Längere Nutzungsdauer: nicht mehr jedes Jahr ein neues Smartphone
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Acht bis neun von zehn Deutschen geben an, nicht mehr ohne ihr Smartphone leben zu können.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
München. Jedes Jahr analysiert der Digitalverband Bitkom den heimischen Smartphonemarkt. Die augenfälligste Erkenntnis der aktuellen Studie betreffe die Nutzungsdauer, sagt Markus Haas. „Der größte Anstieg liegt in dem Bereich, wo ein Smartphone zwei Jahre oder länger im Gebrauch ist, bevor ein neues gekauft wird“, stellt das Bitkom-Präsidiumsmitglied fest.
Das sei heute bei fast jedem vierten Nutzer der Fall gegenüber 16 Prozent im Jahr 2021 und 8 Prozent 2020. Eine Verdreifachung der Nutzungsdauer binnen drei Jahren bedeute das. „Das wirkt sich positiv auf den ökologischen Fußabdruck aus“, erklärt Haas mit Blick auf den hohen Rohstoff- und Energieverbrauch bei der Herstellung der Geräte.
Bitkom sieht bewusstes ökologisches Nutzungsverhalten
Bitkom sieht das als ökologisch bewusstes Nutzungsverhalten und weniger als Folge von Sparsamkeit. Als wichtigste Kaufkriterien seien bei einer Befragung robustes Bildschirmglas und lange Akkulaufzeit genannt worden – also Faktoren für eine längere Lebensdauer. Auch auf langfristige Versorgung mit Updates würden neun von zehn Käufern und Käuferinnen heute achten. Hersteller wiederum würden Geräte immer öfter reparaturfähig bauen. Mehr als jedes zweite in Deutschland verwendete Smartphone werde mittlerweile mindestens einmal repariert.
Datenaufkommen der Handynetzbetreiber höher als jemals zuvor
In Deutschlands Handynetzen sind deutlich mehr Daten übertragen worden als zuvor. Der Grund dafür ist vor allem mobiles Streaming.
© Quelle: dpa
Auch die Mobilfunkinfrastruktur nimmt Bitkom jedes Jahr unter die Lupe. Dabei tut sich trotz der angekündigten Beschleunigung beim Bau von Mobilfunkmasten in den meisten Bundesländern bislang wenig. „Nur in Hessen gibt es erste konkrete Verbesserungen, in Nordrhein-Westfalen und Bayern sind sie angekündigt“, sagt Haas. Überall sonst sei zu befürchten, dass auch 2023 neue Mobilfunkmasten noch nach altem Baurecht errichtet werden. Auf dem Land dauere das bis zur Inbetriebnahme im Schnitt drei Jahre. „Wir brauchen ein Deutschlandtempo wie beim Bau von Flüssiggasterminals auch im Mobilfunk“, fordert Haas. Mobil übertragene Datenmengen würden exponentiell steigen und jedes Jahr um die Hälfte zunehmen. Zudem gebe es auch immer noch Funklöcher.
Ein Smartphone kostet 2023 im Schnitt 563 Euro
Insgesamt werden in Deutschland mit dem Smartphone 2023 rund 38,6 Milliarden Euro umgesetzt, sagt Bitkom voraus. Das wäre ein Prozent mehr als im Vorjahr, wobei die große Masse auf Daten- und Sprachdienste entfällt. Bei den Endgeräten selbst wachse der Umsatz auf etwa 12 Milliarden Euro, wobei die Stückzahlen leicht auf voraussichtlich 21,4 Millionen neu verkaufte Geräte rückläufig seien. Die Umsätze steigen dennoch, weil der durchschnittliche Verkaufspreis 2023 nach Bitkom-Prognose von 549 auf 563 Euro zulegt. Nutzer spüren das nur bedingt, weil Geräte bei Verträgen mit Netzanbietern immer noch stark subventioniert werden. So geben Verbraucher an, für eine neues Handy dieses Jahr im Schnitt 238 Euro ausgeben zu wollen.
Recycling und Genehmigungen
Während Deutsche ihr Smartphone immer öfter zwei bis drei Jahre lang nutzen, bevor sie ein neues kaufen, ist es um das Recycling der rohstoffintensiven Geräte nicht besonders gut bestellt. Rund 200 Millionen Altgeräte liegen nach Erkenntnis des Digitalverbands Bitkom in Schubladen oder anderswo ungenutzt herum. Im Einsatz sind in Deutschland aktuell rund 70 Millionen Smartphones, sagt Bitkom. Bei beschleunigten und unkomplizierteren Bau von Mobilfunkmasten setzt der Verband auf sogenannte Genehmigungsfiktion. Das bedeutet, dass einem neuen Standort automatisch nach drei Monaten erst einmal eine behördliche Genehmigung erteilt wird. Die könne dann gegebenenfalls widerrufen werden. Zuletzt seien aber über neun von zehn Anträgen genehmigt worden, allerdings erst nach rund 14 Monaten Wartezeit.
Was die Handytechnik angeht, legten Käufer vor allem Wert auf Bildschirm- und Kameraqualität, hat Bitkom ermittelt. „Zwei Drittel wollen gute Selfies machen“, weiß Haas. Allgemein sei ein Leben ohne diese täglichen Begleiter für viele nicht mehr vorstellbar. 86 Prozent aller befragten Verbraucher und Verbraucherinnen sagen das. Allerdings sind auch drei von vier der Meinung, dass Handynutzung dazu führt, dass Menschen immer weniger miteinander reden.
Bei der täglichen Nutzung gibt es eine Altersschwelle. Während 16- bis 64-Jährige eine tägliche Nutzungsdauer von im Schnitt 144 bis 177 Minuten angeben, die in dem Bereich mit dem Alter nicht besonders stark sinkt, sind es bei Senioren über 65 Jahren nur noch 80 Minuten pro Tag. Drei von vier Verbrauchern geben an, mit ihrem Datenvolumen von im Schnitt 5,5 Gigabyte nicht auszukommen. Vor allem Videostreaming und Videotelefonie sind dafür verantwortlich.