Letzter Verhandlungstag im Hanebuth-Prozess: ein Abschied ohne Tränen
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Frank Hanebuth sitzt in einem Gerichtssaal des spanischen Nationalen Gerichtshofes in Madrid.
© Quelle: Zipi Aragon/POOL EFE/AP/dpa
Madrid. Sechs Angeklagte sitzen noch im großen Verhandlungssaal des spanischen Nationalen Gerichtshofes in einem Vorort von Madrid. Einer von ihnen, in der ersten Reihe, ist Frank Hanebuth. Meistens langweilt er sich und wagt, während der Staatsanwalt spricht, auf sein Telefon zu schauen. Manchmal ärgert er sich auch. Hinter ihm sitzt eine Dolmetscherin, die ihm gelegentlich die Worte des Anklägers übersetzt.
Als der Staatsanwalt von einem Verbot des Hannoveraner Hells-Angels-Chapters spricht, macht Hanebuth eine ungeduldige Geste, denn in Wirklichkeit ist die Gruppe nie verboten worden, sondern hat sich 2015 selbst aufgelöst, als sie den Atem der Polizei im Nacken spürte. Ein andermal wundert sich Hanebuth sichtbar über den Vorwurf des Staatsanwaltes, dass einer der Angeklagten Anteile an einem Bordell und an einem Wettbüro auf Mallorca besitze und für diese Investitionen andere um Erlaubnis gebeten habe – „na und?“, sagt Hanebuths Körpersprache.
Die meisten Angeklagten ließen sich auf Deals ein
Am Vormittag des letzten Verhandlungstages gegen Frank Hanebuth und andere mutmaßliche Mitglieder eines mutmaßlichen Hells-Angel-Chapters auf Mallorca, hat der Staatsanwalt die undankbare Aufgabe zu erklären, warum er seine Strafforderungen gegen die verbliebenen Angeklagten aufrechterhält.
Die meisten der ursprünglich 49 Angeklagten hatten sich zu Beginn des Prozesses auf Deals mit der Staatsanwaltschaft eingelassen, um dem Prozess und einer möglichen Gefängnisstrafe zu entgehen. Doch die Männer, die hier noch auf der Anklagebank sitzen, wollen einen Freispruch erster Klasse.
Der Staatsanwalt ist dafür jedoch nicht zu haben. Er bittet die Angeklagten nicht mit brechender Stimme um Entschuldigung, wie kürzlich ein Kollege in einem anderen aufsehenerregenden Prozess auf Mallorca um vorgeblich schmutzige Geschäfte des Megapark-Betreibers Bartolomé Cursach. Hier in Madrid ist der Staatsanwalt so überzeugt wie zu Beginn des Prozesses, dass die Hells Angels auf Mallorca eine kriminelle Vereinigung bildeten – was der Hauptanklagepunkt gegen den Hannoveraner Hanebuth ist.
Staatsanwalt beharrt auf seinem Standpunkt
Die Anwältin eines der Mitangeklagten nimmt die Argumentation des Staatsanwaltes anschließend detailliert auseinander, wobei sie ganz großes Geschütz auffährt: Sie fühle sich an die Salemer Hexenjagd erinnert, wo „Menschen, die anders waren“, grundlos verfolgt wurden. Sie wiederholt ihre Argumente vom Prozessbeginn, dass es niemals ausreichende Indizien gegeben habe, um das Abhören von Telefongesprächen zu rechtfertigen – doch genau diese Mitschnitte bleiben auch nach der neuntägigen mündlichen Verhandlung das Hauptbelastungsmaterial.
Der Staatsanwalt zitiert am Freitag immer wieder aus ihnen, doch nichts daraus klingt erschütternd. Die Anwältin bemerkt zudem, dass der Beamte, der die Gespräche ihres Mandanten – auf Deutsch und auf Arabisch – mithörte, kein ausgebildeter Übersetzer sei und nach eigenem Belieben entschieden habe, welche Gesprächsteile er mitschrieb und welche nicht. „¡Madre mía!“, kommentiert die Anwältin.
Das dreiköpfige Gericht kann sich nun die Zeit nehmen, die es für angemessen hält, um ein Urteil über Hanebuth und die anderen zu sprechen.