Regierungsgespräche fortgesetzt

Koalitionsausschuss, die Zweite: Ampel diskutiert weiter - Scholz sieht große Fortschritte

Weiter geht's: Die Grünen sind auf dem Weg zur Fortsetzung des Koalitionsauschusses. Von links: Die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge, Co-Parteivorsitzende Ricarda Lang, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Co-Parteivorsitzender Omid Nouripour.

Weiter geht's: Die Grünen sind auf dem Weg zur Fortsetzung des Koalitionsauschusses. Von links: Die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge, Co-Parteivorsitzende Ricarda Lang, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Co-Parteivorsitzender Omid Nouripour.

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Berlin. Die Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP haben am Dienstag ihre Gespräche im Koalitionsausschuss wieder aufgenommen. Dem Vernehmen nach geht es dabei vor allem um mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich und einen schnelleren Bau von Autobahnen.

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Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Nachmittag, er sehe große Fortschritte bei den Beratungen der Koalitionsspitzen. „Es wird sich gelohnt haben“, betonte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit Kenias Präsidenten William Ruto im Kanzleramt in Berlin. Man komme konstant voran. Die hauptsächlichen Fragen seien längst gelöst. Es gehe nun noch um viele Details, die zu einem guten Gesamtwerk passen sollten. Dies werde die viele Mühe gelohnt haben. Die Öffentlichkeit werde überrascht sein, was alles drin sei, betonte Scholz. Es gehe um die Modernisierung des Landes und um Klimaschutz.

Die Spitzen der Ampelkoalition hatten ihre Gespräche über eine Reihe von Streitthemen am Sonntagabend aufgenommen, sie am Montag aber am frühen Nachmittag unterbrochen, weil Bundeskanzler Scholz und mehrere Minister und Ministerinnen zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam reisen mussten. CDU, CSU, AfD und Linke werteten die Unterbrechung als Blamage und Armutszeugnis.

Scholz: Ampelkoalition will „sehr klare, konkrete Festlegungen treffen“

Scholz hatte die Verschiebung am Montag mit der Komplexität der zu lösenden Aufgaben begründet. Es gehe um die Modernisierung Deutschlands. „Wir wollen sehr klare, konkrete Festlegungen treffen, die es möglich machen, dass wir das notwendige Tempo erreichen“, sagte er in Rotterdam. „Die gemeinsame Überzeugung der Regierung ist, dass die gesetzlichen Regeln, die wir über die letzten Jahrzehnte so allmählich zusammengeschraubt haben, nicht zu der Geschwindigkeit passen, die wir heute benötigen.“ Er verwies auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und der Verkehrsinfrastruktur.

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Nach der Ankunft in der niederländischen Stadt hatte Scholz gesagt, man habe „sehr, sehr gute Fortschritte erzielt“. Die bisherigen Gespräche seien sehr vertraulich und freundlich verlaufen. Die Konsultationen in Rotterdam nannte Scholz „eine nette Zwischenzeit, die wir jetzt hier bei unseren Freunden in den Niederlanden haben“.

Nach Aussagen von Außenministerin Annalena Baerbock kam es bei den Verhandlungen über Fortschritte beim Klimaschutz zu einer „leidenschaftlichen Debatte“. Die Grünen-Politikerin sagte am Dienstag in Berlin zum Auftakt einer internationalen Konferenz zur Energiewende, saubere Energie sei eine Frage von nationalem Interesse und eine Frage der Sicherheit. Deutschland habe sich wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine von fossilen Abhängigkeiten von Russland gelöst. Auch die Heizungen seien eine „Frage von Sicherheit“, sagte Baerbock. Sie sprach zugleich von kontroversen Debatten.

Für die Opposition gefundenes Fressen – für SPD-Generalsekretär Kühnert „mit viel Augen-Zudrücken schon zumutbar“

CDU-Generalsekretär Mario Czaja stellte im „Tagesspiegel“ die Regierungsfähigkeit der Ampel infrage. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der Mediengruppe Bayern: „Aus der Streitampel wird jetzt auch noch die Streikampel, weil es ja an Arbeitsverweigerung grenzt, wenn es nach so vielen Stunden kein einziges Ergebnis gibt.“

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Linken-Chefin Janine Wissler hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, sich öffentlich zu den sozialen und klimapolitischen Zielen im Ampelkoalitionsvertrag zu bekennen. „Insbesondere Christian Lindner und Verkehrsminister Wissing sind ein Bremsklotz beim Klimaschutz, bei sozialer Gerechtigkeit und Investitionen in die Zukunft. Und der Kanzler? Von dem ist nichts zu hören“, sagte Wissler dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Er sollte dringend innerhalb der Koalition und öffentlich klarstellen, dass der Koalitionsvertrag gilt und die darin vereinbarten Projekte umgesetzt werden.“

Der Ampelstreit um den Haushalt sei eine Farce: „Das ist keine Fortschrittskoalition, das ist eine Blockadekoalition. Die Anzahl der auf Eis gelegten Projekte machen die Regierung handlungsunfähig, was gerade in der derzeitigen Situation unverantwortlich ist“, warnte Wissler. „Wahlversprechen wie die Kindergrundsicherung werden zerredet und enden in Flickschusterei auf Kosten der Ärmsten“, so die Linken-Chefin.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert betonte dagegen am Montagabend in der Sendung „RTL Direkt“: „Es ist besser, zwei Tage lang hart um Lösungen in wichtigen Fragen zu ringen, als zwei Jahre lang ohne Lösungen in diesen Bereichen regieren zu müssen. Das könnten wir dem Land nicht zumuten. Die zwei Tage sind, glaube ich, mit viel Augen-Zudrücken schon zumutbar.“

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CSU-Landesgruppenchef Dobrindt: Müder „Bläh-Koalitionsausschuss“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt stellte die Handlungsfähigkeit der Ampel-Koalition angesichts der lang andauernden Beratungen des Koalitionsausschusses in Frage. Mit etwa 17 Beteiligten sei das Ampel-Gremium ein „XXL-Koalitionsausschuss - zu groß, zu langsam und zu müde“, sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag am Dienstag in Berlin. Dobrindt fügte hinzu: „Und was soll bei einem Bläh-Koalitionsausschuss schon hinten rauskommen.“

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Auch unter Unionsführung habe es Nachtsitzungen gegeben, räumte Dobrindt ein. Doch damals habe die Koalitionsrunde aus den Vorsitzenden der Regierungsparteien und -fraktionen, der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem Kanzleramtschef bestanden. Man sei damit wesentlich handlungsfähiger gewesen.

Er gehe davon aus, dass sich die Ampel-Politiker in den ersten Stunden ihrer Beratungen über Stilfragen und weniger über Inhalte unterhalten hätten, sagte Dobrindt. Dabei dürften nach seiner Einschätzung auch „die Sabotagevorwürfe“ von Wirtschaftsminister Habeck in Richtung FDP und SPD eine Rolle gespielt haben. Auf Nachfrage sagte Dobrindt, konkrete Informationen zum Ablauf der Beratungen aus der Ampel habe er aber nicht. Dobrindt attestierte der Ampel einen „sehr schlechten Zustand des gegenseitigen Misstrauens und der gegenseitigen Vorwürfe“.

Linke: Regierung gibt „erbärmliches Bild“ ab

Links-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali kritisierte die langwierigen Verhandlungen der Ampel im Koalitionsausschuss scharf. „Das ist schon ein erbärmliches Bild, das die Bundesregierung hier abgibt“, sagte Mohamed Ali am Dienstag in Berlin. Dass sich die Koalitionspartner tagelang einschlössen, sei ein „verantwortungsloses Getue“. Die Regierung erkenne nicht den Ernst der Lage. Viele Menschen hätten größte Schwierigkeiten, ihr normales Leben zu bezahlen, meinte die Linken-Politikerin.

Spitzen der Ampelkoalition setzen Beratungen in Berlin fort
Koalitionsausschuss Teilnehmer des Koalitionsausschusses verlassen nach Nachtsichtung das Bundeskanzleramt - Annalena Baerbock, Außenministerin, nach dem Treffen vor dem BundeskanzleramtKoalitionsausschuss Teilnehmer des Koalitionsausschusses verlassen nach Nachtsichtung das Bundeskanzleramt - Annalena Baerbock, Außenministerin, nach dem Treffen vor dem Bundeskanzleramt, Berlin Berlin Deutschland Kanzleramt *** Coalition Committee Participants of the Coalition Committee leave the Chancellors Office after night sighting Annalena Baerbock, Foreign Minister, after meeting in front of the Chancellors Office Coalition Committee Participants of the Coalition Committee leave the Chancellors Office after night sighting Annalena Baerbock,

SPD, Grüne und FDP hatten nach fast 20-stündigen Verhandlungen am Montagnachmittag mitgeteilt, die Beratungen seien unterbrochen und auf Dienstag vertagt.

Die Spitzen des Bündnisses wollten im Kanzleramt eine lange Liste von Streitpunkten abarbeiten. Als größtes Konfliktthema deutete sich vorab der Klimaschutz im Verkehr an – denn hier muss die Bundesregierung eine Trendwende schaffen. Laut Umweltbundesamt stiegen die Treibhausgasemissionen in diesem Bereich zuletzt, anstatt zu sinken, wie es eigentlich nötig wäre. Vor allem die Grünen verlangen von Verkehrsminister Volker Wissing mehr Anstrengung. Dessen FDP lehnt aber nicht nur ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen und eine Reform der Dienstwagenbesteuerung strikt ab. Auch bei anderen Fragen war der Ton in der Koalition zuletzt rau geworden:

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Wie soll der Austausch von Öl- und Gasheizungen vonstattengehen?

Die Grundidee ist in der Koalition eigentlich längst vereinbart: Ab 2024 sollen möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. De facto bedeutet das ein Aus für konventionelle Öl- und Gasheizungen. Habeck goss das in einen umstrittenen Gesetzentwurf.

SPD und FDP betonen beide, Hausbesitzerinnen und Mieter dürften nicht überfordert werden. Auf der Suche nach einem Kompromiss war die Ampel schon vor dem Spitzentreffen vorangekommen – ohne dass bisher Details durchsickerten.

Wie will die Ampel die Kindergrundsicherung finanzieren?

Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung die staatlichen Leistungen für Familien und Kinder bündeln. Umstritten ist, was alles dazugehören soll. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung, weil die bisherigen Hilfen ihrer Meinung nach Kinderarmut nicht ausreichend bekämpfen. Sie hat deshalb einen Bedarf von 12 Milliarden Euro angemeldet. Lindner hält Aufstocken nicht für zwingend, weil die Koalition gerade das Kindergeld angehoben habe.

Wofür will die Bundesregierung Geld ausgeben?

FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin bei den Finanzen an – vor allem mit Blick auf den ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. „Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen“, sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Allerdings hätten die drei Parteien kein gemeinsames Grundverständnis in dieser Frage.

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RND/dpa/mdg

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