Für mehr Qualitätstourismus

Amsterdam will Prostitution aus berühmten Rotlichtbezirk verbannen – dagegen gibt es Kritik

Eine Prostituierte wartet auf ihrem Zimmer in einem Bordell auf Kundschaft.

Harte Zeiten für das Rotlichtmilieu in Amsterdam.

Amsterdam. Sie sind eine der vielen Attraktionen, die die niederländische Hauptstadt Amsterdam zu bieten hat: „De Wallen.“ So wird der weltberühmte Amsterdamer Rotlichtbezirk im Volksmund genannt. Schätzungsweise 6.000 Prostituierte bieten hier ihre sexuellen Dienstleistungen gegen Bezahlung an. Der Basistarif für ein kleines sexuelles Abenteuer bei den hinter den rot beleuchteten Fensterscheiben ihre Dienste anbietenden Damen beginnt bei 50 Euro.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Fast alle Touristen, die Amsterdam besuchen, machen einen Bummel über „De Wallen.“ Denn wer den Amsterdamer Rotlichtbezirk nicht besucht hat, der war nicht in der Hauptstadt der Niederlande, die neben einer Sexmetropole aber auch die europäische Hauptstadt des Joints ist. Der Stoff für den Joint wird in über 150 so genannten „Coffeeshops“ in Amsterdam verkauft. Aber auf den „Wallen“ mit seinen rot beleuchteten Fenstern geht es hauptsächlich um Sex. Nun ist in der Amsterdamer Sexbranche Unruhe ausgebrochen.

Neue Restriktionen erschweren die Arbeit

„Die Gemeinde macht uns das Leben immer schwerer“, klagt Cor van Dijk, Direktor des berühmten Erotiktheaters „Casa Rosso“ auf den „Wallen“ in einem Interview mit der Zeitung „De Telegraaf“. „Ab 1. April wird es weitere Restriktionen geben. Dann müssen wir schon um drei Uhr morgens schließen. Bisher konnten wir bis sechs Uhr morgen offen bleiben. Aber genau in diesen drei Morgenstunden boomt das Geschäft hier. Viele Freier kommen früh morgens“, weiß van Dijk.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber die von einer rot-grünen Koalition und der Grünen-Bürgermeisterin Femke Halsema regierte Stadt Amsterdam hat noch bizarrere Pläne. Sie will das Geschäft mit der käuflichen Liebe aus den „Wallen“ verbannen und in einem neuen, noch zu bauenden großen Eros-Center konzentrieren. Als möglicher Standort für dieses Eros-Center ist ausgerechnet die Amsterdamer „Zuid-As,“ die Südachse der Stadt zwischen dem Flughafen Schiphol Airport und dem Messezentrum RAI, im Gespräch. Das ist das Businesszentrum von Amsterdam, wo auch das World Trade Center und die Europäische Gesundheitsagentur „European Medicines Agency (EMA)“ ihren Sitz hat. Ein Eros-Center also neben der EMA.

Rembrandt statt Drogen und Sex

Wer Bewohner, die in diesem Stadtviertel leben, darauf anspricht und sie fragt, was sie davon halten, dass in diesem südlichen Stadtteil der Hauptstadt ein Eros-Center gebaut werden soll, der hört nur Ablehnung. Tenor: „Das passt hier überhaupt nicht“ und „ein Eros-Center wollen wir hier nicht“. Oder: „Wer hat denn solche kuriosen Ideen?“, wird gefragt. Die kuriosen Ideen werden im rot-grünen Amsterdamer Stadtrat ausgebrütet. Sie sind Teil einer Neuorientierung der Tourismuspolitik. Denn Amsterdam will weg vom Massentourismus und hin zum Qualitätstourismus.

Die Touristen, die die niederländische Hauptstadt besuchen, sollen hier nicht zu den Prostituierten gehen und sie sollen nicht massenhaft in den Coffeeshops Marihuana für ihre Joints kaufen. Sie sollen ins Rijksmuseum und sich dort die „Nachtwache“ von Rembrandt ansehen. Sie sollen die wunderschönen Gemälde von Vincent van Gogh im gleichnamigen Museum bestaunen – und dafür kräftig Eintrittsgelder zahlen. Und sie sollen in den vielen teuren Fünf-Sterne-Hotels logieren und nicht massenhaft Zimmer in den Budgethotels buchen, so die Vorstellung der etwas naiv wirkenden Amsterdamer Tourismusplaner, die ernsthaft denken, sie könnten Tourismusströme lenken und das Verhalten von Touristen von ihrem Computer aus beeinflussen.

Es regt sich Widerstand bei den Sexarbeiterinnen

Heftiger Widerstand gegen die Pläne der Stadtverwaltung, die „Wallen“ zu einem sexfreien Gebiet zu machen, kommt auch von den Prostituierten selbst. „Ich fühle mich hier zu Hause. Ich fühle mich hier sicher. Von meinem Fenster aus kann ich meinen Busen gut sehen lassen. Das ist meine Visitenkarte“, sagt eine junge Frau, die hier arbeitet.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Gewerkschaft der Prostituierten namens „Proud“ (Stolz) ist auch gegen einen Umzug in ein Eros-Center. „Wir werden behandelt wie Objekte, die man einfach von einem Ort zu einem anderen Ort verschieben kann“, klagt Maxima Caram, Vorsitzende von „Proud.“ „Die meisten Frauen, die auf den Wallen arbeiten, tun dies freiwillig. Es sind Sexarbeiterinnen. Sie sollten wie andere Arbeitnehmer auch behandelt werden. Aber man behandelt uns wie Abfall.“

Amsterdamer Hurengewerkschaft: Die Freier sind nicht das Problem

Die Amsterdamer Hurengewerkschaft betont ferner: „Es sind nicht die Freier, die hier Probleme machen. Es sind die Drogendealer und Drogenkonsumenten und die Trinker, die hier massenhaft Alkohol konsumieren, die für Probleme sorgen, wenn sie high oder betrunken sind. Dagegen sollte die Stadt etwas unternehmen.“

Seitens der Stadt Amsterdam heißt es, man habe intensive Gespräche über die Situation auf den „Wallen“ und den Bau des Eros-Centers geführt. Man habe mit den Sexarbeiterinnen, den Sexarbeitern, Männer und Frauen, und mit den LHBTIQ+ Menschen gesprochen und diesen Personen gut zugehört.

Es gebe Stimmen für und Stimmen gegen den Bau eines Eros-Centers. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Aber: Amsterdam ohne „De Wallen“ und ohne diesen in der Welt wohl einmaligen Rotlichtbezirk, das wäre nicht mehr Amsterdam.

Mehr aus Panorama

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken