Sonderermittler soll Bidens Geheimunterlagen-Affäre untersuchen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/P6FPQ6254RAQRDOFRB7BQW4MAQ.jpg)
US-Präsident Joe Biden während einer Kabinettssitzung im Weißen Haus.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
Washington. In der Affäre um die Lagerung geheimer Regierungsunterlagen in privaten Räumen hat das Team von US-Präsident Joe Biden einen Fehler eingeräumt. Nachdem das Justizministerium in dem Fall am Donnerstag einen Sonderermittler ernannte, teilte Bidens Berater Richard Sauber mit: „Wir sind zuversichtlich, dass eine gründliche Überprüfung ergeben wird, dass diese Dokumente versehentlich verlegt wurden und dass der Präsident und seine Anwälte nach der Entdeckung dieses Fehlers sofort gehandelt haben.“
Mit Blick auf die Einsetzung des Sonderermittlers sagte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre, das Weiße Haus sei nicht vorab darüber informiert worden, sondern habe erst durch die Pressekonferenz von Ressortchef Merrick Garland davon erfahren. Das Ministerium arbeite unabhängig.
Zuvor war bekannt geworden, dass Biden geheime Regierungsdokumente aus seiner Zeit als Vizepräsident auch in seiner Garage aufbewahrt hatte. Nach dem Fund vertraulicher Unterlagen in einem Büro in Washington bestätigte das Weiße Haus am Donnerstag, dass auch in Bidens Haus in Wilmington im US-Staat Delaware eine „kleine Anzahl“ von Unterlagen entdeckt worden sei. Sie lagen demnach in einem Lager in seiner Garage. Ein weiteres Dokument ist demnach in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien entdeckt worden.
Biden: „Meine Corvette ist in einer abgeschlossenen Garage“
Biden selbst hatte die Aufbewahrung der Regierungsunterlagen in seiner Garage am Donnerstagvormittag (Ortszeit). „Meine Corvette ist in einer abgeschlossenen Garage“, sagte Biden am Donnerstag auf den Fund angesprochen. Es sei also nicht so, als hätten die Unterlagen auf der Straße gelegen. Der Präsident ist stolzer Besitzer eines Oldtimers vom Typ Corvette aus dem Jahr 1967, den er nach seinen Angaben einst als Geschenk zu seiner ersten Hochzeit bekam. Ein Journalist hatte gefragt, wie es sein könne, dass Biden geheimes Material neben seiner Corvette aufbewahre.
Biden räumte außerdem ein, dass Verschlusssachen in seiner „persönlichen Bibliothek“ gefunden worden seien. Er kooperiere in dem Fall mit dem Justizministerium. Die Menschen wüssten, dass er den Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen ernst nehme. Biden kündigte an, sich zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher zu den Funden äußern zu wollen - nannte aber keine Details. Der 80-Jährige hielt wenige Minuten, nachdem der zweite Fund bekannt geworden war, eine kurze Ansprache zur Inflation - wurde aber von der anwesenden Presse im Anschluss sofort zu den Geheimdokumenten befragt.
Erst am Montag war öffentlich geworden, dass Biden geheime Unterlagen aus seiner Zeit als US-Vize unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama in seinen privaten Büroräumen im Penn Biden Center in der Hauptstadt Washington aufbewahrt hatte. Diese waren beim Ausräumen des Büro im vergangenen November kurz vor den wichtigen Zwischenwahlen gefunden worden.
Berichte zu neuem Fund liefern Angriffsfläche für US-Präsident Biden
Biden hatte sich als Reaktion auf den bekannt gewordenen Fund überrascht gegeben. Er wisse nicht, wer die Dokumente dorthin gebracht habe oder deren Inhalt.
© Quelle: dpa
Heikle Situation für Biden
Die Situation ist für Biden politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein republikanischer Vorgänger Donald Trump im Sommer für einen Skandal gesorgt. Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Ein Sonderermittler untersucht den Fall, Trump könnte sich strafbar gemacht haben. Der Demokrat Biden hatte das Verhalten seines Vorgängers damals als „unverantwortlich“ gewertet.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/JVCQ3JVSP5H65L37BKEGTZ7V2Q.jpg)
What’s up, America?
Der wöchentliche USA-Newsletter liefert Hintergründe zu den amerikanischen Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Kultur - immer dienstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
In Trumps Fall hat Justizminister Garland bereits einen Sonderermittler eingesetzt. Jack Smith befasst sich zum einen mit den Untersuchungen im Zusammenhang mit geheimen Regierungsdokumenten. Er kümmert sich aber auch um Untersuchungen zur Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. In bestimmten außergewöhnlichen Fällen liege es im öffentlichen Interesse, einen Sonderermittler zu ernennen, der die Untersuchungen unabhängig leite, hatte Garland damals gesagt. Ein bedeutender Grund für die Einsetzung war, dass Trump kurz zuvor eine erneute Präsidentschaftsbewerbung verkündet hatte. Auch Biden hat bisher immer wieder die allgemeine Absicht erklärt, erneut anzutreten.
Trump und Biden: Bei den Fällen gibt es bedeutende Unterschiede
Trump hatte Garlands Vorgehen scharf kritisiert und geht den Sonderermittler Smith immer wieder verbal an. Nach den Enthüllungen über Bidens Umgang mit Geheimunterlagen haben prominente Republikaner in diesem Fall ebenfalls die Einsetzung eines Sonderermittlers gefordert. Die Republikaner hatten Biden und seiner Regierung außerdem vorgeworfen, mit zweierlei Maß zu messen und im Umgang mit Trump zu übertreiben.
Auch wenn sich die Fälle von Trump und Biden auf den ersten Blick sehr ähneln, gibt es bedeutende Unterschiede. Bidens Team hat die Entdeckungen eigenen Angaben zufolge sofort dem Justizministerium gemeldet und die Unterlagen weitergegeben. Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Es versuchte monatelang erfolglos, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Trumps Team hatte dem Nationalarchiv schließlich Dokumente übergeben - aber längst nicht alle, wie sich bei einer Durchsuchung durch die Bundespolizei FBI im August herausstellte.
RND/dpa/AP