Streit um Vorfall in Stockholm

Erdogans Nein zu Schwedens Nato-Beitritt: Stecken russische Drahtzieher hinter der Koranverbrennung?

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei (Archivbild).

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei (Archivbild).

Ankara. Die Türkei hat erstmals ihre Bereitschaft angedeutet, in der Debatte über die Nato-Nord­erweiterung ein Zugeständnis zu machen. In einer vom Fernsehen übertragenen Rede vor Jugendlichen ließ Präsident Erdogan am Sonntag­abend durchblicken, man könne die Kandidatur Finnlands getrennt von der Schwedens behandeln: „Wenn nötig, können wir eine andere Botschaft über Finnland geben“, sagte Erdogan.

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Gegenüber Schweden bleibt Erdogan aber bei seinem Nein. Er verlangt von der schwedischen Regierung die Auslieferung von etwa 120 „Terroristen“. Auf der Liste stehen zahlreiche türkische Regierungs­kritiker und Bürger­rechtler, die in den vergangenen Jahren in Schweden Zuflucht vor politischer Verfolgung suchten.

Die Fronten zwischen Schweden und der Türkei haben sich weiter verhärtet, seit ein rechtsextremer Aktivist vor zehn Tagen nahe der türkischen Botschaft in Stockholm einen Koran verbrannte. Zuvor hatten Demonstranten in der Nähe des Stockholmer Rathauses eine Puppe mit Erdogan-Gesichtszügen kopfüber aufgehängt. Der türkische Staatschef erklärte daraufhin, Schweden könne nicht mehr mit der Unterstützung seines Landes rechnen.

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Schweden und Finnland hatten im vergangenen Frühjahr unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine gemeinsame Anträge auf Nato-Mitgliedschaft gestellt. Einer Aufnahme müssen alle 30 Staaten der Allianz zustimmen. Zwei Ratifizierungen stehen noch aus. Das Parlament in Ungarn soll im Februar abstimmen. Einzig die Türkei legt sich quer.

Erdogan warnt Finnland, dieselben Fehler zu begehen wie Schweden

Mit Finnland hat Erdogan offenbar weniger Probleme. Vergangene Woche deutete der finnische Außenminister Pekka Haavisto die Möglichkeit eines Nato-Beitritts ohne Schweden an. Später relativierte Haavisto das etwas und erklärte, ein gemeinsamer Beitritt der beiden Länder bleibe die „erste Option“. Militärexperten sagen, eine Aufnahme Schwedens in die Nato sei wichtig, da nur dann die Allianz Finnland im Fall eines russischen Angriffs wirksam verteidigen könne. Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland. Auch bei einem möglichen russischen Angriff auf die baltischen Staaten käme Schweden eine Schlüsselrolle zu.

Am Sonntagabend warnte Erdogan Finnland, es dürfe „nicht die gleichen Fehler wie Schweden machen“. In seiner Rede ging der türkische Staatschef auch auf sein Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin ein. Die Türkei beteiligt sich als einziges Nato-Land nicht an den Sanktionen des Westens gegen Russland. Seine Beziehungen zu Putin seien von „gegenseitigem Vertrauen“, „Achtung“ und „Ehrlichkeit“ geprägt, sagte Erdogan. Dass er jetzt im Zusammenhang mit Schweden auf Putin zu sprechen kommt, ist möglicherweise kein Zufall. So groß die in Ankara öffentlich zur Schau getragene Empörung über die Koran­verbrennung in Stockholm auch ist, spielt die Aktion Erdogan in die Karten, weil sie ihm ein weiteres Argument für seine Blockade des schwedischen Nato-Beitritts liefert. Davon profitiert Russland.

Jetzt gibt es Anhalts­punkte dafür, dass es bei der Koranverbrennung möglicherweise russische Drahtzieher gab. Hauptakteur war der rechts­extreme Aktivist Rasmus Paludan. Er besitzt die schwedische und die dänische Staats­angehörigkeit. Schwedischen Medienberichten zufolge hatte aber ein Journalist mit früheren Verbindungen zum Kreml-TV-Kanal Russia Today (RT) bei den Behörden die Genehmigung für die Aktion beantragt.

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Auch der finnische Außenminister Haavisto sprach davon, man ermittle wegen „bestimmter Verbindungen“ Paludans. Haavisto sagte in einem Interview des TV-Senders YLE, der Vorfall werfe die Frage auf, „ob eine dritte Partei, zum Beispiel Russland, versucht, Zwietracht zu stiften und zu provozieren“. Es gebe „innerhalb und außerhalb Schwedens Kräfte, die einen Beitritt des Landes zur Nato verhindern wollen“, sagte der finnische Außenminister.

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