Onlinehändler pleite

Kunden von Made.com gehen wohl leer aus

Wer Made.com sucht, landet inzwischen auf der Seite von Next.

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Sie sahen aus wie die klassischen Corona-Gewinner: Der britische Onlinemöbelhändler Made.com wuchs in kurzer Zeit zum europäischen Konzern, beim Börsengang im Sommer 2021 war das Start-up umgerechnet knapp eine Milliarde Euro wert. Jetzt ist Made pleite, und viele Kundinnen und Kunden werden wohl weder die bestellte Ware bekommen noch vorab gezahltes Geld wiedersehen. Das liegt am speziellen Geschäftsmodell von Made.

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Das 2010 gegründete Londoner Start-up etablierte sich schnell als Anbieter günstiger Designermöbel und Accessoires. Die Briten trafen auch deshalb den Geschmack, weil sie ihr Publikum direkter einbezogen als andere: Die Ware liegt größtenteils nicht in Lagern bereit, sondern wurde bei den meist chinesischen Produzenten erst in Auftrag gegeben, wenn genug Bestellungen vorlagen. Manche Produkte kamen auch durch Crowdfunding ins Programm: Kundinnen und Kunden konnten auf der Webseite unter verschiedenen Designvorschlägen auswählen, und die Favoriten gingen dann in Produktion – gegen Anzahlung.

Ware ist bestellt und bezahlt – aber nicht produziert

Das garantierte niedrige Kosten und geringes Risiko für das Unternehmen – es konnte keine vollen Lager mit Ladenhütern geben. Doch für die Kundinnen und Kunden rächt es sich jetzt, denn viele Waren sind bestellt und bezahlt, aber noch nicht fertig produziert. Europaweit werden rund 30.000 Menschen insgesamt 13,5 Millionen Euro abschreiben müssen, berichtet der „Guardian“ unter Berufung auf Unterlagen des Zwangsverwalters PwC. Zuletzt zählte Made nach eigenen Angaben mehr als eine Million aktive Kundinnen und Kunden, die meisten davon in Großbritannien, Frankreich und Deutschland.

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Schon im vergangenen Herbst geriet das Unternehmen mit rund 600 Beschäftigten ins Schlingern. Doch die Suche nach einem Käufer scheiterte, und am 8. November übernahm die Unternehmensberatung PwC als Zwangsverwalter die Regie. Sehr schnell wurden die Marke Made.com, die Webseite und geistiges Eigentum wie Designs, Software und Datenbank an die britische Modegruppe Next verkauft. Wer jetzt Made.com sucht, landet auf der Next-Seite. „Made.com hat seine Geschäftstätigkeit eingestellt, wird aber im nächsten Jahr durch Next weitergeführt. In der Zwischenzeit können Sie weiterhin Wohntrends bei Next kaufen“, heißt es dort.

Was am 25. November nicht da war, kommt nicht mehr

Der Verkaufserlös wird nach PwC-Angaben aber nicht genügen, um nachrangige Gläubiger zu entschädigen – und zu denen zählen die Kunden. Wer bis zum 25. November nicht beliefert wurde, werde Sofa, Sessel oder Lampe auch nicht mehr bekommen, teilt PwC auf einer eigens eingerichteten Webseite mit. Dort können Gläubiger auch Ansprüche anmelden, aber für Kundinnen und Kunden sind die Erfolgsaussichten nicht sehr groß. Auch Plattformen wie Facebook und Google, wo Made geworben hat, werden nach Darstellung des „Guardian“ leer ausgehen. Abgesichert sei dagegen die Silicon Valley Bank als größter Kreditgeber.

Die Made-Aktie war schon vor der Insolvenz zum Pennystock geschrumpft. Beim Börsengang 2021 hatte sich das Unternehmen noch als „führende rein digitale Lifestyle-Marke im Einrichtungsbereich“ präsentiert und mit seinem extrem schlanken und wenig kapitalintensiven Geschäftsmodell geworben. Der Umsatz von damals umgerechnet knapp 400 Millionen Euro sollte bis 2025 auf 1,4 Milliarden Euro steigen.

Die Logistik geriet aus den Fugen

Doch das Made-System begann zu wanken, als chinesische Fabriken wegen Corona schließen mussten und die Transportketten rund um die Welt nicht mehr funktionierten. Die Logistik geriet offenbar völlig aus den Fugen, Onlineforen sind voll von Kundenklagen über monatelange Wartezeiten, Qualitätsprobleme und schlechten Service.

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PwC erklärt die Pleite mit den Lieferkettenproblemen und der allgemein schwächeren Nachfrage. Viele Händler, vor allem Anbieter teurerer Produkte, hätten damit zu kämpfen, dass die Konsumausgaben wegen der hohen Inflation deutlich schrumpften. Gleichzeitig stiegen die Kosten.

Der Börsengang sollte – neben Millionen für die Unternehmensgründer und ihre Kapitalgeber – Geld für die Verbesserung der Logistik bringen. Doch das wirkte offenbar nicht. Als die Made-Aktien in den Handel kamen, profitierten sie gerade noch vom Onlineboom in der Pandemie: Dank geschlossener Läden und Ansteckungssorgen boomte der Verkauf im Internet. Entsprechend heftig stiegen bis zum Sommer 2021 die Aktienkurse dieser Unternehmen.

Doch dann erwiesen sich die Wachstumsprognosen als zu euphorisch, viele Menschen kehrten zum stationären Handel zurück und die Kurse rutschten ab – bei Made praktisch vom ersten Tag an. Schon der Platzierungspreis lag am unteren Ende der angepeilten Spanne, der erste Handelstag brachte ein Minus von 8 Prozent.

Auch Home 24 wechselt den Besitzer

Das bringt auch andere Onlinehändler in Bedrängnis. So wird gerade der Einrichtungsspezialist Home 24 von der Möbelkette XXXLutz übernommen – für vergleichsweise wenig Geld, denn auch der Home-24-Kurs ist seit 2021 kontinuierlich gefallen. Auch der Modehändler About You hat zu kämpfen. Die Tochter des Otto-Konzerns ging wie Made im Sommer 2021 an die Börse und hat seitdem einen rapiden Kursverfall erlebt.

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