Milliardendefizit in der Pflege: Lauterbach erwägt Aussetzung des Vorsorgefonds
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Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit
© Quelle: Carsten Koall/dpa
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwägt, die defizitäre Pflegeversicherung durch eine Aussetzung des Pflegevorsorgefonds zu stabilisieren, der eigentlich zur Abfederung des demografischen Wandels eingerichtet worden war. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) ist in der Ampelkoalition im Gespräch, einmalig auf die jährliche Einzahlung in die Rücklage in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro zu verzichten und das Geld zur Deckung der bestehenden Finanzlücke in Milliardenhöhe zu verwenden.
Damit könne eine Beitragsanhebung zum Jahreswechsel verhindert werden, hieß es. Die Finanzmittel reichten dann bis zu der für den Sommer 2023 geplanten umfassenden Reform der Pflegeversicherung. Die erforderliche Gesetzesänderung soll den Überlegungen zufolge an das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz angehängt werden, das aktuell im Bundestag beraten wird und in dem es eigentlich um Verbesserungen in der Krankenpflege geht.
10 Milliarden Euro Einzahlungen seit 2015
Der Vorsorgefonds war 2015 in der Zeit der großen Koalition auf Druck der Union eingerichtet worden. Jährlich werden 0,1 Prozentpunkte der Beitragseinnahmen angelegt, um ab 2034 den Beitrag zu stabilisieren. In dieser Zeit werden voraussichtlich viele der Babyboomer pflegebedürftig. Derzeit liegen in dem Fonds, der von der Bundesbank verwaltet wird, rund 10 Milliarden Euro. Die Aussetzung des Vorsorgefonds hatte die Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, vor einigen Wochen ins Gespräch gebracht.
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Aktuell wird die Zahlungsunfähigkeit der gesetzlichen Pflegeversicherung durch kurzfristige Darlehen des Bundes verhindert. Zum Jahresende wird ein Defizit von rund 2,5 Milliarden Euro erwartet. Im kommenden Jahr könnte das Loch sogar auf mehr als 5 Milliarden Euro anwachsen. Gesundheitsminister Lauterbach hatte angekündigt, im kommenden Sommer eine umfassende Pflegereform folgen zu lassen. Dabei muss auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden, das eine Entlastung von Eltern gefordert hatte.
Der Patientenschützer Eugen Brysch übte scharfe Kritik. „Finger weg vom Pflegevorsorgefonds, Karl Lauterbach“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz dem RND. „Diese wichtige Sozialversicherung muss zukunftsfähig und generationsgerecht gemacht werden. Der Fonds ist der erste und einzige Ansatz.“ Der Gesundheitsminister wolle alles über Bord werfen. „Damit bekommen die Kritiker recht. Es ist immer schlecht, wenn der Hund den Wurstsalat bewachen soll“, mahnte er.
Kritik kam auch vom Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV), Florian Reuther. „Die Überlegungen zum Aussetzen des Pflegefonds zeigen einmal mehr: Der Staat und die Sozialversicherungen können keine langfristige und verlässliche Vorsorge betreiben“, sagte Reuther dem RND. „Das geht zu Lasten der jungen Generation, die mit diesem Fonds eigentlich entlastet werden soll.“