Gestiegene Preise im Supermarkt

Verbraucherschützerin Pop bringt Übergewinnsteuer für Lebensmittelbranche ins Gespräch

Den Einkaufskorb kann man in Nennhausen nicht mehr füllen.

Sollten Lebensmittelkonzerne und Händler eine Übergewinnsteuer zahlen?

Berlin. Sollten Lebensmittelkonzerne und der Handel eine Steuer auf Übergewinne bezahlen? Das hat Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop jetzt ins Gespräch gebracht. „Jeder von uns kennt Produkte, bei denen die Packungsgröße reduziert und der Preis erhöht wurde“, sagte die Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen der „Bild am Sonntag“. „Ob und wie stark sich Lebensmittelkonzerne und Handel an der Krise bereichern, wird sich am Ende an ihren Gewinnen zeigen, ob es auch dort Übergewinne gibt.“

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In den vergangenen Monaten sind die Preise für Lebensmittel wie Nudeln, Zucker oder Mehl stark angestiegen. Weil die Nahrungsmittelbranche mit höheren Kosten für Rohstoffe oder Transport rechnen muss, reicht sie diese teilweise weiter. Allerdings steht dabei immer wieder die Frage im Raum, ob die höheren Preise alleine durch die gestiegenen Kosten zu erklären sind – oder ob Unternehmen im Windschatten der Energiekrise zusätzlich ihre Profite erhöhen wollen.

„Übergewinnsteuer“ für Energieunternehmen als Vorbild?

Bei Energiekonzernen würden krisenbedingte Übergewinne zu Recht zumindest teilweise abgeschöpft und an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurückgegeben, sagte Pop. „Ich halte das für ein gutes Modell, das auch auf andere Wirtschaftsbereiche übertragbar sein könnte“. Gesunde Ernährung dürfe keine Frage des Geldbeutels sein, so die Verbraucherschützerin.

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Zwar redet die Bundesregierung bei der Gewinnabschöpfung im Energiebereich nicht von einer Übergewinnsteuer. Allerdings hat sie mit Blick auf die Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft einen „Solidaritätsbeitrag für fossile Energieunternehmen“ eingeführt. Dabei sollen Gewinne aus den Jahren 2022 und 2023 erfasst werden, die mehr als 20 Prozent über dem Durchschnittsgewinn von 2018 bis 2021 liegen. „Der Beitragssatz entspricht mit 33 Prozent dem Minimalsatz der EU-Verordnung“, heißt es seitens der Regierung.

Handelsverband: „Der Wettbewerb funktioniert“

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht Überlegungen rund um eine Übergewinnsteuer in der Lebensmittelbranche kritisch. „Im Verbraucherinteresse werden harte Verhandlungen zwischen Handel und Lieferanten geführt, insbesondere in Zeiten deutlich steigender Preise“, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Wettbewerb funktioniert, sodass eine Übergewinnsteuer im Lebensmittelhandel völlig fehl am Platz wäre“, meint Genth.

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„Wie sollte man zudem definieren, ab wann es sich um einen Übergewinn handelt? Jedes Unternehmen ist grundsätzlich auf Gewinnerzielung angelegt“, so der HDE-Hauptgeschäftsführer weiter. Das sei Teil des marktwirtschaftlichen Systems und habe sich seit Jahrzehnten als Anreiz für Innovationen und Weiterentwicklungen bewährt. „Davon abgesehen werden ja auf alle Erträge bereits Steuern bezahlt.“

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Wenn Handel und Lebensmittelkonzerne streiten

Genth verweist darauf, dass Händlerinnen und Händler die steigenden Preise meist nicht einfach weitergeben könnten, da das Risiko zu groß sei, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. „Die Handelsunternehmen stehen in einem harten Wettbewerb miteinander“, sagt er. Seiner Ansicht nach verhindere der Lebensmittelhandel sogar, dass es durch „nicht nachvollziehbare Preisforderungen“ der Lieferanten zu Preiserhöhungen komme – insbesondere wenn internationale Markenhersteller versuchen würden, ihre „ohnehin hohe Marge zu Lasten der Verbraucher weiter zu optimieren“, sagt er. „Der Einzelhandel wirkt hier klar preisdämpfend und verhandelt auch im Interesse seiner Kundinnen und Kunden hart mit den oft großen multinationalen Produzenten.“

Die Frischetheke in der veganen Fleischerei Dresden ist gut gefüllt. Wir haben uns durchs Sortiment gekostet.

Der Geschmackstest: zu Besuch in einer veganen Fleischerei

Auch wenn das vegane Produkt Salami heißt, wird es sicher nicht wie eine echte Salami schmecken. Oder doch? Wir machen den Geschmackstest in einer veganen Fleischerei in Dresden.

Das dürfte eine Anspielung auf die jüngsten Machtspiele zwischen Handelsketten wie Rewe und Edeka und Konzernen wie Coca-Cola oder Mars sein. Weil die Handelsunternehmen die Preiserhöhungen nicht akzeptierten, verschwanden viele Artikel aus den Supermarktregalen.

BVE kritisiert Ideen zur Übergewinnsteuer

Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) stellt sich vehement dagegen. „Es ist bedrückend, dass die neue Hauptgeschäftsführerin des überwiegend steuerfinanzierten Verbraucherschutzbundes aus Vorurteilen faktenfrei Unterstellungen zimmert“, sagte Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff.

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Zu dem immer wieder im Raum stehenden Vorwurf, dass Handel oder Konzerne sich im Schatten der allgemeinen Preiserhöhungen bereichern könnten, entgegnet er, dass das „jeder Grundlage“ entbehre. „Die überwiegend klein- und mittelständisch geprägte Branche hat große Mühe, die enormen Preissteigerungen etwa bei Energie und Rohstoffen ausreichend aufzufangen“, so Minhoff. „Der preisbereinigte Absatz ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Lebensmittelhersteller in einem bislang nicht gekannten Maße gefährdet.“

Wegen des hohen Kostendrucks plane ein Großteil der Unternehmen in der Ernährungsindustrie, seine Investitionen zu reduzieren oder zu verschieben. „Eine zusätzliche Steuerbelastung wäre angesichts dieser Situation mehr als schädlich“, so der BVE-Hauptgeschäftsführer. Es müsse vielmehr um Steuerentlastungen gehen, damit Unternehmen Rücklagen bilden könnten, um künftige Investition zu stemmen.

Mit dpa

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