Meseberg: Ministerlob und Schlüsselworte als Ampelkitt des Kanzlers
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, geben nach dem ersten Tag der Klausurtagung des Bundeskabinetts vor einem Bild von Schloss Meseberg eine Pressekonferenz.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Berlin. Der Kanzler sagt, man müsse mal ein paar grundsätzliche Fragen besprechen. Er hat daher sein Kabinett zur Klausurtagung aufs Land verfrachtet, ins Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg. Es ist eine wiederkehrende Übung, zuletzt sind die Ministerinnen und Minister samt Kanzler im August hier gewesen. Hinterher schwärmten die Teilnehmer vom Unterhaken, von konstruktiver Atmosphäre und von der Führungsfähigkeit des Kanzlers.
So was Ähnliches wird es jetzt wieder brauchen: FDP, Grüne und SPD liegen bei einigen Themen ziemlich über Kreuz und zelebrieren die Differenzen in aller Öffentlichkeit. Unter Scholz’ Amtsvorgängerin Angela Merkel hat in Meseberg da schon auch mal Himbeergeist geholfen, die Lage zu entspannen.
Kanzler Scholz versucht es zu Beginn mit einem Loblied auf einen Minister, der persönlich und gemeinsam mit seiner Partei häufig kritisiert wird. „Volker Wissing ist ein sehr, sehr guter Verkehrsminister. Er wird Spuren in Deutschland hinterlassen“, sagt Scholz nach zwei Stunden Klausur auf eine Journalistenfrage.
Wissing liegt seit Monaten im Clinch mit den Grünen darüber, ob die anvisierte Planungsbeschleunigung auch für Autobahnen gelten soll. Vor ein paar Tagen hat sein Einspruch außerdem dazu geführt, dass die EU eine Entscheidung über das Aus des Verbrennermotors für Neuwagen ab 2035 verschob. Ob so ein Kanzlerlob viel sagt, ist fraglich: Die von Scholz ähnlich begeistert gepriesene Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ist mittlerweile zurückgetreten.
Zu Wissing bemerkt er, beim Thema Verbrennermotor gebe es gar keinen Dissens. Er stellt das für die Regierung fest, und gleich auch noch für die EU. Neben ihm bleibt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen da nur die Bemerkung, dass man die Angelegenheit nun „so schnell wie möglich“ lösen wolle, weil die Autoindustrie ja Planungssicherheit brauche. Scholz hat sie als „gute Freundin der deutschen Regierung“ eingeführt, man bleibt also lieber mal bei der Harmonie.
Und apropos Wissing: Dieser packe viele Projekte an, „die liegen geblieben sind“, erläutert Scholz. Die Erhöhung der Elektroautoquote nennt er, den Ausbau der Ladeinfrastruktur und des Bahnnetzes nennt er, nicht allerdings die Autobahnen. Das freundliche Tätscheln der FDP hat seine Grenzen. Als wichtigste Frage hat er bereits die Bekämpfung des Klimawandels genannt – auch die Grünen bekommen also ihr Signal.
Olaf Scholz betont deutsche Verantwortung in Europa und Nato
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den westlichen Schulterschluss bei der Ukraine-Hilfe in der Verteidigung gegen Russland betont.
© Quelle: Reuters
Es sind kleine Bewegungen, die eine Idee davon geben können, wie Scholz versucht, seinen verspannten Laden wieder einzurenken.
Er setzt das Ganze in einen größeren Rahmen: „Wir haben viel vor, um unser Land in die Zukunft zu führen“, sagt Scholz. Es gehe darum, die erneuerbaren Energien massiv auszubauen, die Wirtschaft klimaneutral umzubauen und das Wachstum wieder anzukurbeln, damit für alles ausreichend Geld da sei. „Wir sind sicher, dass wir das schaffen“, betont der Kanzler. Und damit ist er bei dem Stichwort, das sich schon im Klausurprogramm findet: „Zeitenwende und Zuversicht“ – eine optimistische Botschaft also.
Wie passt das zu all den Streitereien in der Koalition? Es wird ja nicht nur über Autobahnen gestritten, sondern auch um Finanzfragen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kindergrundsicherung braucht noch eine Zusage von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat eine weitere Erhöhung des Wehretats gefordert. Die FDP aber hat wiederholt klargemacht, dass sie nicht bereit ist, mehr Schulden zu machen oder Steuern zu erhöhen. Und Auswärtiges Amt und Kanzleramt ringen noch um die Nationale Sicherheitsstrategie.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat im Vorfeld kundgetan, es gebe in Meseberg „die Möglichkeit, das ein oder andere Thema am Rande, bei dem es leichte Reibungen geben könnte, auch miteinander zu klären“. Scholz sagt, es gehe um die Fragen, die nicht ohnehin schon jeden Tag auf der Tagesordnung stünden. Und die Kämpfe im Kabinett wischt er als Kleinigkeiten beiseite. Die Regierung habe große Aufgaben zu bewältigen. Es sei „völlig normal, über die vielen Schritte, die dazugehören, intensiv zu diskutieren.“