Nato-Chef Stoltenberg: „Putin bereitet sich nicht auf Frieden vor“ – Nato führt „eine Art Logistikschlacht“
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Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, vor dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister am 14. und 15. Februar im Hauptquartier der Nato.
© Quelle: Olivier Matthys/AP/dpa
Brüssel/Berlin. Kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sieht die Nato keine Anzeichen, dass Moskau Frieden schließen will. „Putin bereitet sich nicht auf den Frieden vor, er will die Ukraine nach wie vor unter seine Kontrolle bringen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag in Brüssel. Bevor Russland demnächst seine Offensive möglicherweise verstärke, müssten so schnell wie möglich Munition, Treibstoff und Ersatzteile für Waffensysteme in die Ukraine geliefert werden, appellierte der Norweger. Darüber wollen die Verteidigungsminister der 30 Nato-Staaten am Dienstag und Mittwoch in Brüssel beraten.
Nach den Worten des Nato-Generalsekretärs erhöhe die russische Armee derzeit den militärischen Druck auf die ukrainischen Streitkräfte. Dabei versuche Putin, die fehlende Qualität seiner Truppen durch Quantität zu ersetzen. Das habe viele Todesopfer zur Folge. Stoltenberg wolle allerdings nicht spekulieren, ob Putin am ersten Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar eine Großoffensive starten werde.
„Wir befinden uns in einer Art Logistikschlacht“
Die Nato stehe vor einem großen Problem, sagte Stoltenberg. Einerseits verbrauche die Ukraine gewaltige Mengen an Munition, andererseits leerten sich die Munitionslager in den Nato-Staaten in hohem Tempo. Die USA zum Beispiel greifen bereits auf Munition in Lagern in Israel und Südkorea zurück. „Wir befinden uns in einer Art Logistikschlacht“, sagte Stoltenberg: „Jeder Tag zählt. Geschwindigkeit rettet Leben.“
Die Rüstungsindustrie in den Nato-Staaten komme derzeit mit der Produktion nicht mehr nach. Die Bestellzeiten für manche Artilleriegeschosse hätten sich von 12 Monaten auf 28 Monate mehr als verdoppelt. „Was heute bestellt wird, kann erst in knapp zweieinhalb Jahren geliefert werden“, sagte Stoltenberg. Deswegen müsse die Produktion dringend angekurbelt werden. Mit der Industrie müssten Verträge geschlossen werden, damit die Rüstungsunternehmen eine verlässliche Grundlage für Investitionen bekämen. Die USA, Frankreich und Norwegen hätten bereits langfristige Verträge unterschrieben. Andere Nato-Staaten müssten folgen, appellierte Stoltenberg.
Russland startet erneute Großoffensive gegen die Ukraine
Es sei der schwerste Luftangriff auf Saporischschja seit Beginn der russischen Invasion vor knapp einem Jahr gewesen.
© Quelle: Reuters
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Wird Deutschland jetzt Kriegspartei?
Seit dem Leopard‑2-Beschluss wachsen in Deutschland eine neue Beklommenheit und eine neue Begriffsverwirrung. Liegt darin schon eine Kriegserklärung an Russland? Völkerrechtlich lautet die kurze Antwort: nein. Die UN-Charta würde sogar noch weiter gehende Militärhilfen für die angegriffene Ukraine zulassen – auch Flugzeuge, Raketen und Schiffe.
Stoltenberg schließt Lieferung von Kampfjets nicht aus
Die Bundesregierung möchte mit anderen Ländern kooperieren, um Rüstungsmaterial gemeinsam zu beschaffen. Wie es in Koalitionskreisen heißt, müsse sich eine erhöhte Produktion für die Rüstungsindustrie lohnen. Auch sollen zumindest nach dem Willen der SPD Rüstungsexportbeschränkungen dort gelockert werden, wo Waffensysteme mit europäischen Partnern gemeinsam entwickelt und produziert werden.
Bei ihrem Treffen in Brüssel werden die Nato-Verteidigungsminister auch über Kampfjets für die Ukraine beraten. Stoltenberg schloss eine Lieferung nicht aus. „Die Unterstützung für die Ukraine hat sich ebenso entwickelt wie der Krieg selbst“, sagte der Norweger. Jetzt werde auch über Flugzeuge diskutiert. Der Nato-Generalsekretär verwies allerdings darauf, dass nicht das Bündnis selbst, sondern einzelne Mitgliedsstaaten Flugzeuge liefern würden. Sollte das geschehen, würde die Nato nicht zu einer Konfliktpartei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt eine Lieferung von Kampfflugzeugen ausgeschlossen.