Schlechte Karten für Europa

Autozulieferer Schaeffler: Der Blick geht nach China

Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler setzt verstärkt auf die USA und China.

Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler setzt verstärkt auf die USA und China.

Herzogenaurach. Der fränkische Kfz-Zulieferer Schaeffler hat 2022 passabel überstanden. Trotz neuer Corona-Lockdowns in China sowie wackligen Lieferketten und hohen Materialkosten infolge des Kriegs in der Ukraine sind die Umsätze um fast ein Zehntel auf knapp 16 Milliarden Euro geklettert. „Das ist ein Rekordwert“, freute sich Finanzchef Claus Bauer zur Bilanzvorlage in Herzogenaurach. Ein Drittel der Zuwächse sei aber höheren Preise geschuldet und rein inflationsbedingt. Gespürt haben die Franken die externen Schocks im Gewinn. Der ist um gut ein Viertel auf 557 Millionen Euro eingebrochen. Die operative Rendite verfiel von 8,8 auf 6,6 Prozent. Für die heimische Belegschaft bedrohlicher dürfte aber sein, was Konzernchef Klaus Rosenfeld über die künftige Strategie zu sagen hatte.

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„Unsere Investitionen gehen da hin, wo die Wachstumschancen am größten sind und das sind die USA“, erklärte er. Zugleich werde mehr Wertschöpfung in China lokalisiert. Beide Regionen sind heute schon für jeweils gut ein Fünftel aller Schaeffler-Umsätze verantwortlich und sollen ihre Anteile im Gleichschritt künftig steigern. Ein Rückzug aus Europa sei deshalb nicht geplant, versucht Rosenfeld zu beruhigen. Die EU müsse aber ihre Überregulierung und Verbotskultur überdenken. Wohin die Reise geht, zeigt die jüngste Abbaurunde.

Seit 2016 baut Schaeffler vor allem in Deutschland ab

Ende 2022 hatten die Franken angekündigt, weltweit noch einmal 1200 der aktuell knapp 83.000 Jobs streichen zu wollen. Das Gros entfällt mit 1000 Stellen auf Deutschland, wo Schaeffler noch jeden dritten Arbeitsplatz hat. Stand heute sind trotz hitziger Proteste der Belegschaft aber für diese Abbaurunde noch nicht einmal betriebsbedingte Kündigungen oder Standortschließungen vom Tisch. „Das ist das letzte Mittel“, erklärte Rosenfeld und beteuerte, das möglichst verhindern zu wollen. Er sei zuversichtlich. Ausschließen wollte er es aber auch nicht.

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Die Rotstiftpläne sind kein Einzelfall. Seit 2016 baut Schaeffler vor allem in Deutschland ab. 2020 waren es 4400 Stellen allein an heimischen Standorten. Das lässt den Spielraum für sozialverträglichen Abbau schrumpfen, zumal ein Ende nicht wirklich in Sicht ist. Denn begründet wird das Schrumpfen durch den Wandel hin zur Elektromobilität. Die jedoch braucht weniger Personal als das Verbrennerzeitalter.

Nach Lockerungen: Corona-Welle erfasst China
21.12.2022, China, Zhuozhou: Ein Patient wird wegen Überfüllung aus der Notaufnahme des Zentralkrankenhauses Baoding Nr. 2 abgewiesen. Von Null-Covid zu planloser Lockerung: Seit der Explosion der Corona-Fälle und dem abrupten Ende der rigorosen Null-Toleranz-Strategie in China vor zwei Wochen verbreitet sich das Virus mit hoher Geschwindigkeit im Milliardenvolk. Vielerorts sind die Krankenhäuser voll. Foto: Dake Kang/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nach der Aufgabe der strengen Kontaktbeschränkungen im Zuge der Null-Covid-Politik sieht sich China mit steigenden Infektionszahlen konfrontiert.

Stellenabbau in Schritten

Man könne sich dieser Transformation personalseitig nur in Schritten nähern, beschreibt Rosenfeld die vergangene aber auch künftige Entwicklung. Immerhin rund 5 Milliarden Euro habe Schaeffler 2022 an Auftragseingängen für Elektroautos eingesammelt. Das sei doppelt so viel wie ursprünglich erhofft. Zugleich entfaltet der Erfolg schneller Druck auf die Beschäftigung. Insgesamt lag der Auftragseingang voriges Jahr noch bei bei über 12 Milliarden Euro. Es dominiert also weiter traditionelles Geschäft, das immer mehr abschmelzen wird.

Zusammen mit Investitionsankündigungen für die USA und China bedeutet das, dass sich das heimische Personal auf weiteren Abbau einstellen muss. Schaeffler dürfte in der deutschen Kfz-Zulieferindustrie dabei keine Ausnahme sein.

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Für 2023 kalkuliert das Management wegen der geopolitischen Krisenlage und nun auch höherer Lohnkosten vorsichtig. Die Umsätze würden zwischen 5 und 8 Prozent zulegen, wovon wiederum ein Drittel auf das Konto von Preiserhöhungen gehe, schätzt Bauer. Bei der operativen Rendite stellt Rosenfeld eine Quote zwischen 5,5 und 7,5 Prozent in Aussicht. Im Mittel bedeutet das Stagnation gegenüber 2022. Dagegen dürfte der Jahresüberschuss zusätzlich von Kosten für den Stellenabbau belastet werden. Man sei dazu in guten Gesprächen mit Betriebsräten und der IG Metall, meinte Rosenfeld. Was immer das am Ende für Standorte und Stellen heißt.


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