„Regelrechter Tsunami“: 16 Meter hoher Aquadom in Berliner Hotel geplatzt
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Ein toter Fisch liegt neben einem Gulli vor dem Hotel Radisson Blue, in dem das riesige Aquarium, der Aquadome des Sea Life, geplatzt ist.
© Quelle: Alexander Rothe/dpa
Berlin. Das Großaquarium im Sea Life nahe dem Berliner Dom mit 1000 Kubikmetern Wasser und 1500 Fischen ist geplatzt. Dabei wurden am Freitagmorgen Teile des umgebenden Hotels zerstört. Hinweise auf einen gezielten, gewaltsamen Anschlag gab es laut Polizei zunächst nicht. Zwei Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt und ins Krankenhaus gebracht.
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Die Überreste des geplatzten Aquadomes in Berlin.
© Quelle: picture alliance/dpa/instagram/tnn
Die Polizei sprach von einem sehr lauten Geräusch oder einem Knall, der zu hören war. Bei der Feuerwehr ging um 5.43 Uhr der Alarm eines automatischen Feuermelders in dem Hotel ein. Teile der Fassade des Hotels, in dem sich das Aquarium befand, seien auf die Straße geflogen. Große Mengen Wasser liefen aus und bis auf die Straße. Polizei und Feuerwehr waren seit dem Morgen mit jeweils etwa 100 Personen im Einsatz.
Ob es sich bei den beiden Verletzten um Angestellte des Hotels, in dem sich das Aquarium befand, handelte, oder um Hotelgäste, war zunächst nicht bekannt.
Großaquarium Aquadom in Berlin geplatzt
Ein großer Teil des Aquariums ist zerstört – zwei Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt.
© Quelle: dpa
Statement des Hotels - keine Hinweise auf Anschlag
Das Hotel veröffentlichte am Morgen ein erstes Statement zu dem Vorfall: „Heute Morgen gegen 6.30 Uhr stürzte das Aquarium des Aquadoms Berlin, das sich im Radisson Collection Hotel in Berlin befindet, ein. Soweit wir bisher wissen, wurden keine Gäste verletzt und wir untersuchen gemeinsam mit den Behörden die Ursache des Vorfalls.“ Das Hotel sei ab sofort bis auf Weiteres geschlossen. Die Gäste würden umverlegt.
Hinweise auf einen Anschlag gab es laut Polizei zunächst nicht: „Im Moment überhaupt nicht“, antwortete ein Polizeisprecher auf eine entsprechende Frage. Die Ursache sei bisher noch nicht bekannt, betonten Sprecher von Polizei und Feuerwehr.
Nach Angaben der Feuerwehr wurde der Riesenbehälter mit einer Million Liter Wasser sehr schnell zerstört. „Wenn das Aquarium defekt ist, dann platzt das schlagartig“, sagte ein Feuerwehrsprecher. „Das ist nicht ein kleiner Riss, aus dem das Wasser austritt, sondern das komplette Aquarium ist schlagartig geplatzt.“ Alle rund 1500 Fische, die dort lebten, seien nun nicht mehr im Wasser.
Aquarien-Hersteller: Materialversagen bei Großaquarium gut möglich
Das Platzen Großaquariums ist nach ersten Erkenntnissen wohl auf eine Materialermüdung zurückzuführen. „Die Ermittlungen zur Ursache ist natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch auf eine Materialermüdung“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Nun gehe es darum, die Schäden zu erfassen und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. So müssten Gebäude und Verkehrswege geprüft werden. „Mit Blick auf die schiere Kraft, die gewirkt hat, und die Temperaturen, fürchte ich leider das Schlimmste was die Tiere betrifft“, so Spranger.
Materialversagen hält auch der Aquarien-Hersteller Florian Schuran als Ursache für das Platzen des Berliner Riesenaquariums für gut möglich. „Das Becken ist, glaub‘ ich, jetzt 18 Jahre alt, besteht aus mehreren Klebenähten und das sind dann immer die Schwachstellen, die in dem Falle versagen können“, sagte der Geschäftsführer der Firma New Wave aus Wassenberg (Nordrhein-Westfalen). Den 16 Meter hohen Aquadom hat Schurans Unternehmen nicht gebaut.
Eine Sabotage des zylindrischen Beckens könne sich der Experte nicht vorstellen: „Solche Becken werden statisch berechnet. Wenn in solchen Fällen Leib und Leben in Gefahr ist, wird da auf äußerste Sicherheit acht gegeben.“
Aquadom-Eigentümer: Grund für Platzen „völlig unklar“
Die Eigentümerfirma des zerstörten Aquariums zeigte sich „bestürzt über das Unglück“. Der Grund für das Zerbersten des riesigen Zylinders voller Wasser sei noch „völlig unklar“, sagte der Sprecher der Firma Union Investment, Fabian Hellbusch, am Freitag. „Wir versuchen uns derzeit in Abstimmung mit Polizei und Feuerwehr vor Ort ein genaueres Bild von der Lage und des entstandenen Schadens zu verschaffen“. Man müsse auch von „Glück im Unglück“ sprechen, wenn man bedenke, was alles hätte passieren können.
Betreuer seien vor Ort, um sich um die betroffenen Mieter zu kümmern und dem verletzten Hotelangestellten Unterstützung anzubieten. „Wir bedauern sehr, dass ein großer Teil der im Aquadom art- und tierschutzgerecht gehaltenen Fische durch die starke Zerstörung des Acryl-Zylinders und das Auslaufen des Wassers verendet sind“, hieß es in einer Mitteilung. Es gebe noch kleinere Aquarien, die nicht zerstört worden seien. Man versuche, die Fische aus diesen Aquarien zu retten.
2019 und 2020 habe es Bauarbeiten und eine Generalüberholung des Aquadoms gegeben. Nach einer Coronapause wurde das Aquarium 2022 wieder eröffnet. Zur Höhe des Schadens könne man noch nichts sagen, so der Sprecher. Der Bau soll vor knapp 20 Jahren nach damaligen Mitteilungen und Berichten knapp 13 Millionen Euro gekostet haben.
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Trümmer liegen auf der Karl-Liebknecht-Straße vor einem Hotel.
© Quelle: Christoph Soeder/dpa
Räume des DDR-Museums von Aquariumsunglück betroffen
Die Wassermassen zogen auch das DDR-Museum in Mitleidenschaft. Das Museum liegt unterhalb des Gebäudekomplexes am Spreeufer. „Eine Million Liter Salzwasser haben sich ihren Weg gebahnt, auch zu uns in die Ausstellung“, sagte Museumsdirektor Gordon Freiherr von Godin am Freitag.
Mehrere Räume seien betroffen, auch Ausstellungsstücke und Möbel. Die Ausstellungsfläche betrage etwa 1200 Quadratmeter, nach seiner Schätzung sind davon etwa 300 bis 400 Quadratmeter von dem Wasserschaden betroffen. Verletzt wurde niemand.
Das Ganze sei noch vor der Öffnung passiert, sagte von Godin der Deutschen Presse-Agentur. Sie hätten dann mit dem Technischen Hilfswerk (THW) und der Feuerwehr eine Begehung vorgenommen. „Wir werden wahrscheinlich sechs bis zwölf Wochen geschlossen bleiben“, sagte von Godin. Zum Sachschaden könne man noch nichts sagen. Zuvor war in der Nähe ein großes Aquarium geplatzt.
Hotel evakuiert
Nach Angaben der Feuerwehr lief ein großer Teil des Wasser wohl durch die Türen im Erdgeschoss auf die Straße und dort in die Gullys. In den Kellergeschossen habe man nicht viel Wasser gefunden. Das zerstörte Erdgeschoss wurde mit Rettungshunden nach Menschen abgesucht.
Wegen der schweren Beschädigungen mussten auch die Gäste des umgebenden Hotels das Gebäude verlassen, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. Rund 350 Personen hätten sich noch in dem Hotel befunden.
Einige Sea-Life-Aquarien intakt
Von der Zerstörung des Berliner Großaquariums Aquadom ist ein Teil der Attraktion, die Unterwasserwelt Sea Life mit weiteren Aquarien, nicht unmittelbar betroffen. Einige Aquarien und Becken des Sea Life, das sich etwas entfernt im selben Gebäudekomplex befindet, würden allerdings nun auf mögliche Beschädigungen geprüft, sagte ein Sprecher der Feuerwehr.
„Das Erdgeschoss liegt komplett in Trümmern“, sagte der Sprecher über den dortigen Hotelbereich. Alle Fische seien tot und müssten mit den Trümmern entsorgt werden. Bauingenieure und das Technische Hilfswerk (THW) würden nun prüfen, ob das Gebäude gesperrt bleiben müsse. Danach könnten erste Aufräumarbeiten beginnen.
Der Berliner Zoo bot an, noch lebende Fische bei sich unterzubringen. „Wir haben der zuständigen Aufsichtsbehörde bereits angeboten, Fische bei Bedarf und je nach Kapazität bei uns aufzunehmen und zu versorgen“, teilte eine Sprecherin am Freitag mit. Der Zoo bedauere zutiefst das Unglück.
Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) äußerte sich erschüttert: „Wir bedauern das große Unglück des Aquadoms sehr“, sagte die stellvertretende VdZ-Geschäftsführerin Julia Kögler der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Grundsätzlich gebe es für Aquarien besondere und gesetzlich geregelte Bau- und Sicherheitsstandards.
Giffey: „Ein regelrechter Tsunami“
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat nach dem Platzen des Großaquariums Aquadom von einer immensen Zerstörung gesprochen. „Das ist ein regelrechter Tsunami, der sich hier ergossen hat über die Hotelräumlichkeiten, die anliegenden Restaurants“, saget Giffey am Freitag an der Unglücksstelle. Es sei großer Schaden entstanden. Es müsse nun geprüft werden, wie dieser habe entstehen können. Berlin habe aber großes Glück gehabt, betonte Giffey: „Wenn das Ganze nur eine Stunde später passiert wäre, dann müssten wir über furchtbare menschliche Schäden berichten“, sagte sie und sprach von „Glück im Unglück“.
Statiker müssten nun die Sicherheit der Gebäude überprüfen. Viel Wasser sei in die Kanalisation gelaufen, viel aber auch in Keller und benachbarte Einrichtungen - etwa das DDR-Museum. Giffey rechnete mit „großen Abrissarbeiten“. Zudem müsse geprüft werden, wie es zu dem Unglück gekommen sei. „Der Aquadom ist ja gerade erst saniert worden“, sagte Giffey.
Zuvor dankte Giffey den Einsatzkräften. „Schlimme Nachrichten vom geplatzten Aquarium am Berliner Dom“, schrieb sie am Freitagvormittag bei Twitter. „Den Einsatzkräften danke ich für ihren Einsatz und den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung.“
Der Aquadom im Sealife war nach Angaben der Betreiber im Internet das „größte, zylindrische frei stehende Aquarium der Welt“, eine vielen Touristen bekannte Attraktion in Berlin. Es war ein Behälter aus Acrylglas, der 16 Meter hoch war und einen Durchmesser von 11,5 Metern hatte. Besucher konnten in einem Aufzug durch das Innere des Aquariums hindurch fahren.
In dem Becken lebten demnach etwa 1500 Fische aus über 100 verschiedenen Arten. Gefüllt war das Aquarium mit einer Million Liter Salzwasser. Das wären 1000 Kubikmeter Wasser mit einem Gewicht von 1000 Tonnen. Das Aquarium wurde den Angaben zufolge bis Sommer 2020 umfassend modernisiert. Der Ort befindet sich ganz in der Nähe des Berliner Alexanderplatzes mit dem Fernsehturm.
Rund um das Berliner Hotel, in dem sich das geplatzte Groß-Aquarium befindet, gibt es großflächige Absperrungen. Vor Ort waren am Freitagmorgen etliche Feuerwehr- und Polizeiautos. Es waren Sirenen zu hören. Die Türen des Gebäudes wirkten wie aufgedrückt, davor lagen etliche Gegenstände, wie ein dpa-Reporter berichtete.
Die Verkehrsinformationszentrale Berlin twitterte, die Karl-Liebknecht-Straße, an der das Hotel mit dem Aquarium liegt, sei gesperrt.
RND/nis mit dpa