Kommentar

Bürgergeld mit Balance

Es gibt eine Einigung im Streit um das geplante Bürgergeld.

Es gibt eine Einigung im Streit um das geplante Bürgergeld.

Wenn man in eine Sackgasse gefahren ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als einmal zu wenden und wieder herauszusteuern. Das heutige Hartz-IV-System steckt in einer solchen Sackgasse. Viel zu wenige Langzeitarbeitslose können erfolgreich in neue Jobs vermittelt werden. Zugleich ist Hartz IV ein Stigma für die Betroffenen.

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Es ist also gut, dass die soziale Grundsicherung nun nach 20 Jahren mit dem Bürgergeld neu starten soll. Der Kompromiss, den die Ampelparteien mit der Union ausgehandelt haben, ist glücklicherweise bedeutend besser, als es die polemische Debatte im Vorfeld war.

Bürgergeld: gerecht und angemessen

Noch vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses am Mittwoch präsentierten beide Seiten eine Einigung, die wahrscheinlich gesellschaftliche Akzeptanz finden wird. Ein soziales Sicherungssystem kann nur Anerkennung erlangen, wenn es ein Gleichgewicht hält zwischen den Ansprüchen der Langzeitarbeitslosen und jenen, die ein Arbeitsleben lang Steuern und Sozialabgaben leisten. Ein solches System muss als gerecht und angemessen empfunden werden.

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Dass der ursprüngliche Gesetzentwurf in der Frage der Sanktionen, bei der Höhe des Schonvermögens und der Größe des Wohnraums etwas abgerüstet wurde, wird zum notwendigen Gerechtigkeitsgefühl beitragen. Dass die Ampelparteien zugleich ihren Punkt verteidigen konnten, Langzeitarbeitslosen und insbesondere deren Kindern mehr Geld von kleinen Jobs und Ausbildungsvergütung zu lassen, kann zu einer Arbeitsmarktintegration beitragen. Diese Neuerung entspricht auch dem Prinzip des Förderns und Forderns, was Hartz IV idealtypisch eigentlich immer leisten sollte. In der Praxis ist dies aber oft genug leider nicht gelungen.

Unsplash (@Dillon Shook)

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Sanktionen vom ersten Tag an als ein mögliches Instrument einzusetzen, entspringt übrigens nicht einem Menschenbild, das auf Misstrauen baut. Vielmehr sind die Sanktionsmöglichkeiten nur ein klares Signal dafür, dass jeder Betroffene dazu verpflichtet ist, sich um Ausbildung, Weiterqualifizierung oder einen Job zu bemühen. Da die Hilfen von jenen finanziert werden, die täglich pünktlich zum Job erscheinen, ist das nur fair.

Betroffene können aufatmen

Die vielfach unsachlichen Auseinandersetzungen über das neue Bürgergeld haben leider das Vertrauen in den Sozialstaat erschüttert. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass sich die Ampelparteien und die Union nun bereits vor der offiziellen Sitzung des Vermittlungsausschusses auf einen Kompromiss einigen konnten. Die Betroffenen in Hartz-IV-Bezug können endlich aufatmen. Die dringend notwendige Erhöhung der Bezüge in Zeiten der Inflation ab dem 1. Januar 2023 ist gesichert.

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Das Bürgergeld, wie es nun ausgestaltet werden soll, hat ein gutes Fundament. In der Praxis wird es dennoch schwierig bleiben. Die Jobcenter sind schon heute überlastet. Viele Vermittler haben viel zu viele Arbeitslose in ihrer Datei. Zudem gehen aktuell alle Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine direkt ins Hartz-IV-System beziehungsweise ab Januar ins Bürgergeld. Auch sie müssen über die Jobcenter betreut und nach Möglichkeit vermittelt werden. Auf die Bundesagentur für Arbeit kommen mit dem neuen Wohngeld weitere bürokratische Herausforderungen zu. Es droht eine Überforderung der Jobcenter.

Schon heute ist klar, dass das Bürgergeld spätestens nach zwei Jahren in seiner Wirkung überprüft werden muss. Wie wirken die neuen Hinzuverdienstmöglichkeiten? Sind sie eine Brücke in den Arbeitsmarkt? Funktioniert die Vermittlung in den Arbeitsmarkt nun besser und dauerhaft? Das System wird wahrscheinlich nicht noch einmal grundlegend verändert werden müssen, braucht voraussichtlich aber zielgenauere Instrumente zur Betreuung und Vermittlung der Betroffenen.

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