„Verdächtiger Zusammenhang“: Transparency zu Lindners Kredit und Grußwort
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Christian Lindner, Vorsitzender der FDP und Bundesfinanzminister, beim traditionellen Dreikönigstreffen seiner Partei.
© Quelle: Bernd Weißbrod/dpa
Berlin. Für die Experten der Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland hat der Vorgang durchaus etwas Verdächtiges: Da bekommt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Kredit über nahezu 3 Millionen Euro für den privaten Kauf einer Immobilie von der Karlsruher BB-Bank, bei der er vor seiner Ministerzeit Vorträge gegen Honorar gehalten hat und in einem Imagefilm aufgetreten war. Und auch als Minister wurde er für die Bank tätig und nahm im vergangenen Sommer ein Videogrußwort zum hundertjährigen Bestehen des Instituts auf – kurz bevor er wohl eine letzte Kredittranche erhielt.
„Kredite in dieser Höhe völlig unerreichbar“
„Für den normalen Hausfinanzierer sind Kredite in der gewährten Höhe völlig unerreichbar, gerade Genossenschaftsbanken wie die BB-Bank agieren bekanntermaßen sehr vorsichtig“, so Wolfgang Jäckle von Transparency. Er begrüßte daher, dass die Generalstaatsanwaltschaft Berlin nun eine Vorprüfung eingeleitet hat, ob ein Anfangsverdacht auf Vorteilsannahme besteht und ob dann gegebenenfalls Antrag auf Aufhebung der Immunität des FDP-Abgeordneten beim Bundestag gestellt wird.
Korruptionsvorwurf um Privatkredit: Finanzminister Lindner weist Verdacht zurück
Der Grund: Lindner soll eine Videorede für die Bank gehalten haben, die seinen Hauskauf finanziert hat.
© Quelle: dpa
„Der Rechtsstaat muss auch und gerade bei einem Minister kritisch hinschauen“, so Jäckle. Das sei ein wichtiger Schritt zur erforderlichen Aufarbeitung der Vorgänge um die in einem „verdächtigen Zusammenhang mit dem Ministergrußwort stehenden Kredite“.
„Werbewirksames Grußwort“
„Sollte sich nun ein Zusammenhang zwischen dem Kredit für die Privatperson Lindner und dem freundlichen, sicherlich sehr werbewirksamen Grußwort des Bundesfinanzministers Lindner herausstellen, werden die Beteiligten in große Bedrängnis geraten“, so die Erwartung der Antikorruptionsorganisation. „Denn dann ginge es tatsächlich um die Frage, ob sie sich wegen des Korruptionsstrafdelikts der Vorteilsannahme und ‑gewährung schuldig gemacht haben“, betonte Jäckle.
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Lindner hatte zuvor betont, sich korrekt verhalten zu haben. „Seine private Immobilienfinanzierung hat Herr Lindner lange vor der Übernahme seines Ministeramtes begonnen. Alle Konditionen waren stets marktüblich“, so sein Anwalt Christian Schertz. Die Gewährung eines kurzen Grußworts zu Jubiläen wie dem hundertjährigen Bestehen einer Bank gehöre zur regulären Amtsführung eines Ministers. „Zwischen beiden Vorgängen besteht keinerlei Zusammenhang“, so der Anwalt. Seine frühere Tätigkeit als Referent bei Kundenveranstaltungen der Bank habe Lindner allen Regeln des Deutschen Bundestages entsprechend regelmäßig gemeldet, transparent gemacht und veröffentlicht. „Deshalb sieht Herr Lindner die heutige Berichterstattung mit Gelassenheit.“
Kubicki fordert Rücktritt
FDP-Vize Wolfgang Kubicki nutzte die Gelegenheit, um mit der Lindner-Verteidigung angesichts der bevorstehenden Abgeordnetenhauswahl in Berlin zugleich Wahlkampf zu machen. Das Vorgehen der Berliner Staatsanwaltschaft sei eine „politische Charakterlosigkeit und eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung sondergleichen, die personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss“, erklärte er am Montag in Berlin.
„Die Berliner Justizsenatorin sollte zurücktreten, mindestens aber die Generalstaatsanwältin entlassen“, forderte der stellvertretende Parteichef. „Dieser bemerkenswerte Vorgang zeigt erneut, dass der Senat von Berlin dabei ist, die Bundeshauptstadt sowohl tatsächlich, als auch moralisch vollständig zu ruinieren“, so der FDP-Politiker, der zugleich Vizepräsident des Bundestags ist.