Für Beschäftigte eine gute Nachricht, für Betriebe mehr Bürokratie
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Ein Mitarbeiter erfasst seine Arbeitszeit digital an einem Terminal.
© Quelle: Sina Schuldt/dpa
Es wurde höchste Zeit: Bereits im vergangenen Jahr hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass Arbeitszeiten in Deutschland erfasst werden müssen. Nur zu der Frage des „Wie“ lieferte das höchste Arbeitsgericht kaum Antworten – weshalb die Unsicherheit unter Führungskräften und Beschäftigten groß war.
Es ist gut, dass Arbeitsminister Hubertus Heil jetzt für Klarheit sorgen will. Der SPD-Politiker hat einen Vorschlag vorgelegt, wonach Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden sollen. Darüber können sich Beschäftigte freuen, immerhin lässt sich so geleistete Mehrarbeit dokumentieren.
Die Bundesregierung sollte sich hüten, ein neues Bürokratiemonster zu erschaffen
Aufseiten der Betriebe hingegen dürfte sich die Freude in Grenzen halten, bedeutet die zusätzliche Pflicht für sie vor allem ein Mehr an Bürokratie. Weil die Arbeitszeit in manchen Fällen zunächst auch handschriftlich notiert werden darf, droht gar ein Comeback der Zettelwirtschaft. Die Bundesregierung sollte sich hüten, ein neues Bürokratiemonster zu erschaffen. Stattdessen sollte sie die Regeln so unbürokratisch wie irgendwie möglich gestalten. Dass die Zeiterfassung auch digital, beispielsweise per App, möglich sein wird, ist ein guter erster Schritt. Weitere müssen folgen.
Klug ist, dass das Gesetz Ausnahmen vorsieht. Sie ermöglichen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr Autonomie. Hier sind beide Seiten, auch Gewerkschaften und Betriebsräte, gefragt, pragmatische Antworten auf die Fragen zu finden, wessen Arbeitszeit erfasst werden soll und in welchen Fällen das nicht nötig ist.
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Arbeitszeiterfassung teilweise schwer umsetzbar
Den Realitätscheck in den Betrieben muss Heils Gesetz noch bestehen: Es gibt zahlreiche Berufe, bei denen die elektronische Erfassung nur schwer umsetzbar ist. Da wären zum Beispiel Menschen, die viel unterwegs sind und kaum oder nur zu bestimmten Zeiten mit dem Internet arbeiten. Oder aber Beschäftigte, bei denen Wohnen und Arbeiten am selben Ort stattfindet, etwa auf Kreuzfahrtschiffen. Ähnlich sieht es aus bei Vätern und Müttern, die im Homeoffice arbeiten und sich nebenbei um die Kinder kümmern müssen. Wo Arbeit aufhört und Freizeit anfängt, ist manchmal schwer zu beurteilen und noch schwieriger zur erfassen.
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Vertrauensarbeitszeit bleibt ein gutes Modell
Hinzu kommt, dass es in jedem Unternehmen Phasen gibt, in denen mehr Arbeit nötig ist. Dazu sind die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch bereit, wenn sie im Gegenzug mehr Raum für Freizeit bekommen, sobald die Arbeitslast wieder sinkt. Die Vertrauensarbeitszeit ist dafür nach wie vor ein gutes Modell. Daher muss sie – wie von Heil versprochen – tatsächlich weiter möglich sein.
Sicher ist, dass der voranschreitende Fachkräftemangel Unternehmen zwingen wird, auch vermeintlich „weiche“ Themen wie die Work-Life-Balance mehr in den Blick zu nehmen. Wer nicht für gute Arbeitsbedingungen sorgt, wird den Kampf um die Talente verlieren. Ob mit Zeiterfassungsgesetz oder ohne.