Kommentar

Aufnahme von Geflüchteten: Faeser muss jetzt liefern

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei einer Pressekonferenz.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei einer Pressekonferenz.

Mit einem Treffen mit mehreren europäischen Amtskolleginnen und -kollegen wollte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag Fahrt in die Diskussion über eine Reform der gemeinsamen EU-Asylpolitik bringen. Das ist dringend notwendig. Faesers Versuche auf europäischer Ebene dürfen jedoch nicht von den Herausforderungen und Versäumnissen ablenken, denen sich die deutsche Politik und nicht zuletzt die Ministerin selbst im Inland stellen müssen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Zahl der Geflüchteten, die in Deutschland und Europa ankommen, ist im vergangenen Jahr wieder rapide angestiegen, nicht nur wegen des verbrecherischen russischen Angriffskriegs, der Millionen von Ukrainerinnen und Ukrainern zur Flucht aus ihrer Heimat gezwungen hat.

Es braucht mehr als kleine Trippelschritte

Doch ein gemeinsamer und solidarischer Umgang der EU-Staaten mit dieser Herausforderung ist weiterhin nicht in Sicht. Die Staaten an den Außengrenzen der Union fühlen sich zu Recht im Stich gelassen. Andere EU-Mitgliedsstaaten mauern weiterhin und versperren sich einer gemeinsamen Lösung. Manche würden sich am liebsten gleich im Wortsinne einmauern.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Neben diesen großen europäischen Herausforderungen stehen allerdings auch Herausforderungen, die Bund, Länder und Kreise und Kommunen gemeinsam bewältigen können und müssen. Die Kommunen beklagen, dass sie zu wenig Platz für eine angemessene Unterbringung der vielen Geflüchteten haben. Sie und die Länder beschweren sich zudem über zu hohe Kosten und nehmen den Bund in die Pflicht.

Wasser auf die Mühlen von Flüchtlingsgegnern

Ministerin Faeser und die Bundesregierung haben es bislang nicht geschafft, eine gemeinsame Linie mit Ländern und Kommunen zu finden. Im Februar trafen sie sich zuletzt zu einem Flüchtlingsgipfel. Faeser versuchte danach, positive Stimmung zu verbreiten. „Wir haben heute zugesagt, weiterhin alles zur Verfügung zu stellen, was möglich ist“, sagte sie.

Innenministerin Nancy Faeser: Kein Tiktok-Verbot in Deutschland

In der Debatte um den Kurzvideodienst Tiktok sieht Innenministerin Nancy Faeser für Deutschland keine Grundlage für ein generelles Verbot der App.

Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, konterte direkt im Anschluss mit einer Wutrede. Mit seiner Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung durch den Bund hat Sager recht. Spätestens beim nächsten geplanten Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt im Mai muss der Bund Zugeständnisse machen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Denn es geht nicht nur darum, die Geflüchteten „irgendwie“ unterzubringen. Es geht – gerade in Zeiten der Dauerkrise – auch darum, für eine möglichst große Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen. Enorme Zusatzbelastungen für die ohnehin klammen Kommunen sind dabei nur Wasser auf die Mühlen jener, die seit eh und je gegen die Aufnahme Geflüchteter mobil machen. Und es muss darüber hinaus auch darum gehen, den Geflüchteten zu ermöglichen, in der deutschen Gesellschaft anzukommen. Dazu reicht es nicht, sie in Containersiedlungen am Stadtrand unterzubringen und sich selbst zu überlassen.

Faeser, die mit großen Ambitionen in ihr Amt gestartet war, macht dabei bislang keine allzu überzeugende Figur. Sie warf den Kommunen erst vor wenigen Wochen vor, nicht genug Reserven für den erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen vorgehalten zu haben – weil Unterkünfte nach 2016 wieder abgebaut wurden.

Haben die Kommunen also nichts aus den Jahren nach 2015 gelernt? An dem Vorwurf ist zwar durchaus etwas dran. Zur Wahrheit gehört aber auch: Diesen Schuh müssen sich nicht nur viele Kommunen anziehen. Er passt auch der Ministerin selbst ausgezeichnet.


Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken