Immer wieder Abstürze in der Ukraine

Russen ziehen Kampfjets an der Grenze zusammen: Wie stark ist Russlands Luftwaffe wirklich?

Russische Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29SMT fliegen in Form des Buchstabens Z, der zum Symbol des russischen Militärs geworden ist, während einer Generalprobe für die Militärparade zum Tag des Sieges im Mai 2022 über den Roten Platz.

Russische Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29SMT fliegen in Form des Buchstabens Z, der zum Symbol des russischen Militärs geworden ist, während einer Generalprobe für die Militärparade zum Tag des Sieges im Mai 2022 über den Roten Platz.

Russlands brutaler Krieg gegen die Ukraine wird auch am Himmel geführt. Mit Drohnen und Raketen greift die russische Armee ukrainische Ziele an, die Ukraine schießt den Großteil davon mit eigenen Raketen ab und führt selbst Drohnen­angriffe durch. „Russische Kampfflugzeuge blieben während des gesamten Krieges hochwirksam und tödlich gegen ukrainische Flugzeuge in Frontnähe“, erklären die Militärexperten des britischen Rusi-Thinktanks in einer Analyse (PDF). In den ersten Wochen des Angriffs konnten die Russen das ukrainische Luftverteidigungssystem mit Störsendern und Täuschungsmanövern effektiv stören. Ukrainische Radaranlagen im ganzen Land sind von den Russen schnell zerstört worden, doch die ukrainischen Streitkräfte konnten diese immer wieder reparieren.

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Die russische Armee hatte jedoch gerade zu Beginn der Invasion große Defizite in der Kommunikation. „Sie operierten unter sehr restriktiven Einsatzregeln, die sie anwiesen, alles, was fliegt, als russisch zu betrachten.“ So überrascht es nicht, dass die Russen in den ersten anderthalb Wochen auch eigene Kampfflugzeuge abgeschossen haben. „Es waren vielleicht keine zweistelligen Zahlen, aber mehr als ein oder zwei“, wird ein ehemaliger hochrangiger US-Beamter in der „Financial Times“ zitiert.

Wolodymyr Selenskyj: Will das russische System vor Gericht bringen
February 27, 2023, Kyiv, Kyiv Oblast, Ukraine: Ukrainian President Volodymyr Zelenskyy during a face-to-face meeting with U.S Treasury Secretary Janet Yellen at the Mariinsky Palace, February 27, 2023 in Kyiv, Ukraine. Kyiv Ukraine - ZUMAp138 20230227_zaa_p138_008 Copyright: xPoolx/UkrainianxPresidentiax

„Wir werden dieses gesamte russische völkermörderische System – von den Rädchen bis zu den Architekten – zerschlagen und vor Gericht bringen“, sagte Selenskyj.

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Nach einem Jahr Krieg in der Ukraine steht fest, dass die Verluste der russischen Luftwaffe in den ersten Monaten so groß wie zu keinem späteren Zeitpunkt waren. „Russland verlor im Jahr 2022 etwa 6 bis 8 Prozent seines Bestands an aktiven taktischen Kampfflugzeugen“, so die Bilanz des International Institute for Strategic Studies (IISS). Die Zahl der tatsächlich kampffähigen Flugzeuge beziffert das IISS auf 1153, darunter 76 Kampfbomber. Zum Vergleich: Die Verluste auf Seiten der Ukraine werden auf 50 Prozent geschätzt, die Zahl der Kampfflugzeuge lag zu Beginn des russischen Angriffs bei rund 125.

Wie lassen sich die hohen Verluste in der Anfangszeit und die geringeren Verluste in den folgenden Monaten erklären? Rund 140 Einsätze sind die russischen Kampfjets in den ersten Kriegswochen jeden Tag geflogen, so die Rusi-Fachleute. Ihr Ziel in den ersten drei Tagen: das ukrainische Luftverteidigungssystem ausschalten. Mehr als 100 Ziele seien getroffen worden. Doch die russischen Streitkräfte haben es bis heute zu keinem Zeitpunkt geschafft, die Flugabwehr der Ukraine auszuschalten und so die Luftüberlegenheit zu erlangen.

„Viele Einheiten hatten keine Verschlüsselungs­codes ausgetauscht, und es fehlte an ausgebildeten Funkern“, so die Fachleute. In einigen Funkgeräten steckten zudem billige chinesische Bauteile, mit denen keine militärische Verschlüsselung möglich war. Die ukrainische Armee konnte daher die russischen Funksprüche abhören, Angriffe abwehren und die Kommunikation zwischen den russischen Kampfpiloten mit den Bodentruppen stören. In der ersten Märzwoche, also nur wenige Tage nach Beginn der Invasion, konnte die Ukraine daher den russischen Kampfjets erhebliche Verluste zufügen.

Seit diesen empfindlichen Rückschlägen hat Russland versucht, vermehrt aus dem russischen und belarussischen Luftraum zu operieren. Auch von der Krim und von Schiffen sind Raketen abgefeuert worden. Die Russen haben Ziele aus großer Distanz mit Langstreckenraketen ins Visier genommen oder auf günstige, unbemannte Drohnen gesetzt, die sich leicht ersetzen lassen.

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Doch es wäre fatal, die russische Luftwaffe zu unterschätzen, warnt die US-Regierung. „Wir wissen, dass Russland eine beträchtliche Anzahl von Flugzeugen in seinem Bestand hat und noch viel Kapazität übrig hat“, sagte US-Verteidigungs­minister Lloyd Austin im Februar 2023 in Brüssel. Trotz der Vielzahl russischer Kampfjets beherrscht Russland jedoch nicht den Himmel über der Ukraine. Das liegt auch am geschickten Einsatz von Flugabwehrmitteln, wie den schultergestützten Abfangraketen Manpads und den Gepard-Flugabwehrpanzern aus Deutschland und der detaillierten Aufklärung mit Echtzeit­informationen der Nato.

Viele Verluste der russischen Luftwaffe in der Ukraine sind auch auf Unfälle zurückzuführen. Erst in der vergangenen Woche ist ein russischer Pilot wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt beim Absturz tödlich verunglückt. Nach offiziellen Angaben sei eine technische Störung der Grund für den Flugzeugabsturz. Doch diese Fälle häufen sich in den letzten Monaten.

Neben technischen Mängeln kommt auch in Betracht, dass die Anzahl der Trainingsstunden russischer Kampfpiloten in der Ausbildung viel geringer ist als in westlichen Ländern. Zu Beginn des Krieges standen Russland laut Beobachtern weniger als 100 voll ausgebildete Kampfpiloten zur Verfügung. Diesen Mangel an erfahrenen Piloten versuchte man auszugleichen, indem Ausbildungs­offiziere der Luftwaffe an der Front eingesetzt wurden. Außerdem sorgt die schlechte Ausstattung bei der Luftwaffe immer wieder für Kritik.

Inzwischen kommt noch ein weiterer Faktor dazu, der russische Luftangriffe ausbremst: Den Russen mangelt es an modernen Raketen, die von den Kampfflugzeugen verschossen werden können. Dazu zählen unter anderem Marschflugkörper vom Typ Ch-101. Die russische Armee verschießt laut dem ukrainischen Geheimdienst mehr Marschflugkörper als in den russischen Fabriken hergestellt werden. „Russland kann jetzt nicht mehr als 30 bis 40 Raketen pro Monat produzieren“, so der Geheimdienst.

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Hinzu kommt, dass Ersatzteile für die Wartung der sich andauernd im Einsatz befindlichen Kampfflugzeuge und Hubschrauber knapp sind. Aufgrund der westlichen Sanktionen ist es für Russland schwieriger geworden, an Hightechbauteile zu gelangen. Schwieriger, aber nicht unmöglich: Das „Wall Street Journal“ (WSJ) berichtet, dass China seit Kriegsbeginn große Mengen an militärischen Bauteilen für die Luftfahrt nach Russland exportiert hat. Im Oktober sollen es beispielsweise Teile für das Kampfflugzeug Su-35 gewesen sein, von dem die russische Luftwaffe etwa 100 Stück besitzen soll. Ebenfalls sollen Ersatzteile für den Militärhubschrauber Mi-17 aus China nach Russland gebracht worden sein.

Nun beobachten westliche Geheimdienste, dass Russland Kampfjets und Hubschrauber nahe der ukrainischen Grenze zusammenzieht. Die Ukraine bittet nun umso dringender um mehr Munition und zusätzliche Mittel zur Flugabwehr.

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