Bürgergeldkompromiss: Lohnt sich arbeiten noch?
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Das Bürgergeld soll zum Jahresbeginn Hartz IV ablösen.
© Quelle: Christin Klose/dpa
Wenn ich politische Debatten um das Bürgergeld verfolge, stelle ich fest, dass oft dieselben Argumente für gegensätzliche Positionen verwendet werden. Während die Ampel überzeugt ist, dass mit dem Bürgergeld der Anreiz zu arbeiten wächst, betont die Union das Gegenteil.
Leicht zu lösen ist dieser Widerspruch aus meiner Sicht mit der Beantwortung einer einfachen Frage: Lohnt sich arbeiten noch? Und was passiert, wenn ich es nicht tue?
Die Antwort lautet, dass mit dem Gesetz der Bundesregierung für Arbeitslose mehr Anreize geschaffen werden, Bürgergeld zu beziehen, als Anreize zur Arbeitsaufnahme. Dabei zeigt die Arbeitsmarktforschung: Je länger Arbeitslosigkeit andauert, desto schwieriger ist es, zurück zur Arbeit zu finden. Gibt es keine Sanktionen, wenn man sich zum Beispiel weigert, eine angebotene Arbeit aufzunehmen, entsteht das Signal, dass keine Eile geboten ist. Der Eingliederungseffekt in den Arbeitsmarkt geht verloren. Damit wird ein wesentliches Ziel der Sozialpolitik verfehlt. Das zeigt mir: Die von der Ampelkoalition mit dem Bürgergeld geplante weitgehende Aussetzung von Sanktionen im ersten halben Jahr und der Verzicht auf die Vermögensprüfung in den ersten beiden Jahren setzte die falschen Signale.
Dass angesichts der hohen Inflation der Regelsatz für Arbeitslose erhöht werden muss, bleibt in der Diskussion unumstritten. Auch, dass das Prinzip „Wenn du deine Arbeit verlierst oder aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kannst, lassen wir dich nicht fallen“ beibehalten wird, ist wichtig. Gleichzeitig müssen wir jedoch auch gegenüber allen, die Steuern zahlen, fair bleiben. Erzieher, Reinigungskräfte, Friseure, Tierpfleger – auch all diese Personen werden künftig mit ihren Steuern zur Finanzierung des Bürgergeldes beitragen. Sie können zu Recht erwarten, dass ihrem Steuergeld auch eine Gegenleistung, eine aktive Mitwirkung bei der Arbeitssuche durch die Bürgergeldbezieher gegenübersteht. Das bewährte sozialstaatliche Prinzip aus „Fördern und Fordern“ muss erhalten bleiben!
Union setzte Änderungen durch
Fest steht: Mit der Blockade im Bundesrat hat die Union ein wichtiges Stoppschild gesetzt und konnte nun in den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss wesentliche Änderungen am Gesetz erreichen. Mögliche Sanktionen greifen bereits am ersten Tag und das Schonvermögen wird nicht so erhöht, wie ursprünglich geplant.
Ampel und Union einigen sich auf Kompromiss beim Bürgergeld
Einigung im wochenlangen Streit: Die Ampelkoalition und die Union verständigten sich am Dienstag auf Rahmenbedingungen zum Bürgergeld.
© Quelle: dpa
Gut so! Denn Deutschland fehlen Millionen Arbeitskräfte. Vielen Unternehmen brechen deshalb Aufträge weg, den Finanzämtern fehlen die entsprechenden Steuern und den Sozialversicherungen fehlen die Einnahmen aus den nicht besetzten Stellen. Es ist jetzt die Aufgabe des Staates, alles erdenklich Mögliche zu unternehmen, um Arbeit attraktiv zu machen. Für mich ist deshalb klar: Wir müssen der Arbeitslosigkeit entgegenwirken statt die Arbeitslosigkeit zu fördern. Das wurde nun in den Verhandlungen zwischen der Ampelkoalition und der Union erreicht.
Sarna Röser ist Vorsitzende des Verbands Die jungen Unternehmer und designierte Nachfolgerin für das 1923 gegründete Familienunternehmen Zementrohr- und Betonwerke Karl Röser & Sohn GmbH in Baden-Württemberg. Sie schreibt immer mittwochs im wöchentlichen Wechsel über Transformation, Digitalisierung und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.