Die EZB wird zu Recht vorsichtig
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EZB-Präsidentin Christine Lagarde kündigt eine weitere Zinserhöhung an.
© Quelle: Getty Images
Zentralbanker sprechen viel in Textbausteinen, deren stete Wiederholung Missverständnisse verhindern soll. Christine Lagarde hat einen neuen im Repertoire: „We are not posing“ – Wir tun nicht nur so. Mehrmals wiederholte die EZB-Präsidentin das bei ihrem Auftritt am Donnerstag, falls doch jemand an der Entschlossenheit der Zentralbank zweifeln sollte, die Inflation zu bekämpfen.
Die Versicherung galt nicht zuletzt den eigenen Leuten, denn im EZB-Rat gab es deutliche Stimmen, mit den Zinserhöhungen noch nicht nachzulassen. Die Inflation halte sich zu hartnäckig. Doch letztlich hat sich der Rat entschieden, nach den Erhöhungen um einen halben Prozentpunkt nur noch einen halb so großen Schritt zu machen. Da brauchte es die Klarstellung.
Geldpolitik wirkt mit Verzögerung
Gegen einen größeren Schritt sprach vor allem dessen ungewisse Wirkung. Notenbanken betonen gern die Präzision ihrer Instrumente, aber sagen wir es so: Da wird mit sehr großen Kanonen über sehr weite Entfernung geschossen. Und das Ziel bewegt sich. Inflation verschwindet nicht auf Knopfdruck.
So beginnen die bisherigen Zinserhöhungen der EZB gerade erst, Wirkung zu zeigen, und die erste liegt immerhin schon ein Dreivierteljahr zurück. Angesichts der schwachen Konjunktur hätte ein größerer Zinsschritt mit ein paar Monaten Nachwirkung einiges kaputtmachen können.
Weitere Schritte werden folgen
So bleibt es zwar der große EZB-Fehler, dass ihre Zinswende zu spät kam. Es wäre aber genauso falsch, jetzt ins andere Extrem zu verfallen, um späte Entschlossenheit zu demonstrieren. Der kleinere Zinsschritt ist richtig – auch wenn die Präsidentin dann ein paar Mal dazusagen muss, dass sie es immer noch ernst meint. Und weitere kleine Schritte nach Bedarf folgen werden.