Warum ukrainische Athleten eine große Rolle im Krieg gegen Russland spielen
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Ukrainische Sportlerinnen und Sportler nehmen trotz des Krieges gegen Russland an Sportwettkämpfen teil, wie hier beim Bobrennen bei der Olympiade 2022. (Archivbild)
© Quelle: picture alliance/dpa
Kiew. Sportminister Wadym Hutzajt hat die besondere Rolle der ukrainischen Athletinnen und Athleten im Krieg in seinem Heimatland hervorgehoben. „Ich bin stolz auf jeden Einzelnen. Weil sie trainieren und antreten, während Raketen auf uns niedergehen, unsere Städte bombardiert werden, ihre Mütter und Väter sterben, sie ihre Häuser oder Wohnungen verlieren, ihr Zuhause verlieren. Sie zeigen allen, dass wir eine starke Nation sind“, sagte Hutzajt der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag). An diesem Donnerstag jährt sich der Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zum ersten Mal.
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Der Sport sei für die Ukraine ein „treibender Faktor“, sagte Hutzajt, der gleichzeitig Chef des Nationalen Olympischen Komitees der Ukraine ist. „All unsere Athleten treten in den ukrainischen Farben an, sie stehen auf den Podesten mit unserer Flagge in den Händen. Die ganze Welt soll sehen, dass die Ukraine war, ist und auch weiterhin sein wird“, sagte er. Die Sportlerinnen und Sportler teilten der Welt mit, was in der Ukraine geschehe und wehrten sich gegen die Propaganda. „Deswegen ist es so wichtig, dass unsere Athleten überall vertreten sind.“
Für die Zukunft des ukrainischen Sports erwartet der Minister durch den Krieg scharfe Einschnitte. „Viele Familien, viele Mütter mit ihren Kindern sind geflohen. Der Nachwuchs hat die Heimat verlassen“, sagte Hutzajt. Er rechne damit, dass viele Kinder nicht zurückkehrten. „Wir verlieren wenigstens eine Generation Menschen und damit Athleten. Das wird sich schon bei den Olympischen Sommerspielen 2028 auswirken, 2032 und 2036 erst recht“, sagte er. Insgesamt seien im Krieg 231 ukrainische Athleten getötet worden. „35 Athleten befinden sich in Gefangenschaft, 3000 aktive Sportler kämpfen direkt an der Front.“
Sportler stärken Moral der ukrainischen Bevölkerung
Aus Sicht des Sportsoziologen Jan Haut könnten ukrainische Sportlerinnen und Sportler jedoch die Moral der Bevölkerung im Krieg stärken und eine wichtige Rolle für die politische Führung des Landes übernehmen. „Wenn Sportler sich aktiv an Kämpfen beteiligen, erhöht das sicher ihre Glaubwürdigkeit. Es zeigt, dass sie ‚einer von uns‘ sind, also auch die Sorgen und Probleme der Bevölkerung teilen“, sagte der Forscher von der Uni Wuppertal der Deutschen Presse-Agentur.
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Die Mannschaft aus der Ukraine mit den Fahnenträger Alexandra Nazarova und Oleksandr Abramenko zieht bei den Olympischen Spielen 2022 ins Stadion ein.
© Quelle: picture alliance/dpa
Er hält es für möglich, dass „sportliche Erfolge auch bei Teilen der Bevölkerung den Glauben an die eigenen Fähigkeiten außerhalb des Sports, vielleicht auch die militärischen“ stärken können. Dabei gebe es aber auch Menschen, die nach Ansicht von Haut möglicherweise denken, dass es angesichts des russischen Angriffskriegs „andere Sorgen als den Sport“ gebe.
Dennoch könne das Mitfiebern bei Sportveranstaltungen eine Ablenkung sein. „Man kann das Leid und die Härten des Alltags im Krieg vielleicht für eine Weile vergessen, Abwechslung und Freude erleben“, sagte Haut.
Ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 dauert der Krieg mit weitreichenden Folgen auch für Spitzensportler an. Athleten wie Ex-Tennisprofi Sergej Stachowski, Ex-Biathlon-Weltmeister Dmytro Pidrutschnji und Ex-Fußballer Igor Belanow, 1986 Gewinner des Ballon d‘Or, kämpften im Krieg. Unter anderem der Biathlet Jewhen Malyschew, die Fußballprofis Witali Sapylo sowie Dimitri Martynenko und der Kampfsportler Alexei Yanin starben bei den Gefechten.
RND/dpa