Wie Sydney die Massen bei der Mardi-Gras-Parade mit Hightech kontrollierte
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Die 45. Mardi-Gras-Parade in Sydney.
© Quelle: Getty Images
Sydney. Aufmerksame Besucher der diesjährigen Mardi-Gras-Parade werden die neuen Überwachungskameras an der berühmten Oxford Street in Sydney vielleicht bemerkt haben. Die Geräte waren mit Datenanalysesoftware ausgestattet, um Stimmung und Dichte der Menschenmenge zu kontrollieren. Auf diese Weise sollte eine Massenpanik verhindert werden.
Völlig neu sind solche Methoden nicht: Schon bei den Olympischen Spielen in London 2012 kam eine Technik namens Crowd Sensing zum Einsatz. Diese erlaubte es, Besucher per Smartphone so zu lenken, dass Massenansammlungen vermieden werden konnten. Auch die Stadtverwaltung in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul hatte eigentlich ein Echtzeit-Überwachungssystem für Menschenansammlungen. Auch dieses System funktioniert über Handydaten, doch es soll laut Medienberichten an dem folgenschweren Samstagabend im Oktober letzten Jahres nicht im Einsatz gewesen sein. Damals kamen bei Halloweenfeiern im Stadtteil Itaewon über 150 Menschen bei einer Massenpanik in einer engen Gasse ums Leben. Rund 100.000 vor allem junge Leute sollen auf den Straßen unterwegs gewesen sein.
Tausende Besucher nach Pandemiepause
Um solch eine tragische Situation zu vermeiden, wollte die australische Fünf-Millionen-Stadt Sydney vorbeugen. Nachdem die Mardi-Gras-Parade, bei der seit 1978 jedes Jahr schwule, lesbische und transsexuelle Menschen durch die Oxford Street ziehen, während der Pandemie pausieren musste, wurden besonders viele Menschen erwartet.
Zudem war die Parade in diesem Jahr Höhepunkt der Sydney World Pride 2023, einer wichtigen Veranstaltung für die globale LGBTQIA+-Gemeinde, wobei LGBTQIA+ als Abkürzung für die lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche, queere und asexuelle Gemeinschaft plus andere sexuelle Minderheiten steht. Selbst Australiens Premierminister Anthony Albanese war am Samstagabend unter den Tausenden Menschen, die den farbenfrohen Marsch durch die Stadt besuchten und mit der Gemeinde mitfeierten.
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Australiens Premierminister Anthony Albanese bei der Mardi-Gras-Parade.
© Quelle: IMAGO/AAP
Software erkennt Stimmung der Menschen
Um die Sicherheit der Menschenmassen bei der Parade zu gewährleisten, wurden laut einem Bericht der lokalen Tageszeitung „Sydney Morning Herald“ in diesem Jahr erstmals CCTV-Kameras mit Datenanalysesoftware an der Strecke installiert. Diese überwachten die Stimmung und die Dichte der Menge. Zusätzlich dazu kam eine Technologie zum Einsatz, die Mobiltelefone durch Messung von Hochfrequenz zählte und damit erkennen konnte, wenn sich zu viele Menschen an einem Ort aufhielten.
Die CCTV-Software kann laut dem Medienbericht die durchschnittliche Stimmung einer Menschenmenge erkennen, indem sie Reihen erstellt, die den Gesichtsausdruck der Besucher in glücklich, neutral, traurig und wütend einteilen. Außerdem kann die Software erkennen, mit welcher Geschwindigkeit sich eine Gruppe bewegt. Auf diese Weise konnten die Veranstalter feststellen, ob irgendwo entlang der Oxford Street ein Engpass auftreten könnte und es damit potenziell zu einer Massenpanik kommen könnte. Im Notfall hätten die Daten schnell an die Polizei vor Ort weitergegeben werden können, um Menschen beispielsweise in weniger überfüllte Zonen umzuleiten.
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Privatsphäre soll intakt bleiben
Die Kameras werden nach der Parade nun wieder abgebaut. Die Veranstalter betonten gegenüber der lokalen Tageszeitung, dass die CCTV-Software nicht zur Überwachung verwendet wurde und grundsätzlich keine personenbezogenen Daten sammelt. Die Technologie erlaubt demnach keine Gesichtserkennung und kann keine individuellen Personen von einem Ort zum anderen verfolgen.
Auch in Deutschland ist ähnliche Technologie in Diskussion: Laut einem Bericht der „Pforzheimer Zeitung“ und der Deutschen Presse-Agentur aus dem vergangenen Jahr soll ein neues Programm namens Escape bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland zum Einsatz kommen. Das Programm soll in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Polizei entwickelt worden sein, um Katastrophen wie bei der Duisburger Loveparade im Jahr 2010 zu verhindern, wo über 20 Menschen im Gedränge erdrückt wurden.