Luftfahrtmonopol des Westens geknackt?

Erster Linienflug der C919: Chinas Kampfansage an Boeing und Airbus

Die Comac C919 ist zum ersten Mal abgehoben.

Die Comac C919 ist zum ersten Mal abgehoben.

Auf diesen Flug hat die Volksrepublik lange gewartet: Nach 16 Jahren Entwicklung, etlichen Pannen und Verzögerungen hob er endlich zum ersten Linienflug ab. Der Schmalrumpfjet C919, der am Wochenende nach einer 1178 Kilometer langen Reise von Shanghai kommend in Peking landete.

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Im chinesischen Fernsehen liefen die Bilder Fähnchen wedelnder und sichtlich stolzer Passagierinnen und Passagiere, die an diesem Ereignis teilzunehmen das Glück hatten – denn mit dieser Linienpremiere will der Staatskonzern Commercial Aviation Corporation (Comac) Geschichte schreiben: Technikgeschichte.

Die Staatsführung will nach dem Vorbild der Automobilbranche einen heimischen Konkurrenten zu Airbus und Boeing aufbauen. „Nach Generationen von Bemühungen haben wir endlich das Luftfahrtmonopol des Westens gebrochen“, jubelte die Zeitung „Beijing Daily“. Aus Toulouse und Arlington, den Firmenzentralen von Airbus und Boeing, wurde den Newcomern im Reich der Mitte auch brav gratuliert. Fürchtet man die neue Konkurrenz, die es vor allem auf die populären Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge A320 neo von Airbus und 737 Max von Boeing abgesehen hat?

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Airbus und Boeing nehmen die chinesischen Hersteller durchaus ernst. Sie dürfen nicht den Fehler machen, hochmütig zu wirken.

Andreas Spaeth,

Luftfahrtexperte

„Airbus und Boeing nehmen die chinesischen Hersteller durchaus ernst. Sie dürfen nicht den Fehler machen, hochmütig zu wirken, gar einen aufstrebenden Mitbewerber zu ignorieren“, sagte der Luftfahrtexperte Andreas Spaeth, Autor des Buches „Go Green – Nachhaltige Luftfahrt“ (Motor-Buchverlag) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Die Auftragsbücher der beiden etablierten Hersteller sind bis zum Ende des Jahrzehnts voll, entsprechend lang sind die Wartezeiten für interessierte Fluggesellschaften.

„Tatsache ist, dass die C919 als neue Konkurrenz zunächst vor allem auf dem innerchinesischen Markt auftritt, wo ja Airbus mit einer eigenen Fertigung in Tianjin und auch Boeing viele Flugzeuge verkaufen konnten. Das wäre zunächst einmal nicht so schmerzvoll“, so der Luftfahrtexperte. „Auf dem Weltmarkt außerhalb Chinas wird es aber sehr schwer für die Neueinsteiger. Denn dazu ist vor allem ein weltweiter Service mit Ersatzteillagern nötig, so was aufzubauen dauert viele Jahre bis Jahrzehnte“, so Andreas Spaeth zum RND.

„Hinzu kommt, dass die C919 jedoch nur von außen ein chinesisches Flugzeug ist“, so Spaeth weiter. Tatsächlich stammen die Triebwerke vom französisch-amerikanischen Produzenten CFM International, das deutsche Familienunternehmen Liebherr liefert das Anti-Vereisungs-System für die Flügel, US-Firmen wie Honeywell und Parker Aerospace steuern weitere Komponenten bei.

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China wird lernen, alle Komponenten selbst zu bauen

„Das ist schon eine eigene Entwicklung. Nur – die komplizierten Komponenten wie Triebwerke, die Avionik im Cockpit und die Fahrwerke kommen nicht aus China“, äußerte der Luftfahrtexperte Tobias Grosche gegenüber „Business Insider“. Der Experte glaubt, dass China künftig lernen will, wie man auch diese Komponenten selbst bauen kann, um eines Tages Flugzeuge komplett aus eigener Hand auf den Markt zu bringen.

„Eine zweite oder dritte Generation könnte Airbus und Boeing schon eher gefährlich werden“, so Grosche. Vor allem habe Comac den Vorteil, dass der chinesische Staat nationalen Airlines vorschreiben kann, welche Flugzeuge sie in ihren Flotten zu betreiben haben.

Jährlich 150 Flugzeuge

Staatlicher Medien zufolge plant Comac, in den nächsten fünf Jahren jährlich 150 C919-Flugzeuge zu bauen. Die C919 ist mit einer Reichweite von 4075 bis 5555 Kilometern auf die Bedürfnisse des chinesischen Inlandsverkehrs abgestimmt. Sie ist für 158 bis 168 Passagierinnen und Passagiere ausgelegt. Offiziellen Angaben zufolge hat Comac bereits mehr als 1000 Bestellungen erhalten. Laut Bloomberg sind die meisten davon allerdings nicht bestätigt oder stammen von chinesischen Flugzeugvermietern, die den Jet aber noch nicht an eine Fluggesellschaft verleast haben.

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Doch auch aus Europa wurde bereits Interesse signalisiert: Michael O’Leary, Chef des Billigfliegers Ryanair, hat schon vor zehn Jahren erstmals bekundet, Alternativen zu Boeing und Airbus unterstützen zu wollen und eine unverbindliche Absichtserklärung mit Comac unterschrieben. Entscheiden wird am Ende, ob chinesische Flugzeuge nicht nur preiswert, sondern auch sicher und effizient sind.

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