Fachleute kritisieren mangelndes Tempo

Ein Jahr Ampel: Wo die Koalition in der Digitalpolitik steht

Volker Wissing ist Bundesverkehrs- und Digitalminister.

Volker Wissing ist Bundesverkehrs- und Digitalminister.

Berlin. Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) hat ein großes Ziel: Er will, dass alle Bürgerinnen und Bürger bald in „Unterhose aufs Amt“ können. Nach Vorstellung des Liberalen sollen einige Behördengänge künftig gemütlich mit dem Laptop auf dem Sofa gemacht werden.

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Dafür will die Ampel eine sichere digitale Identität einführen – ein „Leuchtturmprojekt“ der Digitalstrategie, die im Sommer beschlossen wurde. In dem 40-seitigen Papier haben die verschiedenen Ministerien zahlreiche Ziele in allen Bereichen von Cybersicherheit über Gesundheit bis hin zu Mobilität festgeschrieben.

Im Mittelpunkt der Strategie steht der Gigabitausbau

Die Digitalisierung der Abläufe in den Verwaltungen ist einer der Schwerpunkte. Die elektronische Patientenakte, die nach Willen der Ampel künftig von mindestens 80 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten genutzt werden soll, steht ebenfalls in dem Papier. Im Mittelpunkt der Strategie aber steht der Gigabitausbau: Die Hälfte aller Haushalte soll bis 2025 mit einem Glasfaseranschluss versorgt werden. Zu Überprüfung des Fortschritts hat die Koalition einen Beirat aus Mitgliedern quer durch die Gesellschaft eingesetzt.

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Die Pläne sind aus Sicht von Expertinnen und Experten in Ansätzen richtig, doch das Tempo lässt zu wünschen übrig. „Ein Jahr nach ihrer Vereidigung konnte die Ampel ihre digitalpolitischen Ziele nur im Bereich digitaler Infrastruktur deutlich voranbringen“, zog etwa der Verband der Internetwirtschaft Bilanz. Den geplanten Aufbau des Gigabit-Grundbuchs hebt der Verband positiv hervor. Darin soll die Bundesnetzagentur den Fortschritt beim Ausbau gebündelt erfassen. Die anderen Vorhaben hingegen kommen aus Sicht der Internetwirtschaft wegen „unklaren digitalen Zuständigkeiten“ nur schleppend voran.

Das ist eine Kritik, die Wissing oft zu hören bekommt. Die Bundesregierung hat lange um die Kompetenzen gerungen. Zwar ist Wissing offiziell Digitalminister, die Federführung der Vorhaben liegt aber in den jeweiligen Ministerien. So ist Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für digitale Identitäten zuständig, die Digitalisierung der Justiz liegt bei Justizminister Marco Buschmann (FDP). Wirtschaftsminister Robert Habeck hat eine Strategie zur Stärkung von Start-ups auf den Weg gebracht, die den Jungunternehmen unter anderem den Zugang zu Daten erleichtern soll. „Jetzt kommt es auf die Umsetzung an“, sagte auch der Chef des Bundesverbandes Deutscher Start-ups, Christian Miele, dem RND. „Vor allem mit Blick auf den Fachkräftemangel muss es schnell gehen.“ Laut einer Umfrage des Start-up-Verbands hätten neun von zehn Start-ups offene Stellen, insbesondere im IT-Bereich.

Union: „Volker Wissing ist ein König ohne Reich“

Wissing kann lediglich als Koordinator in Erscheinung treten und hat nur wenig Durchsetzungskompetenzen. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Digitalbudget, das dem Liberalen eine gewisse Kontrollmacht gegeben hätte, wurde auf 2024 verschoben. Zum Ärger der Opposition. „Die Zuständigkeiten sind nicht klar verteilt, Volker Wissing ist ein König ohne Reich und hat keine übergreifenden Steuerungskompetenzen“, sagte Unionsfraktionsvize Nadine Schön (CDU) dem RND. „Daher wäre es wichtig gewesen, das Digitalbudget schon jetzt einzuführen und nicht erst 2024″, betonte sie. „Damit hätte er eine Durchgriffsmöglichkeit.“

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Die FDP, die sich die Digitalisierung als eines ihrer Ziele auf die Fahne geschrieben hat, sieht das anders. „Es ist gut, dass wir mit Volker Wissing einen Digitalminister haben, der die Koordination übernimmt und auch mal auf den Tisch hauen kann, wenn mehr geleistet werden muss“, so der digitalpolitische Sprecher, Maximilian Funke-Kaiser, auf RND-Anfrage.

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Gleichwohl mahnte der Liberale alle Häuser zur richtigen Schwerpunktsetzung an. „Jedes Ministerium muss sich über die Wichtigkeit der Digitalisierung im Klaren sein. Sie darf nicht mehr als Nebenthema, sondern muss als Hauptthema behandelt werden“, betonte Funke-Kaiser. Besonders wichtig sei es, die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen voranzutreiben. „Dabei sind aber eben auch alle Seiten in der Pflicht.“ Falls es nicht so kommt, dürfte auch noch in zehn Jahren jeder persönlich im Amt erscheinen müssen.

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