Besorgte Stimmung im Vatikan

Papst Franziskus: „Das ist ein trauriges Weihnachten, ein Kriegsweihnachten“

Papst Franziskus ist angesichts des Kriegs nicht in Festtagsstimmung.

Papst Franziskus ist angesichts des Kriegs nicht in Festtagsstimmung.

Rom. Immerhin: Ein schönes, vorgezogenes Weihnachtsgeschenk hat Franziskus bereits erhalten: Lionel Messi und seine Mannschaftskollegen haben ihrem Land und damit auch dem Papst aus Argentinien am Sonntag den dritten Weltmeistertitel geschenkt. Der 86-jährige Pontifex ist ein großer Fußballfan; als Kind hatte er mit seinem Vater und seiner Mutter im Stadion seines Lieblingsvereins in Buenos Aires, Atlético San Lorenzo de Almagro, jedes Spiel besucht. Er hatte sogar eine Mitgliederkarte des Vereins. Das WM-Finale vom 18. Dezember hat sich der Papst aber nicht angeschaut – ganz einfach deswegen, weil er seit Jahren nicht mehr fernsieht. „Das TV ist nichts für mich“, hat er einmal gesagt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der WM-Pokal seines Heimatlandes war in diesen vorweihnachtlichen Tagen aber der einzige Lichtblick gewesen für Franziskus. Der Krieg in der Ukraine – aber auch die Kriege im Jemen, Myanmar und einigen afrikanischen Ländern – bewegen und erschüttern den Papst zutiefst. Seit Beginn der Invasion Russlands im Februar kommt der katholische Oberhirte bei jeder Messe, bei jeder Generalaudienz und jeder anderen Ansprache auf das Blutvergießen in Europa zurück. In diesen Tagen ist von ihm sogar eine „Enzyklika über den Frieden in der Ukraine“ erschienen, in denen seine Äußerungen zum Krieg gesammelt sind.

+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Daneben läuft die vatikanische Diplomatie auf Hochtouren – der Papst hatte schon wenige Tage nach Kriegsbeginn mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill telefoniert und seine persönlichen Vermittlerdienste angeboten – alles vergeblich. Und so geht der „dritte Weltkrieg auf Raten“, weiter.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
ARCHIV - 20.11.2021, Russland, Moskau: Kirill I., Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche, steht während einer Zeremonie zur Verleihung des Andreas-Ordens im Kreml. (Zu dpa «Papst fordert gemeinsame Friedensarbeit von Moskauer Patriarch Kirill n») Foto: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wie tickt Putins heiliger Krieger?

Der Moskauer Patriarch Kyrill I. steht fest an der Seite des Kriegsherrn im Kreml. Doch wie viel Macht hat die russisch-orthodoxe Kirche wirklich?

„Das wird ein trauriges Weihnachten, ein Kriegsweihnachten“, sagte Franziskus am vergangenen Sonntag in einem langen TV-Interview. Es war im vatikanischen Pilgerheim Santa Marta, wo der Papst wohnt, aufgezeichnet und dann vom italienischen Sender Canale 5 ausgestrahlt worden. In dem Gespräch appellierte Franziskus erneut an die Gläubigen, beim Kauf der Geschenke Zurückhaltung zu üben: „Es gibt Menschen, die an Hunger sterben. Bitte habt ein großes Herz und kauft nicht ein, als wäre alles normal.“

Plädoyer für ein sparsames Weihnachten

Zuvor hatte der Papst vorgeschlagen, das Geld, das man bei den Geschenken spare, für die Menschen in der Ukraine zu spenden. Der Papst erinnerte an das entsetzliche Leiden der Menschen in der Ukraine, vor allem an jenes der Kinder: „Ich habe seit Kriegsbeginn viele Kinder aus der Ukraine empfangen, die an die Audienzen mitgebracht wurden: Keines von ihnen lächelt, keines. Sie grüßen, aber sie schaffen es nicht zu lächeln. Wer weiß, was diese Kinder gesehen haben“, erklärte Franziskus bewegt.

Und der 86-Jährige beklagte einmal mehr Teilnahmslosigkeit und Abgestumpftheit: „Es fehlt uns heute die Gabe, über diese Grausamkeiten zu weinen. Aber ich sage: Lasst uns keine Angst haben, und weinen wir ein wenig. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, wegzusehen.“ Schließlich erzählte der Papst auch noch, wie er als Kind mit seiner Familie selber Weihnachten gefeiert habe. „Bei uns hat es in der Weihnachtszeit eine einfache Krippe gegeben, mit Gipsfiguren, aber hübsch hergerichtet und mit etwas Gras für die Kamele.“ Einen Weihnachtsbaum habe es daheim nicht gegeben, alles habe sich um die Krippe gedreht, und am schönsten sei es gewesen, nach der mitternächtlichen Weihnachtsmesse nach Hause zu kommen und das Jesuskind in die Krippe zu legen. „Eine sehr einfache Sache, wir waren eine sehr einfache Familie, wir waren nicht reich“, berichtete Franziskus.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Gottesdienste im Vatikan finden wie üblich statt

Wahrscheinlich ist das in etwa die Art der Feier, die der Papst meint, wenn er von einem zurückhaltenden und maßvollen Weihnachten spricht. Trotz des „Wahnsinns des Kriegs“ wird Papst Franziskus in den Weihnachts- und Neujahrstagen alle üblichen liturgischen Termine im Vatikan wahrnehmen, wie der Vatikan am Mittwoch mitgeteilt hat. Voraussichtlich wird Franziskus wegen seiner anhaltenden Knieprobleme jedoch nicht alle großen Gottesdienste selbst feiern, sondern ihnen lediglich „vorstehen“, wie es im vatikanischen Programm heißt. Am 24. Dezember ist die Weihnachtsmesse in St. Peter auf 19.30 Uhr angesetzt worden; am Tag darauf, dem ersten Weihnachtstag, erteilt Franziskus um 12 Uhr auf der mittleren Loggia des Petersdoms wie jedes Jahr den feierlichen Segen Urbi et orbi.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken