30-Jähriger trägt zahlreiche Verletzungen davon

Im Rahmen der Proteste gegen die Rentenreform: Angreifer verprügeln Großneffen der Macrons

Der französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte.

Der französische Präsident Emmanuel Macron mit seiner Frau Brigitte.

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Paris. Jean-Alexandre Trogneux ist ein diskreter Geschäftsmann aus der nordfranzösischen Stadt Amiens, der nicht öffentlich über Politik sprechen will. Als Neffe der französischen First Lady Brigitte Macron hat er die Erfahrung gemacht, dass ihm das wenig nutzen und eigentlich nur schaden kann. Auch sie hieß mit Mädchennamen Trogneux und dass sie aus einer Familie alteingesessener Schokoladen- und Süßgebäck-Hersteller stammt, ist weithin bekannt. Das machte das Geschäft seit dem politischen Aufstieg ihres Mannes Emmanuel Macron und seiner Wahl zum Präsidenten 2017 immer wieder zur Zielscheibe seiner Gegner. „Ein Graffiti hier, ein Brandsatz dort, zerschlagene Vitrinen und natürlich auch Angriffe in den sozialen Medien“, so der 62-jährige Trogneux.

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Nun ging er an die Öffentlichkeit, weil für ihn die Schwelle des Erträglichen überschritten sei: Im Rahmen einer Demonstration gegen die umstrittene Rentenreform und nach einem Fernsehinterview Macrons am Montagabend verprügelte eine Gruppe Trogneuxs 30-jährigen Sohn Jean-Baptiste, den aktuellen Besitzer des Schokoladengeschäfts, im Zentrum von Amiens. Der Angegriffene trug ein Hämatom, Verletzungen an den Fingern, der Hand, am Knie sowie zwei gebrochene Rippen davon, zählte Jean-Alexandre Trogneux im Fernsehsender BFMTV auf. „Aber es hätte viel schlimmer ausgehen können, wenn unser mutiger Nachbar nicht mit seinen Söhnen heruntergekommen wäre, um die Täter zu vertreiben.“ Der Nachbar habe ihm gesagt, er habe so viel Hass in deren Augen gesehen, dass er dachte, sie würden Jean-Baptiste umbringen. Er sei erschüttert, so der Vater.

Sein Sohn verkaufe Pralinen in der achten Generation und habe mit der Politik von Macron nichts zu tun. Es gebe auch keinerlei finanzielle Verbindungen zu dem berühmten Verwandten. Der Präsident selbst nannte die Vorgänge „absolut inakzeptabel“. Gewalt „hat keinen Platz in der Demokratie und vor allem nicht in der unseren“, so Macron. Seine Frau Brigitte zeigte sich empört über die „Feigheit, Dummheit und Gewalt“ der Täter und drückte ihren Familienmitgliedern ihre „volle Solidarität“ aus. Acht Personen wurden festgenommen. Laut Medienberichten handelte es sich um sieben Männer zwischen 20 und 35 Jahren, von denen sechs polizeibekannt sind, sowie eine 16-jährige Jugendliche.

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Auch Politiker aller Couleur verurteilten den Angriff auf den jungen Mann. Der Abgeordnete der Linkspartei François Ruffin, der wie die Macrons aus Amiens stammt, sprach von „schweren und untragbaren Tatsachen“ und versicherte, er kaufe gerne Macarons, kleine Eiweißgebäckstücke, aus dem Hause Trogneux. Tatsächlich gibt es seit Jahren Boykottaufrufe gegen das Unternehmen.

Macron verteidigt umstrittene Rentenreform bei TV-Ansprache
17.04.2023, Frankreich, Paris: Ein Bild von Monitoren in einem Medienkontrollraum zeigt Emmanuel Macron, Pr�sident von Frankreich, w�hrend einer im Fernsehen �bertragenen Ansprache an die Nation aus dem Elysee-Palast, nachdem er eine Rentenreform unterzeichnet hat. Der franz�sische Pr�sident Emmanuel Macron wandte sich am 15. April zum ersten Mal seit der Unterzeichnung seiner umstrittenen Rentenreform an die Nation und warnte davor, dass die dadurch ausgel�ste politische und soziale Krise noch nicht vorbei sei. Macron unterzeichnete das Gesetz nur wenige Stunden, nachdem das Verfassungsgericht am 14. April die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre best�tigt hatte, woraufhin ihm vorgeworfen wurde, er habe das Gesetz mitten in der Nacht durchgeschmuggelt. Foto: Ludovic Marin/AFP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Gegnerinnen und Gegner der Reform hatten am Montag dazu aufgerufen, während der Rede vor Rathäusern aus Protest auf Töpfe zu schlagen.

Der Vorfall verdeutlicht einmal mehr die angespannte Stimmung in Frankreich, die durch die teils gewaltsamen Proteste gegen Macrons Rentenreform angeheizt wurde. Abgeordnete oder lokale Amtsvertreter erhalten regelmäßig Drohungen, immer wieder wurden Rathäuser oder Wahlkreisbüros beschädigt. Erst vor wenigen Tage ließ der Rücktritt des Bürgermeisters des westfranzösischen Ortes Saint-Brevin-les-Pins, Yannick Morez, das Land aufschrecken, denn er gab auf mit der Begründung, er müsse seine Familie und sich selbst schützen. Unbekannte hatten Ende März einen Brandanschlag auf sein Wohnhaus verübt. Seit Monaten war Morez Zielscheibe der extrem Rechten, da er dem Wunsch der Regierung in Paris zugestimmt hatte, ein Asylbewerberwohnheim in die Nähe einer Grundschule umzusiedeln. Rechtsextreme Gruppen und Parteien hatten Kundgebungen dagegen organisiert und Morez in den sozialen Medien attackiert. Der 62-Jährige beklagte die mangelnde Unterstützung des Staates. Auch nach seinem Rücktritt wird der Bau des Flüchtlingsheims fortgesetzt.

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