Bundestag debattiert über Etat

Haushalt 2023: Dafür gibt der Bund nächstes Jahr Geld aus - ohne Schulden zu machen

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht bei der Zeremonie zur Amtsübergabe im Bundesfinanzministerium. (Archivbild)

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht bei der Zeremonie zur Amtsübergabe im Bundesfinanzministerium. (Archivbild)

Berlin. Im Kampf gegen die horrenden Energiepreise und andere Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine will der Bund im kommenden Jahr wieder milliardenschwere Kredite aufnehmen. Trotzdem greift nach drei Jahren Ausnahmezustand erstmals wieder die Schuldenbremse. Das war eines der wichtigsten Wahlversprechen von FDP-Chef Christian Lindner. Dass er es einhalten kann, verdankt der Finanzminister vor allem der schlechten Konjunktur und der Kreativität seiner Haushaltsexperten.

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Wohl keine Überraschungen

Am Freitag soll der Bundeshaushalt für 2023 im Bundestag beschlossen werden. Bis dahin debattieren die Abgeordneten drei Tage lang Ressort-Etat für Ressort-Etat. Überraschungen wird es wohl keine mehr geben - schließlich haben sich die Haushälter gerade erst in einer 18-stündigen Ausschusssitzung auf letzte Umschichtungen geeinigt.

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Kurz vor Beginn der Debatten verteidigte Lindner seine Pläne. Der Haushalt sei angesichts der Lage solide, sagte Lindner am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. „Ich sehe auch keine politischen Alternativen, also dass jemand zum Beispiel sagt: Wir wollen jetzt nicht die Bürgerinnen und Bürger entlasten, wir wollen keine Strom- und Gaspreisbremse. Das höre ich in der politischen Landschaft nicht.“

Lindner: „Nehme Kritik ernst“

Die Kritik an den Sondervermögen für Investitionen in die Bundeswehr und Energiepreisbremsen nehme er ernst. In der Abwägung habe er sich aber für diesen Weg entscheiden. Zur Erklärung sagte der Minister: „Auf der einen Seite haben wir den Bundeshaushalt, wo die regulären politischen Vorhaben abgebildet sind, die auch nichts mit der Krise zu tun haben.“ Auf der anderen Seite stünden zweckgebundene und befristete Ausgaben etwa zur Bewältigung der Preisspitzen.

„Mir erlaubt das, einen Weg vorzuzeichnen hinsichtlich der Normalisierung unserer Staatsfinanzen. Und ich verantworte, dass es dafür auch Kritik gibt“, sagte Lindner. Die Forderung nach höheren Steuern für Besserverdiener wies der Minister in Zeiten „größter wirtschaftlicher Unsicherheit“ als „gefährlich“ zurück.

Union und AfD: Haushalt ist unglaubwürdig

Für die Opposition hat Lindner mit seinem ersten komplett selbst verantworteten Etat schon jetzt viel Kredit als Finanzminister verspielt - sich also unglaubwürdig gemacht. Denn neben dem normalen Haushalt gibt es riesige Sondertöpfe für wichtige Investitionen. Vom Versprechen Schuldenbremse bleibe in Wahrheit also nicht viel übrig, kritisieren vor allem Union und AfD. Lindner brüste sich zwar immer damit, viele Wünsche seiner Minister-Kollegen zurückzuweisen - echten Sparwillen aber habe er nicht gezeigt.

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Die wichtigsten Eckwerte des Schuldenbremsen-Etats für 2023:

Volumen:

Insgesamt hat der Bundeshaushalt ein geplantes Volumen von 476,29 Milliarden Euro. Das sind rund 20 Milliarden weniger als in diesem Jahr - allerdings gab es da zusätzlich zu Hilfspaketen wegen des Ukraine-Kriegs auch noch höhere Ausgaben zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Den größten Einzeletat hat wie üblich das Arbeitsministerium, vor allem wegen hoher Summen für die Rentenversicherung. An Nummer zwei steht das Verteidigungsministerium.

Schulden:

Nach drei Ausnahmejahren, erst wegen der Pandemie, dann wegen des Kriegs, soll die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder greifen. Das heißt aber nicht, dass der Bund gar keine neuen Kredite aufnehmen kann - und das ist Lindners Glück. Wegen der schlechten Konjunktur sind Schulden von rund 45,6 Milliarden Euro erlaubt. Diesen Spielraum schöpft die Ampel-Koalition komplett aus.

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Bewältigung der Kriegsfolgen:

Große Posten im neuen Haushalt haben mit dem Ukraine-Krieg zu tun. So bewilligten die Abgeordneten gerade mehr Geld für humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und den Kampf gegen den Hunger. Dazu kommen zum Beispiel eine milliardenschwere Wohngeld-Reform, ein Zuschuss zu den Heizkosten für Bedürftige und das 49-Euro-Ticket für den Nahverkehr.

Extra-Hilfe für Familien:

Familien sind häufig besonders von der hohen Inflation betroffen, daher sollen sie auch zusätzlich entlastet werden. Deshalb steigt das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind. Das bedeutet für das erste und zweite Kind ein Plus von 31 Euro und für das dritte Kind ein Plus von 25 Euro im Monat.

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Entlastungen bei der Steuer:

Der Staat verzichtet auf Steuereinnahmen von 18,6 Milliarden Euro, indem er die Inflationsfolgen bei der Einkommensteuer ausgleicht. Dafür steigt der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. Auch andere Eckwerte im Steuertarif werden angepasst. Das Ergebnis: 48 Millionen Bürger müssen im kommenden Jahr weniger Steuern zahlen. Das soll ausgleichen, dass sie wegen der hohen Inflation auch weniger Kaufkraft haben.

Wo sonst noch Geld herkommt:

Lange nicht alle Projekte werden aus dem normalen Haushalt bezahlt. Investitionen in die Bundeswehr, vor allem aber die geplanten Preisbremsen für Gas und Strom kommen schuldenfinanziert aus riesigen Sondertöpfen. Allein die Energiepreisbremsen sollen im kommenden Jahr mehr als 80 Milliarden Euro kosten. Außerdem sind 15,2 Milliarden für die Beteiligung des Staates am angeschlagenen Gasimporteur Uniper vorgesehen. Lindner findet diese Nebenhaushalte ok, denn es gehe um krisenbedingte Ausgaben, die vom regulären Bundeshaushalt getrennt werden sollten.

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Risiko steigende Zinsen:

Der Bund muss für seine Schulden wieder deutlich mehr Zinsen zahlen als in den Vorjahren. Das macht die Haushälter nervös. 10,3 Milliarden Euro haben sie bereits zusätzlich für Zinszahlungen eingeplant. Doch niemand weiß, ob das reicht - und ob Lindners Schuldenbremse dann wirklich zu halten sein wird.

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RND/dpa

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