Steuervorteile, Bonuszahlungen, Jobgarantien

Entlastungen in der Energiekrise: Was die Expertenkommission der Bundesregierung vorschlägt

Übergabe des finalen Berichts der Expertenkommission Erdgas und Wärme an Bundeskanzler Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Kanzleramt in Berlin.

Übergabe des finalen Berichts der Expertenkommission Erdgas und Wärme an Bundeskanzler Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Kanzleramt in Berlin.

Frankfurt am Main. In die Gaspreisbremse sollen noch soziale Komponenten eingebaut werden: Für Unternehmen könnten an die Gewährung von Subventionen Jobgarantien geknüpft werden. Dies schlägt die „Expertenkommission Gas und Wärme“ vor, die am Montag ihren Abschlussbericht für staatliche Hilfen in der Energiekrise vorgelegt hat. Und damit Verbraucherinnen und Verbrauchern schnell geholfen werden kann, soll der Fiskus die Abschlagszahlung für Dezember übernehmen.

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Im Vergleich zum Zwischenbericht sind zahlreiche keineswegs unwichtige Details neu. Zum Beispiel: Bei einem Jahreseinkommen ab 72.000 Euro soll der Gaspreisrabatt als geldwerter Vorteil in der Steuererklärung angegeben werden. Es geht um die 80 Prozent des Verbrauchs, für die der Staat eine Deckelung des Preises bei 12 Cent pro Kilowattstunde übernimmt – der aktuelle Preis liegt nach Berechnungen des Verbraucherportals Check 24 bei knapp 19 Cent pro Kilowattstunde. Wobei es starke Schwankungen geben kann, die vom jeweiligen Versorger abhängen. Und: Für Verbräuche, die über die 80 Prozent hinausgehen, sollen Verbraucher die aktuellen, enorm hohen Marktpreise zahlen – dies soll zur Sparsamkeit ermuntern.

Dem könnte ein weiterer Vorschlag der Kommission dienen. Die Experten schlagen „finanzielle Boni in Form eines Festbetrags“ vor. Es könne so ein zusätzlicher Anreiz gesetzt werden, das von der Regierung vorgegebene Einsparziel von 20 Prozent pro Anschluss „zu erreichen oder zu übertreffen“, heißt es im Abschlussbericht. So könnten auch Verbraucher und Verbraucherinnen zum Sparen animiert werden, die davon andernfalls keinen Vorteil hätten, etwa Menschen, deren Heizkosten vom Jobcenter bezahlt werden.

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Soziale Schieflage soll ausbalanciert werden

Mit dem Deklarieren der Subvention als geldwertem Vorteil geht die Kommission auf Kritik an dem ersten Entwurf ein, der noch vorsah, alle privaten Haushalte ohne Weiteres im gleichen prozentualen Maß zu entlasten. Das hätte bedeutet, dass Bewohner einer Villa mit beheiztem Pool und Sauna von einem Rabatt profitiert hätten, der weit über der Summe läge, um die eine Familie mit niedrigem Einkommen und einem geringen Gasverbrauch entlastet worden wäre. Das Hantieren mit geldwertem Vorteil würde diese Schieflage zu einem beachtlichen Teil ausbalancieren. Denn ähnlich wie bei Dienstwagen werden die Einsparungen von Besserverdienern damit wie zusätzliches Einkommen behandelt, was die Steuerschuld erhöht.

Gaskommission schlägt zusätzliche Hilfen vor

Auch Haushalte, die etwa mit Öl heizen, sollen in Härtefällen bei den Energiekosten unterstützt werden.

Klar ist in jedem Fall, dass die Regelungen zügig beschlossen werden müssen. Schon in vier Wochen will die Bundesregierung die Abschlagzahlung für Dezember übernehmen. Das soll der Überbrückung dienen, da die 80-Prozent-Bremse erst ab März greifen soll. Wobei auch hierfür die Regelung mit dem geldwerten Vorteil ziehen soll.

Die Kommission unter Vorsitz der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, dem Chef des Industriedachverbandes (BDI) Siegfried Russwurm und Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, ist auch auf einen weiteren heftig diskutierten Punkt eingegangen: Was geschieht mit Familien, die durch die hohen Preise in echte Existenznöte geraten können?

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Das Ziel ist ambitioniert: Am 1. Dezember will die Deutsche Regas Flüssiggas in Lubmin an der Ostseeküste anlanden. Sechs Wochen vorher startete nun offiziell das Genehmigungsverfahren. Der Umweltverband BUND kündigte eine kritische Prüfung an. Unterdessen gibt es laut Investor einen Run auf die Kapazitäten.

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Der Vorschlag: Ein „Sofort-Hilfsfonds“, der „Härtefällen aufgrund von stark gestiegenen Wärmepreisen für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 30. April 2024“ zugutekommen soll. Das soll Haushalte, die besonders stark belastet sind, unabhängig von der Art des Energieträgers unterstützen. Somit würden auch Menschen entlastet, die mit Öl und Holzpellets heizen. Zudem schlagen die Experten einen Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter vor, die mit Energieschulden zu kämpfen haben. Besonders für kleine und mittlere Firmen könnten ebenfalls Härtefallregelungen kommen.

Wer zu viele Jobs abbaut, soll zahlen

Als ein weiteres sozialpolitisches Instrument macht sich die Kommission dafür stark, dass Unternehmen, die staatliche Unterstützung für die Gaspreiskosten erhalten, sich zum Erhalt von 90 Prozent der Arbeitsplätze verpflichten, was bis ein Jahr nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen gelten soll – also bis 2025. Wer dagegen verstößt, soll zum Zurückzahlen der Subventionen verdonnert werden.

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Hierbei geht es um etwa 25.000 Unternehmen, die wegen eines hohen Gasbedarfs spezielle Lieferverträge mit den Versorgern abgeschlossen haben und schon vom 1. Januar an für 70 Prozent ihres Verbrauchs nur 7 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Zum rechtlich verbindlichen Verankern von Jobgarantien schlägt die Kommission vor, dass zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Die DGB-Chefin Yasmin Fahimi hat in einer ersten Stellungnahme die Vorschläge begrüßt. Nicht durchsetzen konnten sich Gewerkschafter mit der Forderung nach einem Verbot von Boni und Dividenden für Firmen, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen – was in zahlreichen früheren Fällen (etwa bei der Lufthansa-Rettung) zur Bedingung gemacht wurde.

Nach den Daten von Check 24 würde ein Standardhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr durch den Preisdeckel um gut 1000 Euro entlastet. Bei einem Single (5000 Kilowattstunden) wären es gut 260 Euro. Die Einmalzahlungen im Dezember kämen noch hinzu.

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