens. „Biden sendet mit seinen Nominierungen ein Signal an die Verbündeten, insbesondere in Europa. Die USA sind zurück auf der Weltbühne. Das ist eine sehr gute Nachricht“, sagte Lambsdorff dem RND.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende rief die Bundesregierung auf: „Die Bundesregierung sollte bereits heute den Kontakt zum Team Biden suchen.“ Dass Biden bereits mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefoniert hat, sei „ein starkes Signal“, so der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments. „Das zeigt: Seine Administration setzt auf ein starkes und einiges Europa“, betonte Lambsdorff.
Zugleich mahnte Lambsdorff die Europäer zu einem sorgsamen Umgang mit Amerika. „Die Erfahrung mit US-Präsident Trump sollte uns in Europa eine Warnung gewesen sein, das Bündnis mit den USA nicht als Selbstverständlichkeit anzusehen. Deutschland und Europa müssen sich in den kommenden Jahren intensiver um diese Beziehung kümmern“, forderte er.
„Die Liste der zu bearbeitenden Themen ist lang: Die Abschaffung der Zölle auf Industrieprodukte zwischen der EU und den USA, die Stärkung der WTO, der Verbleib der US-Truppen in Deutschland sowie ein neues strategisches Konzept für die Nato, die wieder zur zentralen politischen Plattform für Abstimmungen zwischen Europa und den USA werden muss“, führte der Liberale gegenüber dem RND aus.
Biden hatte vor dem offiziellen Startschuss für den Übergangsprozess bekannt gegeben, mit wem er Schlüsselpositionen in seiner künftigen Regierung besetzen will. Als Außenminister nominierte er seinen langjährigen Berater Antony Blinken. Das Heimatschutzministerium soll der Exilkubaner Alejandro Mayorkas führen.
Der frühere Außenminister John Kerry soll Sonderbeauftragter für das Klima im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses werden. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge will Biden zudem Ex-Notenbankchefin Janet Yellen an die Spitze des Finanzministeriums setzen – als erste Frau überhaupt.
Bütikofer zur Kerry-Nominierung: Ein großartiges Signal
Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer nannte die ersten Personalentscheidungen Bidens „sehr gute Nachrichten für Europa“. Der designierte US-Außenminister Antony Blinken sei ein „beruhigend seriöser Politiker“, sagte Bütikofer dem RND. Blinken sei überzeugter Multilateralist und kenne die EU.
Noch besser sei die Nominierung von John Kerry zum Klimabeauftragten Bidens. „Das ist ein großartiges Signal“, sagte Bütikofer, „jahrelang gehörte Kerry im US-Senat zu jenen Senatoren, die die Klimapolitik sehr ernst genommen haben.“ Er erwarte nun, dass die neue US-Regierung unmittelbar nach Amtsantritt wieder dem Pariser Klimaabkommen beitreten werde, sagte Bütikofer weiter: „Das geht ganz schnell, und das wird passieren.“
Scharfe Kritik übte Bütikofer am Vorgehen von Amtsinhaber Donald Trump seit der Präsidentschaftswahl Anfang November. „Trump hat seine Anhängerschaft aufgehetzt. Viele seiner Wähler sind überzeugt davon, dass die US-Demokraten bei der Wahl betrogen haben.“
Trump wolle damit „seine Vorherrschaft im Lager der US-Republikaner zementieren“, sagte Bütikofer. Der Grünen-Europaabgeordnete sprach von einem „antidemokratischen Virus“, dem führende Republikaner in den USA erlegen seien, „weil sie Angst hatten, von Trump bestraft zu werden“.
McAllister: Gibt wahrlich viel wieder zurechtzurücken
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister (CDU), sagte dem RND, Blinken und Kerry seien „zwei überaus erfahrene Persönlichkeiten“. Ihre Ernennung „spricht für Vertrauen, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit in der zukünftigen Politik des Weißen Hauses“, sagte der frühere niedersächsische Ministerpräsident.
„Der amerikanische Weg zurück zum Multilateralismus und zum Pariser Klimaschutzabkommen nimmt damit konkrete Formen an.“ Biden kenne Europa und die EU sehr gut und sei ein starker Unterstützer der Nato. McAllister: „Die transatlantischen Beziehungen werden davon profitieren. Es gibt wahrlich viel wieder zurechtzurücken.“
Von Marina Kormbaki, Damir Fras/RND