Besuch in London

Selenskyj bittet Großbritannien um Kampfjets für die Ukraine – Sunak lässt Verfügbarkeit prüfen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gast bei Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gast bei Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak.

London. „In Großbritannien ist der König ein Kampfpilot, in der Ukraine ist heute jeder Kampfpilot ein König“: Um was es dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei seinem Überraschungsbesuch im Vereinigten Königreich am Mittwoch vor allem gegangen sein dürfte, hob er sich für den Schluss seiner Rede im Parlament in London auf.

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Vor Hunderten Parlamentariern in der altehrwürdigen Westminster Hall dankte Selenkskyj - wie gewohnt im olivgrünen Pullover - den Briten und ihrer Regierung für die Unterstützung. Diese sei vom ersten Tag der Invasion an dagewesen, betonte er - und erntete großen Applaus.

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Sunak nimmt Selenskyj am Flughafen in Empfang

Zuvor hatte Premier Rishi Sunak es sich nicht nehmen lassen, zum Londoner Flughafen Stansted zu fahren und Selenskyj persönlich auf britischem Boden zu begrüßen. Arm in Arm, wie enge Freunde, begann das Treffen der Verbündeten auf dem Rollfeld. Später wurde Selenskyj von König Charles III. im Buckingham-Palast empfangen. Auch ein Besuch ukrainischer Soldaten, die von der britischen Armee ausgebildet werden, stand auf dem Programm.

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Großbritannien gilt als einer der engsten Unterstützer Kiews im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg und ist nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft auf Platz zwei der wichtigsten Waffenlieferanten für die Ukraine nach den USA. Immer wieder war es London, das mit der Lieferung neuer Waffengattungen vorpreschte - zuletzt mit seinen Challenger-2-Kampfpanzern. Die Vorreiterrolle hatte andere Verbündete, nicht zuletzt Deutschland, unter Druck gesetzt.

Ukrainischer Präsident Selenskyj reist überraschend nach Großbritannien
08.02.2023, Großbritannien, London: Wolodymyr Selenskyj (r), Präsident der Ukraine und Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, stehen vor Beginn eines bilateralen Treffens vor der 10 Downing Street und winken. Foto: Jonathan Brady/PA Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist der ukranische Präsident erst ein einziges Mal im Ausland zu Besuch gewesen - und zwar in den USA.

Selenskyj dankte im Voraus für „leistungsfähige englische Flugzeuge“

Selenskyj machte bei seinem Besuch in London unmissverständlich klar, dass er sich auch in Sachen Kampfflugzeugen eine Führungsrolle von London wünscht. Er danke im Voraus für „leistungsfähige englische Flugzeuge“ und überreichte Unterhaussprecher Lindsay Hoyle einen Pilotenhelm als Geschenk.

Sunak ließ wenig später prüfen, ob Kampfflugzeuge für die Ukraine verfügbar sind. Er habe Verteidigungsminister Ben Wallace um Prüfung gebeten, was für Maschinen das Vereinigte Königreich theoretisch an die Ukraine liefern könnte, teilte Downing Street am Mittwoch mit. Es handele sich aber um eine „langfristige“ Lösung. Bereits im Frühling könnten die ersten ukrainischen Piloten an Nato-Jets in Großbritannien ausgebildet werden, hieß es weiter. Sunak hatte bisher zurückhaltend auf Forderungen nach einer Lieferung von Kampfjets reagiert, wie sie etwa Ex-Premierminister Boris Johnson erhoben hatte.

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Weiteres Treffen mit Macron und Scholz

Nach einer Reise in die USA mit Zwischenstopp in Polen ist der Besuch in Großbritannien erst Selenskyjs zweite öffentlich bekannte Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor knapp einem Jahr. Nach seinem Stopp in London wird Selenskyj am Mittwochabend in Paris erwartet, um dort den französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie Bundeskanzler Olaf Scholz zu treffen. Am Donnerstag reist der ukrainische Präsident nach Brüssel. Am selben Tag treffen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten in Brüssel zu einem Gipfel.

Sunak bezeichnete den Besuch in London als „Zeugnis für den Mut, die Entschlossenheit und den Kampfgeist seines Landes und Zeugnis der unerschütterlichen Freundschaft unserer beiden Länder“.

Boris Johnson leitete enge Beziehung ein

Die enge Beziehung Großbritanniens stammt aus den Zeiten von Sunaks Vorvorgänger Boris Johnson, der gleich mehrfach nach Kiew reiste und sich in der Ukraine zeitweise zu einer Art Kultfigur entwickelte. Kiew ernannte ihn zum Ehrenbürger, ein Café in der Hauptstadt benannte eine Süßspeise nach Johnson, ein Hotel in Lwiw verziert seine Räume mit verschiedenen Bildern des Ex-Premiers auf dem Fahrrad. Johnson werden inzwischen Hoffnungen auf eine Rückkehr an die Regierungsspitze nachgesagt.

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Auch Sunak, der seit Oktober an der Spitze der britischen Regierung steht, ist bereits nach Kiew gereist, hat der Ukraine Kampfpanzer zugesagt und kontinuierliche militärische Unterstützung versprochen.

Besuch von Selenskyj Balsam für Sunak

Für den Briten kommt der hohe Besuch in London zu einem glücklichen Zeitpunkt: Zuletzt bestimmten Skandale in seinem eigenen Kabinett die Schlagzeilen, neben Selenskyj hingegen kann sich Sunak als Staatsmann präsentieren. Auch Johnson half die entschlossene Unterstützung der Ukraine immer wieder durch politisch heikle Phasen.

Der britische Politikwissenschaftlers Anand Menon vom King’s College in London rechnet jedoch nicht damit, dass Sunak lange davon zehren kann - zumal Johnson sich bereits für die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine ausgesprochen habe. Sunak selbst hielt sich in dieser Frage noch zurück.

London kündigte im Zuge des Besuchs zunächst an, sein Ausbildungsprogramm für ukrainische Soldaten zu erweitern. Sunak zufolge werden künftig auch Kampfpiloten und Marinesoldaten ausgebildet. Damit sollen ukrainischen Piloten auch dazu befähigt werden, in Zukunft Nato-Kampfjets zu fliegen - was die Debatte über mögliche Lieferungen solcher Maschinen aus westlichen Ländern weiter befeuern dürfte.

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Frankreich hatte sich dafür bislang offener gezeigt als Deutschland und andere Länder. Ein britisches Vorpreschen könnte Sunaks Ansehen in der Ukraine weiter steigern. Immerhin: Das Kiewer Café Zavertailo verkauft mittlerweile bereits für umgerechnet 3,37 Euro ein Croissant namens „Rischi Sunakowytsch“. Der „Boris Johnsonjuk“ war im vergangenen Jahr für umgerechnet etwa drei Euro zu haben.

RND/dpa

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