Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 von 129 Filialen
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Das Logo der Galeria Kaufhof hängt an der Außenfassade einer Filiale. (Symbolbild)
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa
Essen. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. „Insgesamt werden somit weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren“, berichteten die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens am Montag. „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, betonte der Betriebsrat. Bislang beschäftigte das Unternehmen rund 17.000 Mitarbeitende.
Mittlerweile hat auch Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) das Aus für 52 Filialen bestätigt. „Das ist zweifellos heute für uns alle ein schwerer Tag. Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen und sind in harte interne wie externe Gespräche gegangen“, sagte der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz laut einer Pressemitteilung. Das Warenhaus-Unternehmen brauche insgesamt eine höhere Flächenproduktivität. Geiwitz: „Die verbleibenden Filialen haben eine tragfähige wirtschaftliche Perspektive.“
Wirtschaftsminister Habeck bedauert Schließung von Galeria-Warenhäusern
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat die angekündigte Schließung von mehr als 50 Warenhäusern des Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof bedauert.
© Quelle: dpa
Filialen werden in zwei Wellen geschlossen
Die betroffenen Filialen sollen demnach in zwei Wellen geschlossen werden: Zum 30. Juni 2023 und zum 31. Januar 2024. Nach GKK-Angaben sind rund 4000 Beschäftigte von den Schließungen betroffen. „Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten das Angebot, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Diese soll dabei helfen, sich weiter zu qualifizieren und eine neue Stelle zu finden“, hieß es am Montag. Für die verbleibenden 77 Filialen soll es neue Konzepte geben und sie sollen umfassend modernisiert werden.
Der Hintergrund: Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte Konzernchef Miguel Müllenbach damals in einem Mitarbeiterbrief die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland. Der Manager ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.
Galeria in der Krise - mal wieder
Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehende Entlastung gebracht.
Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme - ohne Erfolg.
Galeria Karstadt Kaufhof will 52 Filialen schließen
Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern will nach Angaben des Gesamtbetriebsrats 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen.
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Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz, der auch schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. „Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form“, betonte der Sanierer in einem Interview. Der Handelsriese müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich „in drei Kalenderjahren“ wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an.
Städtetag spricht von „hartem Einschnitt“ für die Betroffenen
Der Deutsche Städtetag begrüßt zwar, dass es nun Klarheit für die Städte gebe, spricht allerdings von einem „harten Einschnitt“ für die Beschäftigten, die nun ihre Stelle verlieren. „Von den 129 Galeria-Karstadt-Häusern bleiben voraussichtlich knapp 80 Standorte am Markt. Das schafft Klarheit für die Städte, sichert Arbeitsplätze und die Nahversorgung für die Menschen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Allerdings heiße das eben auch, dass 52 Filialen wohl schließen müssten und Tausende Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. „Das ist ein harter Einschnitt für die betroffenen Beschäftigten und ihre Familien.“
Die Bundesagentur für Arbeit will derweil Vermittlungsprogramme für die Betroffenen starten: „Nach unserem Kenntnisstand hat sich das Unternehmen mit dem Gesamtbetriebsrat auf einen Sozialplan geeinigt. Das Ziel ist, den betroffenen Beschäftigten den Eintritt in eine Transfergesellschaft anzubieten“, teilte sie dem RND mit. Unabhängig davon werde die Bundesagentur für Arbeit den Betroffenen zeitnah Unterstützung anbieten. „Wir werden mit den Beschäftigten über mögliche Qualifizierungsbedarfe sprechen und parallel mit Vermittlungsaktivitäten beginnen. Grundsätzlich stehen die Chancen für die Beschäftigten auf einen neuen Arbeitsplatz aktuell gut – im Einzelhandel ebenso wie in anderen Berufen“, heißt es weiter. Gespräche mit potenziellen Arbeitgebern laufen bereits.
Städtebauliche Chance
Die Entscheidung werde trotz aller Schwierigkeiten jedoch vielerorts auch als städtebauliche Chance verstanden. „Die Städte fangen dabei nicht bei Null an“, sagte Dedy. „Es gibt schon Ideen oder Pläne, wie neues Leben in die Kaufhäuser einziehen kann: als Universitätsstandort oder Schule, mit Start-ups, Co-Working-Labs, Künstler-Ateliers oder mit dem Bürgerservice, als Mehr-Generationenhaus oder Wohngebäude.“ Ehemalige Kaufhausstandorte, die bereits neu genutzt würden, seien dafür gute Beispiele.
Die Innenstädte würden sich weiter verändern. Städte, Handel, Immobilienwirtschaft und die Zivilgesellschaft könnten gemeinsam neue Konzepte auf den Weg bringen, so Dedy. Das brauche neben Ideen, Planung und Ausdauer aber auch die nötigen finanziellen Mittel. „Die Transformation der Innenstädte und Stadtteilzentren ist kein Selbstläufer.“ Ihm schweben Bundesmittel vor: Nötig sei nun, dass die von Galeria-Schließungen betroffenen Städte auch jetzt noch Förderanträge für Restmittel des 250 Millionen-Programms „Bundesprogramm Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ einreichen könnten. „Außerdem sollten Bund und Länder unbedingt prüfen, ob der Zwischenerwerb von Großimmobilien in Einzelfällen unterstützt werden kann.“
RND/dpa/jap