Explodierte Beschaffungskosten: Linke rügt Stromversorger als „Abzockerkartell“
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Ein Stromzähler in einem Haus in Köln.
© Quelle: IMAGO/Manngold
Berlin. Obwohl sich die Großhandelspreise an der Strombörse wieder auf Vorkriegsniveau befinden, erhöhen viele Versorgungsunternehmen massiv die Strompreise für die Endverbraucher – und machen dafür exorbitante angebliche Beschaffungskosten geltend. So zeigen Daten, die die Linksfraktion gesammelt und die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen, Vervielfachungen gegenüber dem Herbst 2021 vor Beginn des Ukraine-Krieges.
Der ostdeutsche Versorger enviaM beziffert in aktuellen Rechnungen an die Stromverbraucher zum Beispiel einen Anstieg der Strombeschaffungskosten von 8,28 Cent auf 28,62 Cent pro Kilowattstunde – ein Plus von 246 Prozent. Auch das Unternehmen Eon verschickte Preiserhöhungen für die Tarife von diesem März an, in denen Beschaffungskosten künftig mit 35,6 Cent pro kWh ausgewiesen werden – von 3,8 Cent/kWh im September 2021.
Wirtschaftsministerium warnt vor Panikkäufen bei Heizungen
Das Bundeswirtschaftsministerium hat angesichts der geplanten Neuregelung bei Heizungen vor Panikkäufen gewarnt.
© Quelle: dpa
Laut Statistischem Bundesamt haben sich die Großhandelspreise für Strom nach ihrem starken Anstieg im Sommer 2022 inzwischen wieder auf dem Niveau des Sommers 2021 normalisiert. Derzeit sind sie weiter rückläufig: Der aktuelle Spotmarktpreis im Sieben-Tage-Durchschnitt ist gegenüber der Vorwoche um 32,34 Euro gesunken, während der 30-Tage-Durchschnitt gegenüber der Vorwoche um 10,49 Euro abnahm.
Scharfe Kritik an dem Vorgehen kommt von der Linksfraktion – die aber zugleich beklagt, dass die Erhöhungen erst durch die Konstruktionsfehler in den Preisbremsen der Bundesregierung ermöglicht worden seien. Dass Stromversorger einen Aufschlag von mehreren hundert Prozent für Beschaffungskosten von ihren Kunden einforderten, sei „hanebüchen“, sagte der Leipziger Bundestagsabgeordnete und Ostbeauftragte der Fraktion, Sören Pellmann, dem RND.
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Sören Pellmann (Die Linke).
© Quelle: Martin Schutt/dpa/Archivbild
Die Großhandelspreise seien längst wieder auf dem Niveau vom Frühjahr 2021, zudem hätten viele Anbieter einen hohen Anteil an Ökostrom, betonte Pellmann. „Die Preispolitik der Energieversorger grenzt an ein Abzockkartell, für das die Bundesregierung den Boden bereitet hat: Jeder kann machen, was er will, lautet die Devise.“
Der Linken-Abgeordnete forderte ein staatliches Eingreifen: „Wir brauchen konsequente staatliche Preiskontrollen“, sagte er. Jedes Energieunternehmen, das Steuergeld haben wolle, sollte sich alle seine Tarife vom Bundeswirtschaftsministerium genehmigen lassen müssen, forderte Pellmann. „Die Versorger müssen darüber verpflichtet werden, die sinkenden Großhandelspreise an die Verbraucher vollumfänglich weiterzugeben.“
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte dagegen zum Start der Preisbremsen am 1. März betont, dass das Instrument nötig sei, auch wenn die Großhandelspreise an den Märkten zuletzt tatsächlich deutlich gesunken seien. Die Gas- und die Strompreisbremse sollten dazu führen, die Preise zu stabilisieren, hatte das Ministerium erklärt. Entwicklungen bei den Großhandelspreisen kämen immer erst nachgelagert beim Endkunden an.