Streit ums Bürgergeld: Die Sanktionen sind der Knackpunkt
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Eine Frau hält ein Portemonnaie in der Hand, in dem Geldscheine stecken. Der Bundestag soll am Donnerstag über das neue Bürgergeld abstimmen.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbi
Berlin. Im Streit um das Bürgergeld hat FDP-Generalsekretär Bijan Djir‑Sarai die eigene Ampelkoalition und die Union dazu aufgerufen, sich zu bewegen. „Nicht nur die Union muss sich bewegen, sondern auch gerade beim Thema Sanktionen, Vertrauenszeit, hier müssen sich auch SPD und Grüne bewegen“, schickte der Liberale eine Mahnung in die eigenen Reihen.
Während die Unterhändler von Bund und Ländern hinter den Kulissen bereits mögliche Kompromisse ausloten, muss am Mittwoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine Einigung gefunden werden. Ansonsten kann die Bürgergeldreform, die das Hartz‑IV-System ablösen soll, am Freitag den Bundesrat nicht passieren. Im schlimmsten Falle könnte sich sogar die geplante Erhöhung der Regelsätze um rund 50 Euro für einen Erwachsenen verschieben.
Bürgergeld: Söder fordert „ausreichend Sanktionsmöglichkeiten“
Bei den Sitzungen der Parteispitzen von SPD, CDU, Grünen und Liberalen am Montag wurde deutlich, dass die Kompromissbereitschaft gewachsen ist. Der Weg zueinander aber bleibt weit. So wird die Union darauf bestehen, auch beim Bürgergeld Sanktionen ab dem ersten Tag möglich zu machen. Die Ampelkoalition sieht bisher eine sechsmonatige „Vertrauenszeit“ vor, in der Langzeitarbeitslose von Sanktionen unbehelligt bleiben sollen. Die Liberalen haben bereits deutlich gemacht, darauf verzichten zu wollen.
Zwischen Ampel und Union umstritten ist auch das beim Bürgergeld vorgesehene Schonvermögen von 60.000 Euro. Denkbarer Kompromiss: Wie viel Schonvermögen die künftigen Bürgergeld-Beziehenden tatsächlich behalten dürfen, wird von der Lebensarbeitszeit abhängig gemacht. Die „absolute Bedingung“ für eine Einigung sei, dass das sogenannte Schonvermögen deutlich reduziert werde und es ausreichend Sanktionsmöglichkeiten gebe, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Montag. Einigen müssen sich Ampel und Union zudem über die Frage, wie großzügig der Wohnraum für die Betroffenen bemessen sein darf.
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VdK: Betroffene können nicht länger warten
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich optimistisch, dass ein Durchbruch im Vermittlungsausschuss in dieser Woche gelingen wird. Er gehe davon aus, dass die „praktische Vernunft“ gewinnen werde, sagte Kühnert.
Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger rief die Ministerpräsidenten der Union zur Kompromissbereitschaft auf. „Es kann kluge Kompromisse geben, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Dann werden sich CDU/CSU aber auch bewegen müssen“, sagte Rehlinger dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Union müsse sich entscheiden, ob sie die Partei dauerhaft über das Land stellen wollen. Die SPD-Politikerin betonte: „Die CDU-Ministerpräsidenten tragen Verantwortung für Millionen Menschen und nicht nur für das CDU-Präsidium.“
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Tafeln können Armut nicht mehr auffangen: „Das kann einem doch nicht egal sein“ Ehrenamtliche Mitarbeiter der „Hannöverschen Tafel“ bereiten die Ausgabe der Lebensmittel vor (Archivfoto).
Energiekrise, Inflation und Corona lassen die Armut in Deutschland wachsen. An den Tafeln ist das bereits zu spüren. Die Wartelisten sind lang, in Hannover wurde gar ein Aufnahmestopp verhängt. Dort steht man vor vielfältigen Problemen: Weniger Lebensmittel und weniger Personal treffen auf mehr Kosten und mehr Bedürftige.
Die Sozialverbände trommeln seit Wochen für das Bürgergeld. Die Präsidentin des VdK, Verena Bentele, drang auf eine schnelle Lösung. „Das Bürgergeld muss zum geplanten Zeitpunkt kommen“, sagte Bentele dem RND. Wer auf Grundsicherung angewiesen sei, könne nicht länger warten. „Darunter sind Alleinerziehende mit ihren Kindern, ältere Menschen oder Beschäftigte im Niedriglohnsektor, die ihr schmales Gehalt aufstocken.“
Bentele appellierte, diese Menschen seien mit der Inflation und den steigenden Kosten schlicht überfordert. Bentele erklärte, dass Menschen, die in „Zeiten des Umbruchs in Not“ gerieten, einen „erleichterten Zugang“ zum Bürgergeld bräuchten, und forderte: „Die Karenzzeiten müssen bleiben. In der Krise ist es wichtig, dass die Wohnkosten zunächst in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Die aufwendige Vermögensprüfung muss unbedingt in dieser Karenzzeit entfallen, um schnell und unbürokratisch helfen zu können.“