Hoher Schuldenberg

Bundesrechnungshof warnt Bundesregierung vor Kontrollverlust über den Haushalt

Christian Lindner

Christian Lindner

Berlin. Vor der heißen Phase der Etatberatungen für 2024 hat der Bundesrechnungshof die Ampelkoalition angesichts von milliardenschweren Schattenhaushalten und neuen Ausgabenwünschen vor einem Kontrollverlust über den Etat gewarnt. „Die Dynamik der Neuverschuldung und ihre Folgen drohen die Tragfähigkeit der Bundesfinanzen und damit auch die staatliche Handlungsfähigkeit ernsthaft zu gefährden“, sagte Präsident Kay Scheller am Mittwoch.

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Er verwies darauf, dass der Bund in den vergangenen drei Jahren Schulden von fast 850 Milliarden Euro vorgesehen habe. Zuvor habe er in über 70 Jahren Schulden von rund 1,3 Billionen Euro angehäuft, wobei darin alle Krisen dieser sieben Jahrzehnte und auch der Wiedervereinigung enthalten seien. Scheller forderte von der Ampel einen Kassensturz und „schmerzhafte“ Entscheidungen, um die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen.

Hohe Belastung durch Zinsen und Tilgung

„Für die enorme Verschuldung zahlt der Bund einen hohen Preis“, mahnte der oberste Rechnungsprüfer. So hätten sich die Kreditkosten durch die gestiegenen Zinsen von 2021 bis 2023 verzehnfacht – von vier auf 40 Milliarden Euro, Tendenz steigend. „Eine Verbesserung ist auf Jahre nicht in Sicht, zumal der Bund sich die günstigen Konditionen nicht langfristig gesichert hat“, kritisierte Scheller.

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Er beklagte zudem, dass die Notlagenkredite erst bis 2061 getilgt werden sollen. Um die Belastung für die folgenden Generationen deutlich zu machen, nannte er ein Beispiel: Ein heute 13-jähriges Kind, das 2028 mit 18 Jahren in das Berufsleben eintrete, zahle bis zu seinem 50. Lebensjahr mit seinen Steuern die Tilgung der in drei Jahren aufgenommenen Krisenkredite plus die darauf entfallenden Zinsen.

90 Prozent gebunden

Laut Scheller sind 90 Prozent des Haushaltes durch Zinsen, Tilgungen sowie gesetzliche Leistungen bereits gebunden. Dadurch werde die Krisenfestigkeit immer geringer, beklagte er. Gleichzeitig bestehe aber ein enormer Modernisierungs- und Nachholbedarf bei Infrastruktur, Verteidigung, Digitalisierung und Klimaschutz sowie bei der Bewältigung des demografischen Wandels.

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Scheller forderte die Koalition auf, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen und neu priorisieren. Insbesondere Finanzhilfen und Subventionen müssten daraufhin kontrolliert werden, ob sie die eigentlich erhoffte Wirkung überhaupt erzielten. Im Mittelpunkt sollten hier klimaschädliche Subventionen beziehungsweise Steuervorteile stehen. Oft werde einfach „ins Blaue hinein“ gefördert, ohne messbare Ziele zu setzen, um den Erfolg messen zu können.

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Da bei Eingriffen „gegebenenfalls erhebliche politische und gesellschaftliche Widerstände von Interessengruppen“ zu erwarten seien, schlugen die Rechnungsprüfer eine pauschale Kürzung oder eine schrittweise Absenkung sämtlicher Subventionen vor. Der Rechnungshof fordert zudem, das Sondervermögen von 200 Milliarden Euro für die Energiepreisbremsen aufzulösen und aus dem normalen Haushalt zu finanzieren.

„Die Flucht in Sondervermögen ist nicht nur intransparent, sondern umgeht die Schuldenregel des Grundgesetzes“, mahnte Scheller. Darüber hinaus verlangte der BRH ein Einfrieren sämtlicher Steuerzuschüsse an die Sozialversicherungen, um dort den „erforderlichen Druck“ für Reformen aufzubauen. „Eine ‚Zeitwende‘ in der Haushaltspolitik erfordert jetzt konsequentes Handeln, anstatt den einfachen Weg zu gehen und die Entscheidungen über Schulden in die Zukunft zu verlagern“, so der Rechnungshof-Chef.

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