Beamter gesteht 24 Taten: Vergewaltigungsskandal erschüttert Londoner Polizei
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Die krisengeplagte Londoner Metropolitan Police ist erneut von einem Skandal erschüttert worden.
© Quelle: Arne Dedert/dpa
London. Im Juli 2021 betrat eine Frau die Polizeiwache in Sussex im Süden Englands – nur einen Tag, nachdem der Polizist Wayne Couzens zugegeben hatte, die 33-jährige Londonerin Sarah Everard entführt, vergewaltigt und ermordet zu haben. Ein Fall, der in Großbritannien für Aufsehen und Proteste sorgte. Die Frau teilte den britischen Beamten mit, dass auch sie missbraucht worden sei, allerdings von David Carrick, wie Couzens ebenfalls Mitglied einer Eliteeinheit zum Schutz von Abgeordneten und Diplomaten in London.
Die Metropolitan Police schränkte seine Aufgaben zunächst ein, schickte ihn dann aber wieder in den regulären Dienst, nachdem die traumatisierte Frau ihre Anzeige zurückgezogen hatte, aus Angst, dass man ihr keinen Glauben schenken würde. Ein genauerer Blick in seine Akte hätte die Beamten jedoch alarmieren müssen. Schließlich hatten Frauen in den Jahren zuvor immer wieder schwerwiegende Anschuldigungen gegen Carrick erhoben; wegen häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und Belästigung. Gestoppt wurde der heute 48-Jährige jedoch erst im Oktober 2021, nach einer weiteren Anzeige.
Insgesamt 49 Straftaten – darunter 24 Vergewaltigungen
Jetzt wurde nicht nur das erschreckende Ausmaß seiner Taten bekannt, sondern auch, dass die Met Police viel früher hätte einschreiten können. Carrick bekannte sich diese Woche vor einem Londoner Gericht zu insgesamt 49 Straftaten, darunter 24 Vergewaltigungen, über einen Zeitraum von insgesamt 18 Jahren. Der Polizist ist damit einer der schlimmsten Serienvergewaltiger in der Geschichte des Landes.
Die stellvertretende Kommissarin der Metropolitan Police, Barbara Gray, entschuldigte sich diese Woche bei den betroffenen Frauen: „Wir hätten Carricks Muster missbräuchlichen Verhaltens erkennen müssen“, räumte sie ein. Schließlich ist das Problem nicht neu, im Gegenteil. Schon die Vergewaltigung und Ermordung von Sarah Everard im März 2021 in London löste eine landesweite Debatte über die Sicherheit von Frauen aus. Das Vertrauen in die Staatsgewalt wurde schwer erschüttert.
„Wie viele Monster in Uniform gibt es?“
Die Spitze der Met Police versprach damals Besserung, schnelle Maßnahmen. Doch in den Griff hat sie ihre über 30.000 Mitglieder seitdem offenbar nicht bekommen, wie der Fall David Carrick belegt. Er sorgt für Entsetzen. „Wie viele Monster in Uniform gibt es?“, wollte die britische Boulevardzeitung „Daily Mail“ wissen. „Eine Schande für die Met“, titelte der „Independent“. „Das ist der Tiefpunkt“, kommentierte die Tageszeitung „Evening Standard“ die Lage.
Dass die Lage höchst bedenklich ist, bestätigte auch ein im Oktober vergangenen Jahres veröffentlichter Bericht der Aufsichtsbehörde HMICFRS, für den Hunderte Akten ausgewertet wurden. „Es sind einfach die falschen Leute, die der Polizei beitreten“, betonte HMICFRS-Inspektor Matt Parr damals. Vorstrafen seien bei der Einstellung ignoriert worden, Beamte wurden trotz Beschwerden wegen Fehlverhaltens befördert. Zudem seien Rassismus und Frauenfeindlichkeit in der Londoner Polizei tief verwurzelt.
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Mark Rowley, Polizeipräsident der Metropolitan Police.
© Quelle: Carl De Souza/PA Wire/dpa
Britische Innenministerin: „Veränderungen sind erforderlich, und zwar jetzt“
Die britische Innenministerin Suella Braverman forderte den Met-Police-Chef Mark Rowley diese Woche dazu auf, die Situation endlich in den Griff zu bekommen. „Veränderungen sind erforderlich, und zwar jetzt.“ Dieser gab zu, dass es „nicht vertretbar“ sei, dass Carrick weiter im Dienst blieb, auch nachdem er der Vergewaltigung beschuldigt worden sei. In einer Erklärung verwies er auf die Maßnahmen, die die Londoner Polizei seitdem ergriffen habe. So sei unter anderem eine neue Einheit zur Bekämpfung von Korruption und Missbrauch innerhalb der Met Police eingerichtet worden.
Rowley hatte sich seit seinem Amtsantritt im Sommer vergangenen Jahres 100 Tage Zeit gegeben, um die Lage zu verbessern, stößt dabei jedoch an seine Grenzen. So berichtete er, dass er auffällige Polizisten beschäftigen müsse, weil er sie aufgrund rechtlicher Hürden nicht von ihrem Amt entbinden könne. Expertinnen und Experten sehen deshalb die Polizeiführung in der Pflicht, fordern jedoch auch, dass die Politik den Weg für Verbesserungen ebnet.